Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.alle wißet es nicht, wie oft ich ein Raub alle wißet es nicht, wie oft ich ein Raub <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0246" n="240"/> alle wißet es nicht, wie oft ich ein Raub<lb/> meiner unordentlichen Leidenſchaften war.<lb/> Oft wußt’ ich es ſelbſt nicht. Eine bittre<lb/> Empfindung, eine unmittelbare Folge mei-<lb/> nes Vergehens mußte mich bald davon be-<lb/> lehren; eine warnende Krankheit mußte<lb/> bald die Ausſicht in eine ungewiße Zukunft<lb/> eröffnen; bald mußten ſich mir die unglück-<lb/> lichen Opfer ihrer Leidenſchaften in den<lb/> Weg ſtellen und mir ſtillſchweigend ſagen:<lb/> Das ſind wir geworden; das kannſt du auch<lb/> werden! — Bald erfuhr ich die Bosheit<lb/> der Menſchen, bald ſah’ ich ihre Schwäche,<lb/> bald ſah’ ich, wie wenig man bey einer<lb/> blinden Anhänglichkeit an ſie gewinnen,<lb/> wie viel man dagegen verlieren kann. Daß<lb/> ich es kurz ſage. ich rettete mich aus dem<lb/> Ungewitter; die letzte Welle brachte mich<lb/> ins Sichre; ich ward durch Schaden klug.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [240/0246]
alle wißet es nicht, wie oft ich ein Raub
meiner unordentlichen Leidenſchaften war.
Oft wußt’ ich es ſelbſt nicht. Eine bittre
Empfindung, eine unmittelbare Folge mei-
nes Vergehens mußte mich bald davon be-
lehren; eine warnende Krankheit mußte
bald die Ausſicht in eine ungewiße Zukunft
eröffnen; bald mußten ſich mir die unglück-
lichen Opfer ihrer Leidenſchaften in den
Weg ſtellen und mir ſtillſchweigend ſagen:
Das ſind wir geworden; das kannſt du auch
werden! — Bald erfuhr ich die Bosheit
der Menſchen, bald ſah’ ich ihre Schwäche,
bald ſah’ ich, wie wenig man bey einer
blinden Anhänglichkeit an ſie gewinnen,
wie viel man dagegen verlieren kann. Daß
ich es kurz ſage. ich rettete mich aus dem
Ungewitter; die letzte Welle brachte mich
ins Sichre; ich ward durch Schaden klug.
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