Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

z. B. sondern weniger Fett ab, zeichnen sich aber
durch stärkere und fleischigte Schenkel aus; um vie-
lerley ebenfalls von veränderter Nahrung abhängige
Verschiedenheiten des Fleischgeschmacks, oder Ge-
wichts, u. s. w. ganz zu übergehen.

§. 36.
Lebensart.

Wenn ich von der Lebensart als einer Ursache
des Ausartens rede, so ziehe ich hier alle jene Stücke
her, welche außer dem Klima und der Nahrung in
einem solchen Verhältnisse mit der natürlichen Oeko-
nomie der Thiere stehen, daß sie nach einem langen
und unausgesetzten Wirken auf dieselbe, den Habi-
tus des Körpers endlich auf einige Art umzuändern
im Stande sind; wozu denn verfeinernde Ausbil-
dung (cultura) und Macht der Gewohnheit am
meisten beytragen, deren kräftige Wirksamkeit am
allersichtbarsten an unsern Hausthieren wird.

Bedenken wir z. B. den gewaltigen Unterschied
zwischen der Bildung und Proportion eines ädeln
schulgelernten, und eines wild im Walde herum-
schweifenden Pferdes. Wenn dieses mit andern
streitet, beißt es mehr, als daß es ausschlägt; jenes
hingegen, aufgezäumt und mit eisernen Hufen be-
wafnet, fordert den Feind mehr mit diesen heraus,
und hat das Beissen fast verlernt. Mehrere von den
Menschen unterjochte Säugthierarten mit hängendem
Schwanze und schlappen Ohren, zeigen ein sanftes,
und durch Sklaverey verdorbenes Gemüth. Bey
vielen ändern sich die eigensten körperlichen Verrich-

z. B. sondern weniger Fett ab, zeichnen sich aber
durch stärkere und fleischigte Schenkel aus; um vie-
lerley ebenfalls von veränderter Nahrung abhängige
Verschiedenheiten des Fleischgeschmacks, oder Ge-
wichts, u. s. w. ganz zu übergehen.

§. 36.
Lebensart.

Wenn ich von der Lebensart als einer Ursache
des Ausartens rede, so ziehe ich hier alle jene Stücke
her, welche außer dem Klima und der Nahrung in
einem solchen Verhältnisse mit der natürlichen Oeko-
nomie der Thiere stehen, daß sie nach einem langen
und unausgesetzten Wirken auf dieselbe, den Habi-
tus des Körpers endlich auf einige Art umzuändern
im Stande sind; wozu denn verfeinernde Ausbil-
dung (cultura) und Macht der Gewohnheit am
meisten beytragen, deren kräftige Wirksamkeit am
allersichtbarsten an unsern Hausthieren wird.

Bedenken wir z. B. den gewaltigen Unterschied
zwischen der Bildung und Proportion eines ädeln
schulgelernten, und eines wild im Walde herum-
schweifenden Pferdes. Wenn dieses mit andern
streitet, beißt es mehr, als daß es ausschlägt; jenes
hingegen, aufgezäumt und mit eisernen Hufen be-
wafnet, fordert den Feind mehr mit diesen heraus,
und hat das Beissen fast verlernt. Mehrere von den
Menschen unterjochte Säugthierarten mit hängendem
Schwanze und schlappen Ohren, zeigen ein sanftes,
und durch Sklaverey verdorbenes Gemüth. Bey
vielen ändern sich die eigensten körperlichen Verrich-

<TEI>
  <text xml:id="blume000008">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0113" xml:id="pb079_0001" n="79"/>
z. B. sondern weniger Fett ab, zeichnen sich aber<lb/>
durch stärkere und fleischigte Schenkel aus; um vie-<lb/>
lerley ebenfalls von veränderter Nahrung abhängige<lb/>
Verschiedenheiten des Fleischgeschmacks, oder Ge-<lb/>
wichts, u. s. w. ganz zu übergehen.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 36.<lb/><hi rendition="#g">Lebensart</hi>.</head><lb/>
          <p>Wenn ich von der Lebensart als einer Ursache<lb/>
des Ausartens rede, so ziehe ich hier alle jene Stücke<lb/>
her, welche außer dem Klima und der Nahrung in<lb/>
einem solchen Verhältnisse mit der natürlichen Oeko-<lb/>
nomie der Thiere stehen, daß sie nach einem langen<lb/>
und unausgesetzten Wirken auf dieselbe, den Habi-<lb/>
tus des Körpers endlich auf einige Art umzuändern<lb/>
im Stande sind; wozu denn verfeinernde Ausbil-<lb/>
dung (<hi rendition="#aq">cultura</hi>) und Macht der Gewohnheit am<lb/>
meisten beytragen, deren kräftige Wirksamkeit am<lb/>
allersichtbarsten an unsern Hausthieren wird.</p>
          <p>Bedenken wir z. B. den gewaltigen Unterschied<lb/>
zwischen der Bildung und Proportion eines ädeln<lb/>
schulgelernten, und eines wild im Walde herum-<lb/>
schweifenden Pferdes. Wenn dieses mit andern<lb/>
streitet, beißt es mehr, als daß es ausschlägt; jenes<lb/>
hingegen, aufgezäumt und mit eisernen Hufen be-<lb/>
wafnet, fordert den Feind mehr mit diesen heraus,<lb/>
und hat das Beissen fast verlernt. Mehrere von den<lb/>
Menschen unterjochte Säugthierarten mit hängendem<lb/>
Schwanze und schlappen Ohren, zeigen ein sanftes,<lb/>
und durch Sklaverey verdorbenes Gemüth. Bey<lb/>
vielen ändern sich die eigensten körperlichen Verrich-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0113] z. B. sondern weniger Fett ab, zeichnen sich aber durch stärkere und fleischigte Schenkel aus; um vie- lerley ebenfalls von veränderter Nahrung abhängige Verschiedenheiten des Fleischgeschmacks, oder Ge- wichts, u. s. w. ganz zu übergehen. §. 36. Lebensart. Wenn ich von der Lebensart als einer Ursache des Ausartens rede, so ziehe ich hier alle jene Stücke her, welche außer dem Klima und der Nahrung in einem solchen Verhältnisse mit der natürlichen Oeko- nomie der Thiere stehen, daß sie nach einem langen und unausgesetzten Wirken auf dieselbe, den Habi- tus des Körpers endlich auf einige Art umzuändern im Stande sind; wozu denn verfeinernde Ausbil- dung (cultura) und Macht der Gewohnheit am meisten beytragen, deren kräftige Wirksamkeit am allersichtbarsten an unsern Hausthieren wird. Bedenken wir z. B. den gewaltigen Unterschied zwischen der Bildung und Proportion eines ädeln schulgelernten, und eines wild im Walde herum- schweifenden Pferdes. Wenn dieses mit andern streitet, beißt es mehr, als daß es ausschlägt; jenes hingegen, aufgezäumt und mit eisernen Hufen be- wafnet, fordert den Feind mehr mit diesen heraus, und hat das Beissen fast verlernt. Mehrere von den Menschen unterjochte Säugthierarten mit hängendem Schwanze und schlappen Ohren, zeigen ein sanftes, und durch Sklaverey verdorbenes Gemüth. Bey vielen ändern sich die eigensten körperlichen Verrich-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/113
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/113>, abgerufen am 23.11.2024.