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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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tel und mit dem ganzen Körpergewicht unbeweglich
auf einem mit Sand gefülltem Sacke liegen 139).

Mehrere dergleichen Gebräuche, die Köpfe neu-
geborner Kinder durch Drücken der Hände, durch
Binden und andre Mittel in eine gewisse nationale
Form zu bringen, sind bey den ältesten, wie bey
den neuern Völkern, und unter uns sowohl, als
unter den entferntesten Nationen herrschend gewe-
sen 140).

Wir wissen aus mehreren Zeugnissen, daß solche
Gebräuche entweder sonst üblich gewesen, und es
zum Theil in manchen teutschen Provinzen 141) noch

sind;
139) S. Adair's History of the North-American In-
dians
,
S. 9. "Sie legen ihre zarten Kin-
der in eine Art von Wiege, wo ihre Füße
eingewickelt sind, etwa einen Fuß höher
als in horizontaler Lage; -- ihre Köpfe
hängen hinterwärts in ein Loch, welches
zu diesem Behufe gemacht ist, wo der
größte Theil ihrer Schwere auf dem
Scheitel liegt, und da liegen sie auf ei-
nem Säckchen mit Sand, ohne sich im ge-
ringsten bewegen zu können; durch diese
Pressung und Zusammendrückung ihrer
Scheitel, werden natürlich ihre Köpfe
dick, und ihre Gesichter breit
." X x)
140) "Von dem Urheber unsers Wesens wür-
den unsere Köpfe übel gestaltet seyn: da
müssen von außen die Kinderweiber und
innen die Philosophen sie erst formen. --
Die Karaiben sind zur Hälfte glücklicher
als wir
." J. J. Rousseau Emil, Theil 1. Seite
19. Y y)
141) Von den jetzigen Vogtländern s. J. Chr. Gottl.
Ackermann in Baldingers neuen Magazin für
die Aerzte
. Th. 2. S. 506.
Von

tel und mit dem ganzen Koͤrpergewicht unbeweglich
auf einem mit Sand gefuͤlltem Sacke liegen 139).

Mehrere dergleichen Gebraͤuche, die Koͤpfe neu-
geborner Kinder durch Druͤcken der Haͤnde, durch
Binden und andre Mittel in eine gewiſſe nationale
Form zu bringen, ſind bey den aͤlteſten, wie bey
den neuern Voͤlkern, und unter uns ſowohl, als
unter den entfernteſten Nationen herrſchend gewe-
ſen 140).

Wir wiſſen aus mehreren Zeugniſſen, daß ſolche
Gebraͤuche entweder ſonſt uͤblich geweſen, und es
zum Theil in manchen teutſchen Provinzen 141) noch

ſind;
139) S. Adair’s Hiſtory of the North-American In-
dians
,
S. 9. „Sie legen ihre zarten Kin-
der in eine Art von Wiege, wo ihre Fuͤße
eingewickelt ſind, etwa einen Fuß hoͤher
als in horizontaler Lage; — ihre Koͤpfe
haͤngen hinterwaͤrts in ein Loch, welches
zu dieſem Behufe gemacht iſt, wo der
groͤßte Theil ihrer Schwere auf dem
Scheitel liegt, und da liegen ſie auf ei-
nem Saͤckchen mit Sand, ohne ſich im ge-
ringſten bewegen zu koͤnnen; durch dieſe
Preſſung und Zuſammendruͤckung ihrer
Scheitel, werden natuͤrlich ihre Koͤpfe
dick, und ihre Geſichter breit
.“ X x)
140)Von dem Urheber unſers Weſens wuͤr-
den unſere Koͤpfe uͤbel geſtaltet ſeyn: da
muͤſſen von außen die Kinderweiber und
innen die Philoſophen ſie erſt formen. —
Die Karaiben ſind zur Haͤlfte gluͤcklicher
als wir
.“ J. J. Rouſſeau Emil, Theil 1. Seite
19. Y y)
141) Von den jetzigen Vogtlaͤndern ſ. J. Chr. Gottl.
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die Aerzte
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[155/0189] tel und mit dem ganzen Koͤrpergewicht unbeweglich auf einem mit Sand gefuͤlltem Sacke liegen 139). Mehrere dergleichen Gebraͤuche, die Koͤpfe neu- geborner Kinder durch Druͤcken der Haͤnde, durch Binden und andre Mittel in eine gewiſſe nationale Form zu bringen, ſind bey den aͤlteſten, wie bey den neuern Voͤlkern, und unter uns ſowohl, als unter den entfernteſten Nationen herrſchend gewe- ſen 140). Wir wiſſen aus mehreren Zeugniſſen, daß ſolche Gebraͤuche entweder ſonſt uͤblich geweſen, und es zum Theil in manchen teutſchen Provinzen 141) noch ſind; 139) S. Adair’s Hiſtory of the North-American In- dians, S. 9. „Sie legen ihre zarten Kin- der in eine Art von Wiege, wo ihre Fuͤße eingewickelt ſind, etwa einen Fuß hoͤher als in horizontaler Lage; — ihre Koͤpfe haͤngen hinterwaͤrts in ein Loch, welches zu dieſem Behufe gemacht iſt, wo der groͤßte Theil ihrer Schwere auf dem Scheitel liegt, und da liegen ſie auf ei- nem Saͤckchen mit Sand, ohne ſich im ge- ringſten bewegen zu koͤnnen; durch dieſe Preſſung und Zuſammendruͤckung ihrer Scheitel, werden natuͤrlich ihre Koͤpfe dick, und ihre Geſichter breit.“ X x) 140) „Von dem Urheber unſers Weſens wuͤr- den unſere Koͤpfe uͤbel geſtaltet ſeyn: da muͤſſen von außen die Kinderweiber und innen die Philoſophen ſie erſt formen. — Die Karaiben ſind zur Haͤlfte gluͤcklicher als wir.“ J. J. Rouſſeau Emil, Theil 1. Seite 19. Y y) 141) Von den jetzigen Vogtlaͤndern ſ. J. Chr. Gottl. Ackermann in Baldingers neuen Magazin fuͤr die Aerzte. Th. 2. S. 506. Von

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/189>, abgerufen am 24.11.2024.