Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.§. 9. S. 30. Der Mensch ein zweyhändiges Thier. Ich §. 11.
§. 9. S. 30. Der Menſch ein zweyhaͤndiges Thier. Ich §. 11.
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§. 9. S. 30.
Der Menſch ein zweyhaͤndiges Thier. Ich
kann nicht umhin, die ganze Stelle auf welche ſich
der Herr Verfaſſer in dieſem §. bezieht, hier noch
mitzutheilen. „Der Menſch iſt das weiſeſte unter
„allen Thieren, aber ſeine Haͤnde ſind auch Werk-
„zeuge, wie ſie einem weiſen Geſchoͤpf zukommen.
„Zwar iſt er nicht, wie Anaxagoras meint, das
„weiſeſte Thier, weil er Haͤnde hat, ſondern er
„hat, wie Ariſtoteles richtig urtheilt, Haͤude, weil
„er das weiſeſte Thier ſeyn ſollte. Denn nicht die
„Haͤnde, ſondern die Vernunft haben den Menſchen
„die Kuͤnſte gelehrt; jene ſind aber die beſten Werk-
„zeuge, womit man ſie uͤben kann.“ Galenus de
uſu partium B. 1. Cap. 3. Sonderbar ſtimmt mit
dieſer vernuͤnftigen Meinung eine andere von Mos-
kati. Dieſer Paradoxen Freund glaubt, daß die
Menſchen, wenn ſie auch auf Vieren gingen, alles
dies verrichten wuͤrden, weil es wohl eher Men-
ſchen gegeben, die, bey verſtuͤmmelten Haͤnden,
oder in Ermangelung der Aerme, mit den Fuͤßen
geſchrieben, genaͤhet und andere kuͤnſtliche Sachen
verrichtet haben. Dieſe Meinung ſcheint mir gerade
ſo viel werth als jene, wo man, trotz den uͤberzeu-
genden Gruͤnden des Herrn Hofrath Blumenbachs,
und gegen den Augenſchein, nicht annehmen wollte,
daß die Affen vierhaͤndige Thiere ſeyen, weil —
Herr Hofrath Blumenbach darinnen ſich ſelbſt wi-
derſpraͤche, indem er bey dem Lemur tardigradus
von Hinterfuͤßen deſſelben redet.
§. 11.
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