nannten Hirnschädel-Sammlung zusammen hält, zu den ersten vorzüglichen und untrügbaren Quellen des Studiums der Anthropologie gehöre; und deshalb ha- be ich seit zwanzig Jahren mir alle Mühe gegeben, solcher noch der Natur selbst, und was ein Haupt- umstand ist, von geschickten Künstlern verfertigten Abbildungen viele mir zu verschaffen. Zwar findet man in Reisenbeschreibungen eine Menge ähnlicher Abbil- dungen; allein sobald man sie unter das Messer der Kritik bringt, so findet man in der That sehr wenige, denen man trauen könnte. Denn rechnet man eini- ge, z. B. die aus Korn. de Brün persischer und indi- scher Reise, und aus der Erdumsegelung des unsterb- lichen Kook von ihm selbst beschrieben, und mit den schönen, von dem berühmten Hodges gezeichneten Kupfern versehen, hinweg; so wird man leicht fin- den, daß die übrigen, nur nicht alle, bisweilen zwar wohl mit sehr glänzenden Kupfertafeln prangen, welche bey genauerer Besichtigung aber, und einer Vergleichung mit richtigen Abbildungen, oder der Natur selbst, kaum irgend einen Nutzen für die Na- turgeschichte des Menschengeschlechts haben. Man muß also zu diesem Behuf vielmehr andere hie und da befindliche Abbildungen fremder Völker verglei- chen, welche man theils in Kupfer gestochen einzeln herausgegeben, oder zerstreut in Büchern eingeschal- tet, theils als eigne Handzeichnungen von der ge- schickten Hand eines Künstlers antrift. Von jenen habe ich mir eine nicht gemeine Menge angeschaft, worunter sich hauptsächlich des in dieser Art großen Künstlers Wem. Hollar geätzte Figuren, und die nicht gemeinen Blätter der neueren englischen Ku-
nannten Hirnschädel-Sammlung zusammen hält, zu den ersten vorzüglichen und untrügbaren Quellen des Studiums der Anthropologie gehöre; und deshalb ha- be ich seit zwanzig Jahren mir alle Mühe gegeben, solcher noch der Natur selbst, und was ein Haupt- umstand ist, von geschickten Künstlern verfertigten Abbildungen viele mir zu verschaffen. Zwar findet man in Reisenbeschreibungen eine Menge ähnlicher Abbil- dungen; allein sobald man sie unter das Messer der Kritik bringt, so findet man in der That sehr wenige, denen man trauen könnte. Denn rechnet man eini- ge, z. B. die aus Korn. de Brün persischer und indi- scher Reise, und aus der Erdumsegelung des unsterb- lichen Kook von ihm selbst beschrieben, und mit den schönen, von dem berühmten Hodges gezeichneten Kupfern versehen, hinweg; so wird man leicht fin- den, daß die übrigen, nur nicht alle, bisweilen zwar wohl mit sehr glänzenden Kupfertafeln prangen, welche bey genauerer Besichtigung aber, und einer Vergleichung mit richtigen Abbildungen, oder der Natur selbst, kaum irgend einen Nutzen für die Na- turgeschichte des Menschengeschlechts haben. Man muß also zu diesem Behuf vielmehr andere hie und da befindliche Abbildungen fremder Völker verglei- chen, welche man theils in Kupfer gestochen einzeln herausgegeben, oder zerstreut in Büchern eingeschal- tet, theils als eigne Handzeichnungen von der ge- schickten Hand eines Künstlers antrift. Von jenen habe ich mir eine nicht gemeine Menge angeschaft, worunter sich hauptsächlich des in dieser Art großen Künstlers Wem. Hollar geätzte Figuren, und die nicht gemeinen Blätter der neueren englischen Ku-
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[12/0046]
nannten Hirnschädel-Sammlung zusammen hält, zu
den ersten vorzüglichen und untrügbaren Quellen des
Studiums der Anthropologie gehöre; und deshalb ha-
be ich seit zwanzig Jahren mir alle Mühe gegeben,
solcher noch der Natur selbst, und was ein Haupt-
umstand ist, von geschickten Künstlern verfertigten
Abbildungen viele mir zu verschaffen. Zwar findet man
in Reisenbeschreibungen eine Menge ähnlicher Abbil-
dungen; allein sobald man sie unter das Messer der
Kritik bringt, so findet man in der That sehr wenige,
denen man trauen könnte. Denn rechnet man eini-
ge, z. B. die aus Korn. de Brün persischer und indi-
scher Reise, und aus der Erdumsegelung des unsterb-
lichen Kook von ihm selbst beschrieben, und mit den
schönen, von dem berühmten Hodges gezeichneten
Kupfern versehen, hinweg; so wird man leicht fin-
den, daß die übrigen, nur nicht alle, bisweilen
zwar wohl mit sehr glänzenden Kupfertafeln prangen,
welche bey genauerer Besichtigung aber, und einer
Vergleichung mit richtigen Abbildungen, oder der
Natur selbst, kaum irgend einen Nutzen für die Na-
turgeschichte des Menschengeschlechts haben. Man
muß also zu diesem Behuf vielmehr andere hie und
da befindliche Abbildungen fremder Völker verglei-
chen, welche man theils in Kupfer gestochen einzeln
herausgegeben, oder zerstreut in Büchern eingeschal-
tet, theils als eigne Handzeichnungen von der ge-
schickten Hand eines Künstlers antrift. Von jenen
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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/46>, abgerufen am 28.01.2025.
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