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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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über die Varietäten der Nationalgesichtsbildung ge-
sagten (§. 56.) von selbst erhellt, diese ganze Ge-
sichtslinie höchstens nur auf diejenigen Varietäten
des Menschengeschlechts anwendbar, welche in der
Richtung der Kinnladen von einander abweichen,
keineswegs aber auf jene, welche auf ganz entge-
gengesetzte Weise sich vielmehr durch ein in die Breite
gezogenes Gesicht auszeichnen.

2) Trift es sehr oft, daß an Hirnschädeln sehr
verschiedner Völker, welche, man möchte sagen, wie
Tag und Nacht, von einander unterschieden sind,
doch die Richtung der Gesichtslinie die nämliche;
und umgekehrt, an mehrern Schädeln eines und
desselben Volks, welche im Ganzen mit einander
übereinstimmen, einerley Habitus haben, die Ge-
sichtslinie sehr verschieden ist. Denn aus dem bloßen
Umrisse des Gesichts im Profil kann man wenig
schließen, wenn man nicht zugleich auf seine Breite
Rücksicht nimmt. So habe ich z. B. indem ich
dieses schreibe, zwey Schädel vor mir, den eines
Negers aus Congo 133) und eines Litthauers 134);
an beyden ist die Gesichtslinie fast eine und die-
selbe; und der Habitus doch äußerst verschieden,
wenn man den engen und fast schiffförmigen Kopf
des Negers mit dem viereckigtern des Litthauers
vergleicht. Dagegen aber habe ich zwey andere
Schädel von Negern bey der Hand, die im Profil

erstaun-
133) Zweytes Zehnd der Schädelsammlung.
Taf. 18.
134) Drittes Zehnd. Taf. 22.

uͤber die Varietaͤten der Nationalgeſichtsbildung ge-
ſagten (§. 56.) von ſelbſt erhellt, dieſe ganze Ge-
ſichtslinie hoͤchſtens nur auf diejenigen Varietaͤten
des Menſchengeſchlechts anwendbar, welche in der
Richtung der Kinnladen von einander abweichen,
keineswegs aber auf jene, welche auf ganz entge-
gengeſetzte Weiſe ſich vielmehr durch ein in die Breite
gezogenes Geſicht auszeichnen.

2) Trift es ſehr oft, daß an Hirnſchaͤdeln ſehr
verſchiedner Voͤlker, welche, man moͤchte ſagen, wie
Tag und Nacht, von einander unterſchieden ſind,
doch die Richtung der Geſichtslinie die naͤmliche;
und umgekehrt, an mehrern Schaͤdeln eines und
deſſelben Volks, welche im Ganzen mit einander
uͤbereinſtimmen, einerley Habitus haben, die Ge-
ſichtslinie ſehr verſchieden iſt. Denn aus dem bloßen
Umriſſe des Geſichts im Profil kann man wenig
ſchließen, wenn man nicht zugleich auf ſeine Breite
Ruͤckſicht nimmt. So habe ich z. B. indem ich
dieſes ſchreibe, zwey Schaͤdel vor mir, den eines
Negers aus Congo 133) und eines Litthauers 134);
an beyden iſt die Geſichtslinie faſt eine und die-
ſelbe; und der Habitus doch aͤußerſt verſchieden,
wenn man den engen und faſt ſchifffoͤrmigen Kopf
des Negers mit dem viereckigtern des Litthauers
vergleicht. Dagegen aber habe ich zwey andere
Schaͤdel von Negern bey der Hand, die im Profil

erſtaun-
133) Zweytes Zehnd der Schaͤdelſammlung.
Taf. 18.
134) Drittes Zehnd. Taf. 22.
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[146/0180] uͤber die Varietaͤten der Nationalgeſichtsbildung ge- ſagten (§. 56.) von ſelbſt erhellt, dieſe ganze Ge- ſichtslinie hoͤchſtens nur auf diejenigen Varietaͤten des Menſchengeſchlechts anwendbar, welche in der Richtung der Kinnladen von einander abweichen, keineswegs aber auf jene, welche auf ganz entge- gengeſetzte Weiſe ſich vielmehr durch ein in die Breite gezogenes Geſicht auszeichnen. 2) Trift es ſehr oft, daß an Hirnſchaͤdeln ſehr verſchiedner Voͤlker, welche, man moͤchte ſagen, wie Tag und Nacht, von einander unterſchieden ſind, doch die Richtung der Geſichtslinie die naͤmliche; und umgekehrt, an mehrern Schaͤdeln eines und deſſelben Volks, welche im Ganzen mit einander uͤbereinſtimmen, einerley Habitus haben, die Ge- ſichtslinie ſehr verſchieden iſt. Denn aus dem bloßen Umriſſe des Geſichts im Profil kann man wenig ſchließen, wenn man nicht zugleich auf ſeine Breite Ruͤckſicht nimmt. So habe ich z. B. indem ich dieſes ſchreibe, zwey Schaͤdel vor mir, den eines Negers aus Congo 133) und eines Litthauers 134); an beyden iſt die Geſichtslinie faſt eine und die- ſelbe; und der Habitus doch aͤußerſt verſchieden, wenn man den engen und faſt ſchifffoͤrmigen Kopf des Negers mit dem viereckigtern des Litthauers vergleicht. Dagegen aber habe ich zwey andere Schaͤdel von Negern bey der Hand, die im Profil erſtaun- 133) Zweytes Zehnd der Schaͤdelſammlung. Taf. 18. 134) Drittes Zehnd. Taf. 22.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/180>, abgerufen am 21.11.2024.