Ganz anders verhält sich dies, und schon die nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter, wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden, woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding zwischen beyden ausmachen.
Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba- starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat- tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug- ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen Vö- gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in- dem sie unter den Veraltungen des Menschenge- schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men- schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier- weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter Geilheit14), oder aus einer wahnwitzigen Meinung von Enthaltsamkeit geschehen15)
14) Vergl. z. B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88. S. 19. "Von einem gewissen gelehrten Freunde, welcher auf einer Reise durch Sizilien die alten Denkmäler und die Volkssitten daselbst genauer untersucht hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf den Bergen lebenden sizilischen Ziegen- hirten, unter den Bekenntnißpunkten von eigenen Priestern auch gewöhnlich nach dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih- ren Ziegen zu thun gehabt."
15) S. Ritters Mart. v. Baumsarten peregrinatio in Aegyptum, Arabiam etc. S. 73. "Beym Ausgang aus Alchanic in Aegypten kamen wir an
Ganz anders verhält sich dies, und schon die nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter, wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden, woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding zwischen beyden ausmachen.
Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba- starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat- tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug- ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen Vö- gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in- dem sie unter den Veraltungen des Menschenge- schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men- schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier- weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter Geilheit14), oder aus einer wahnwitzigen Meinung von Enthaltsamkeit geschehen15)
14) Vergl. z. B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88. S. 19. „Von einem gewissen gelehrten Freunde, welcher auf einer Reise durch Sizilien die alten Denkmäler und die Volkssitten daselbst genauer untersucht hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf den Bergen lebenden sizilischen Ziegen- hirten, unter den Bekenntnißpunkten von eigenen Priestern auch gewöhnlich nach dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih- ren Ziegen zu thun gehabt.“
15) S. Ritters Mart. v. Baumsarten peregrinatio in Aegyptum, Arabiam ꝛc. S. 73. „Beym Ausgang aus Alchanic in Aegypten kamen wir an
<TEI><textxml:id="blume000008"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0115"xml:id="pb081_0001"n="81"/><p>Ganz anders verhält sich dies, und schon die<lb/>
nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter,<lb/>
wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich<lb/>
entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden,<lb/>
woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von<lb/>
den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder<lb/>
Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding<lb/>
zwischen beyden ausmachen.</p><p>Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba-<lb/>
starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat-<lb/>
tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug-<lb/>
ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des<lb/>
Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen Vö-<lb/>
gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in-<lb/>
dem sie unter den Veraltungen des Menschenge-<lb/>
schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an<lb/>
scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men-<lb/>
schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier-<lb/>
weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter<lb/>
Geilheit<noteanchored="true"place="foot"n="14)"><p>Vergl. z. B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88.<lb/>
S. 19. <q>„<hirendition="#g">Von einem gewissen gelehrten<lb/>
Freunde, welcher auf einer Reise durch<lb/>
Sizilien die alten Denkmäler und die<lb/>
Volkssitten daselbst genauer untersucht<lb/>
hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf<lb/>
den Bergen lebenden sizilischen Ziegen-<lb/>
hirten, unter den Bekenntnißpunkten von<lb/>
eigenen Priestern auch gewöhnlich nach<lb/>
dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih-<lb/>
ren Ziegen zu thun gehabt</hi>.“</q></p></note>, oder aus einer wahnwitzigen Meinung<lb/>
von Enthaltsamkeit geschehen<noteanchored="true"place="foot"n="15)"><p>S. Ritters Mart. v. Baumsarten <hirendition="#i"><hirendition="#aq">peregrinatio in<lb/>
Aegyptum, Arabiam</hi></hi>ꝛc. S. 73. <q>„<hirendition="#g">Beym Ausgang<lb/>
aus Alchanic in Aegypten kamen wir an<lb/></hi></q></p></note></p></div></div></body></text></TEI>
[81/0115]
Ganz anders verhält sich dies, und schon die
nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter,
wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich
entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden,
woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von
den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder
Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding
zwischen beyden ausmachen.
Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba-
starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat-
tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug-
ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des
Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen Vö-
gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in-
dem sie unter den Veraltungen des Menschenge-
schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an
scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men-
schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier-
weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter
Geilheit 14), oder aus einer wahnwitzigen Meinung
von Enthaltsamkeit geschehen 15)
14) Vergl. z. B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88.
S. 19. „Von einem gewissen gelehrten
Freunde, welcher auf einer Reise durch
Sizilien die alten Denkmäler und die
Volkssitten daselbst genauer untersucht
hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf
den Bergen lebenden sizilischen Ziegen-
hirten, unter den Bekenntnißpunkten von
eigenen Priestern auch gewöhnlich nach
dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih-
ren Ziegen zu thun gehabt.“
15) S. Ritters Mart. v. Baumsarten peregrinatio in
Aegyptum, Arabiam ꝛc. S. 73. „Beym Ausgang
aus Alchanic in Aegypten kamen wir an
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/115>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.