Zweyter Abschnitt. Von der ersten Entstehung und Aus- bildung der Knochen.
§. 7.
Die menschliche Leibesfrucht, deren Bil- dung überhaupt wohl erst in der dritten Woche nach der Empfängnis beginnta), besteht an- fangs fast so ganz aus einer blossen leimichten Gallerte, daß sie über Kohlfeuer gehalten, beynah völlig verdunstet. Sie erhält aber schon in den nächstfolgenden Wochen, so wie sie immer mehr und mehr ausgebildet wird, auch eine grössere Festigkeit, so daß man schon bey wohlerhaltnen Embryonen aus der ersten Hälfte des zweyten Monats der Schwan- gerschaft nicht nur den Geschlechtsunterschied, sondern auch jede Fingerspitze und Fußzehe so wie auch die gröbern Gesichtszüge unterschei- den, und die festere Grundlage der künftigen Knochen, zumahl an der Brust und am Rück- grate ganz deutlich erkennen kannb)
a) Meine Gründe für diesen Terminus a quo der Bildung des menschlichen Embryo nach der Em- pfängniß, habe ich in der medicinischen Bibl. angegeben, im II. B. S. 673. und im III. S. 726.
b) An einem solchen zarten Embryo in meiner Samm- lung, der nicht viel größer als eine Roßameise ist,
Zweyter Abschnitt. Von der ersten Entstehung und Aus- bildung der Knochen.
§. 7.
Die menschliche Leibesfrucht, deren Bil- dung überhaupt wohl erst in der dritten Woche nach der Empfängnis beginnta), besteht an- fangs fast so ganz aus einer blossen leimichten Gallerte, daß sie über Kohlfeuer gehalten, beynah völlig verdunstet. Sie erhält aber schon in den nächstfolgenden Wochen, so wie sie immer mehr und mehr ausgebildet wird, auch eine grössere Festigkeit, so daß man schon bey wohlerhaltnen Embryonen aus der ersten Hälfte des zweyten Monats der Schwan- gerschaft nicht nur den Geschlechtsunterschied, sondern auch jede Fingerspitze und Fußzehe so wie auch die gröbern Gesichtszüge unterschei- den, und die festere Grundlage der künftigen Knochen, zumahl an der Brust und am Rück- grate ganz deutlich erkennen kannb)
a) Meine Gründe für diesen Terminus a quo der Bildung des menschlichen Embryo nach der Em- pfängniß, habe ich in der medicinischen Bibl. angegeben, im II. B. S. 673. und im III. S. 726.
b) An einem solchen zarten Embryo in meiner Samm- lung, der nicht viel größer als eine Roßameise ist,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0032"xml:id="pb006_0001"n="6"/><headrendition="#c"><hirendition="#g">Zweyter Abschnitt</hi>.<lb/>
Von der ersten Entstehung und Aus-<lb/>
bildung der Knochen.</head><lb/><divn="3"><headrendition="#c">§. 7.</head><lb/><p>Die menschliche Leibesfrucht, deren Bil-<lb/>
dung überhaupt wohl erst in der dritten Woche<lb/>
nach der Empfängnis beginnt<noteanchored="true"place="foot"n="a)"><p>Meine Gründe für diesen <hirendition="#aq">Terminus a quo</hi> der<lb/>
Bildung des menschlichen Embryo nach der Em-<lb/>
pfängniß, habe ich in der medicinischen Bibl.<lb/>
angegeben, im II. B. S. 673. und im III. S. 726.</p></note>, besteht an-<lb/>
fangs fast so ganz aus einer blossen leimichten<lb/>
Gallerte, daß sie über Kohlfeuer gehalten,<lb/>
beynah völlig verdunstet. Sie erhält aber<lb/>
schon in den nächstfolgenden Wochen, so wie<lb/>
sie immer mehr und mehr ausgebildet wird,<lb/>
auch eine grössere Festigkeit, so daß man schon<lb/>
bey wohlerhaltnen Embryonen aus der ersten<lb/>
Hälfte des zweyten Monats der Schwan-<lb/>
gerschaft nicht nur den Geschlechtsunterschied,<lb/>
sondern auch jede Fingerspitze und Fußzehe so<lb/>
wie auch die gröbern Gesichtszüge unterschei-<lb/>
den, und die festere Grundlage der künftigen<lb/>
Knochen, zumahl an der Brust und am Rück-<lb/>
grate ganz deutlich erkennen kann<noteanchored="true"place="foot"n="b)"><p>An einem solchen zarten Embryo in meiner Samm-<lb/>
lung, der nicht viel größer als eine Roßameise ist,
</p></note></p></div></div></div></body></text></TEI>
[6/0032]
Zweyter Abschnitt.
Von der ersten Entstehung und Aus-
bildung der Knochen.
§. 7.
Die menschliche Leibesfrucht, deren Bil-
dung überhaupt wohl erst in der dritten Woche
nach der Empfängnis beginnt a), besteht an-
fangs fast so ganz aus einer blossen leimichten
Gallerte, daß sie über Kohlfeuer gehalten,
beynah völlig verdunstet. Sie erhält aber
schon in den nächstfolgenden Wochen, so wie
sie immer mehr und mehr ausgebildet wird,
auch eine grössere Festigkeit, so daß man schon
bey wohlerhaltnen Embryonen aus der ersten
Hälfte des zweyten Monats der Schwan-
gerschaft nicht nur den Geschlechtsunterschied,
sondern auch jede Fingerspitze und Fußzehe so
wie auch die gröbern Gesichtszüge unterschei-
den, und die festere Grundlage der künftigen
Knochen, zumahl an der Brust und am Rück-
grate ganz deutlich erkennen kann b)
a) Meine Gründe für diesen Terminus a quo der
Bildung des menschlichen Embryo nach der Em-
pfängniß, habe ich in der medicinischen Bibl.
angegeben, im II. B. S. 673. und im III. S. 726.
b) An einem solchen zarten Embryo in meiner Samm-
lung, der nicht viel größer als eine Roßameise ist,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. 2. Aufl. Göttingen, 1807, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1807/32>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.