Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über den Bildungstrieb. Göttingen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Nur gleich wenige Beyspiele der
Art statt vieler.

Eine Frau wird guter Hoffnung,
aber ihr Kind ist nicht in dem ei-
gentlichen Ort seiner Bestimmung,
sondern darneben in einer der bei-
den Fallopischen Röhren empfangen
worden: die berstet endlich bey zu-
nehmendem Wachsthum des armen
verirrten Geschöpfes, und dieses
fällt nun in die Bauchhöhle der
Mutter. Was thut die Natur? Sie
ergiesst eine Menge plastischer Lym-
phe, die sich zu deutlich organisir-
ten Häuten bildet, und den Fötus
incrustirt, ihn wie eine Mumie einwi-
ckelt und dadurch die der Mutter
sonst tödtliche Fäulung desselben
verhütet; so dass sie nun noch lan-
ge Jahre mit dieser zwar lästigen,
aber doch nicht gefährlichen Bürde
herumgehen kan. Die nachherigen
Leichenöffnungen aber zeigen of-
fenbar, dass diese durch einen Zu-
fall veranlassten neuerzeugten Mem-

Nur gleich wenige Beyspiele der
Art statt vieler.

Eine Frau wird guter Hoffnung,
aber ihr Kind ist nicht in dem ei-
gentlichen Ort seiner Bestimmung,
sondern darneben in einer der bei-
den Fallopischen Röhren empfangen
worden: die berstet endlich bey zu-
nehmendem Wachsthum des armen
verirrten Geschöpfes, und dieses
fällt nun in die Bauchhöhle der
Mutter. Was thut die Natur? Sie
ergiesst eine Menge plastischer Lym-
phe, die sich zu deutlich organisir-
ten Häuten bildet, und den Fötus
incrustirt, ihn wie eine Mumie einwi-
ckelt und dadurch die der Mutter
sonst tödtliche Fäulung desselben
verhütet; so dass sie nun noch lan-
ge Jahre mit dieser zwar lästigen,
aber doch nicht gefährlichen Bürde
herumgehen kan. Die nachherigen
Leichenöffnungen aber zeigen of-
fenbar, dass diese durch einen Zu-
fall veranlassten neuerzeugten Mem-

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000056">
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0074" xml:id="pb070_0001" n="70"/>
Nur gleich wenige  Beyspiele der<lb/>
Art statt vieler.</p>
        <p>Eine Frau wird guter Hoffnung,<lb/>
aber ihr Kind ist nicht in dem ei-<lb type="inWord"/>
gentlichen Ort seiner Bestimmung,<lb/>
sondern darneben in einer  der bei-<lb/>
den Fallopischen Röhren empfangen<lb/>
worden: die  berstet endlich bey zu-<lb/>
nehmendem Wachsthum des  armen<lb/>
verirrten Geschöpfes, und dieses<lb/>
fällt nun in die Bauchhöhle  der<lb/>
Mutter. Was thut die Natur? Sie<lb/>
ergiesst eine Menge plastischer  Lym-<lb/>
phe, die sich zu deutlich organisir-<lb/>
ten Häuten bildet, und den Fötus<lb/>
incrustirt, ihn wie eine Mumie einwi-<lb type="inWord"/>
ckelt und dadurch die der Mutter<lb/>
sonst tödtliche Fäulung  desselben<lb/>
verhütet; so dass sie nun noch lan-<lb/>
ge Jahre mit  dieser zwar lästigen,<lb/>
aber doch nicht gefährlichen Bürde<lb/>
herumgehen kan.  Die nachherigen<lb/>
Leichenöffnungen aber zeigen of-<lb/>
fenbar,  dass diese durch einen Zu-<lb/>
fall veranlassten neuerzeugten  Mem-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0074] Nur gleich wenige Beyspiele der Art statt vieler. Eine Frau wird guter Hoffnung, aber ihr Kind ist nicht in dem ei- gentlichen Ort seiner Bestimmung, sondern darneben in einer der bei- den Fallopischen Röhren empfangen worden: die berstet endlich bey zu- nehmendem Wachsthum des armen verirrten Geschöpfes, und dieses fällt nun in die Bauchhöhle der Mutter. Was thut die Natur? Sie ergiesst eine Menge plastischer Lym- phe, die sich zu deutlich organisir- ten Häuten bildet, und den Fötus incrustirt, ihn wie eine Mumie einwi- ckelt und dadurch die der Mutter sonst tödtliche Fäulung desselben verhütet; so dass sie nun noch lan- ge Jahre mit dieser zwar lästigen, aber doch nicht gefährlichen Bürde herumgehen kan. Die nachherigen Leichenöffnungen aber zeigen of- fenbar, dass diese durch einen Zu- fall veranlassten neuerzeugten Mem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_bildungstrieb_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_bildungstrieb_1791/74
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über den Bildungstrieb. Göttingen, 1791, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_bildungstrieb_1791/74>, abgerufen am 24.11.2024.