Rücksicht auf meine Glückseligkeit, zu ir- ren, erhoben werden: aber bey einer so langen Uebung in der Tugend, muß doch die Gefahr zu fallen sich unendlich vermin- dern und meine moralische Güte zu einer großen Vollkommenheit reifen. Dieses Wachsen im Guten, welches mich der Gottheit immer näher bringen muß, macht es nun auch immer unwahrscheinlicher, dass es mit mir jemals ein Ende nehmen sollte. Ich darf nicht besorgen, dass ich jemals ein Nicht mehr weites meiner Voll- kommenheit antreffen werde. Es ist ge- wiß, dass ich in Ewigkeit fortsteigen kann, ohne die oberste Stufe zu erreichen, und dass der Alleinselige doch immer das unbe- schreibliche Ideal bleibt, von welchem al- le endliche Große zusammengenommen in unendlichen Räumen absteht. Das ist dann Freude, die kein Auge gesehn, kein
Rückſicht auf meine Glückſeligkeit, zu ir- ren, erhoben werden: aber bey einer ſo langen Uebung in der Tugend, muß doch die Gefahr zu fallen ſich unendlich vermin- dern und meine moraliſche Güte zu einer großen Vollkommenheit reifen. Dieſes Wachſen im Guten, welches mich der Gottheit immer näher bringen muß, macht es nun auch immer unwahrſcheinlicher, daſs es mit mir jemals ein Ende nehmen ſollte. Ich darf nicht beſorgen, daſs ich jemals ein Nicht mehr weites meiner Voll- kommenheit antreffen werde. Es iſt ge- wiß, daſs ich in Ewigkeit fortſteigen kann, ohne die oberſte Stufe zu erreichen, und daſs der Alleinſelige doch immer das unbe- ſchreibliche Ideal bleibt, von welchem al- le endliche Große zuſammengenommen in unendlichen Räumen abſteht. Das iſt dann Freude, die kein Auge geſehn, kein
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Rückſicht auf meine Glückſeligkeit, zu ir-
ren, erhoben werden: aber bey einer ſo
langen Uebung in der Tugend, muß doch
die Gefahr zu fallen ſich unendlich vermin-
dern und meine moraliſche Güte zu einer
großen Vollkommenheit reifen. Dieſes
Wachſen im Guten, welches mich der
Gottheit immer näher bringen muß, macht
es nun auch immer unwahrſcheinlicher,
daſs es mit mir jemals ein Ende nehmen
ſollte. Ich darf nicht beſorgen, daſs ich
jemals ein Nicht mehr weites meiner Voll-
kommenheit antreffen werde. Es iſt ge-
wiß, daſs ich in Ewigkeit fortſteigen kann,
ohne die oberſte Stufe zu erreichen, und
daſs der Alleinſelige doch immer das unbe-
ſchreibliche Ideal bleibt, von welchem al-
le endliche Große zuſammengenommen in
unendlichen Räumen abſteht. Das iſt
dann Freude, die kein Auge geſehn, kein
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/146>, abgerufen am 16.02.2025.
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