daher gewiß, wenn sie gefallen wollte, und sie wollte mehrentheils immer gefallen. Unbillige Richter werden das Eitelkeit, Koketterie und wer weiß was noch mehr? nennen, was sie selbst für ein wesentliches Stück einer feinen Lebensart und für das einzige Mittel ihren Zustand zu verbessern ansah. Ich meinestheils verdenke es kei- nem Mädchen, wenn es sich aller erlaub- ten Mittel zu einem wohlhabenden Manne zu kommen bedient, und am wenigsten einem armen Mädchen, das keine andere Aussichten vor sich sieht, als die immer lästige Abhängigkeit von einem Gönner, dessen veränderliche Gewogenheit tausend Zufällen unterworfen ist, den sein Glück, und wenn nicht sein Glück, den seine wohl- thätige Gesinnung verlaßen, der, wenn alles noch so gut geht, sterben kann. Un- sre Schöne hatte den Iunker von Z*** nicht
daher gewiß, wenn ſie gefallen wollte, und ſie wollte mehrentheils immer gefallen. Unbillige Richter werden das Eitelkeit, Koketterie und wer weiß was noch mehr? nennen, was ſie ſelbſt für ein weſentliches Stück einer feinen Lebensart und für das einzige Mittel ihren Zuſtand zu verbeſſern anſah. Ich meinestheils verdenke es kei- nem Mädchen, wenn es ſich aller erlaub- ten Mittel zu einem wohlhabenden Manne zu kommen bedient, und am wenigſten einem armen Mädchen, das keine andere Ausſichten vor ſich ſieht, als die immer läſtige Abhängigkeit von einem Gönner, deſſen veränderliche Gewogenheit tauſend Zufällen unterworfen iſt, den ſein Glück, und wenn nicht ſein Glück, den ſeine wohl- thätige Geſinnung verlaßen, der, wenn alles noch ſo gut geht, ſterben kann. Un- ſre Schöne hatte den Iunker von Z*** nicht
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daher gewiß, wenn ſie gefallen wollte, und
ſie wollte mehrentheils immer gefallen.
Unbillige Richter werden das Eitelkeit,
Koketterie und wer weiß was noch mehr?
nennen, was ſie ſelbſt für ein weſentliches
Stück einer feinen Lebensart und für das
einzige Mittel ihren Zuſtand zu verbeſſern
anſah. Ich meinestheils verdenke es kei-
nem Mädchen, wenn es ſich aller erlaub-
ten Mittel zu einem wohlhabenden Manne
zu kommen bedient, und am wenigſten
einem armen Mädchen, das keine andere
Ausſichten vor ſich ſieht, als die immer
läſtige Abhängigkeit von einem Gönner,
deſſen veränderliche Gewogenheit tauſend
Zufällen unterworfen iſt, den ſein Glück,
und wenn nicht ſein Glück, den ſeine wohl-
thätige Geſinnung verlaßen, der, wenn
alles noch ſo gut geht, ſterben kann. Un-
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/28>, abgerufen am 21.11.2024.
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