keine Einwirkung dieser Theile statt finden könnte, sich wohl überhaupt organisirte selbst wirkende Wesen nicht wohl denken liessen, 3) die Lebenskräfte, jene qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun- gen kennen, ohne irgend im Stande zu seyn, zu bestimmen, was sie eigentlich sind, wie sie entstehen oder wirken. Es giebt deren fünferley Arten, die ich jetzo nicht einzeln aufzuzählen brauche, weil ich die Leser auf die Anmerkung zu §. 17., wo sie ein- zeln aufgeführt sind, zurückweisen kann.
Diese drey Stücke sind in dem solido vivo in einer fortdauernden wechselseitigen Wirkung und Ge- genwirkung. Die flüssigen Theile wirken als eben so viel Reize auf die festen, und diese wirken hinwie- derum auf die flüssigen Theile, wozu der Körper durch die ihm beywohnenden Lebenskräfte geschickt gemacht wird. Vergleiche Blnmenbachs Physiolo- gie Absch. 4. 5. Desselben Beyträge zur Natur- geschichte Absch. 8. Ausartung des vollkommen- sten aller Hausthiere, -- des Menschen. 9. Eine hierher gehörige physiologische Eigenheit des menschlichen Körpers.
Da also, wie hieraus erhellt, kein lebender Körper selbstthätig wirken kann, außer in wiefern er durch äußern Reiz dazu angeregt wird, so muß man die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen, leicht begreifen. Verschiedene äußere Reize werden nämlich auch verschieden auf den Körper wirken, und nach Modifikation derselben wird sich dann, was sich hier so zeigte, anderswo anders zeigen. Die
verschie-
keine Einwirkung dieſer Theile ſtatt finden koͤnnte, ſich wohl uͤberhaupt organiſirte ſelbſt wirkende Weſen nicht wohl denken lieſſen, 3) die Lebenskraͤfte, jene qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun- gen kennen, ohne irgend im Stande zu ſeyn, zu beſtimmen, was ſie eigentlich ſind, wie ſie entſtehen oder wirken. Es giebt deren fuͤnferley Arten, die ich jetzo nicht einzeln aufzuzaͤhlen brauche, weil ich die Leſer auf die Anmerkung zu §. 17., wo ſie ein- zeln aufgefuͤhrt ſind, zuruͤckweiſen kann.
Dieſe drey Stuͤcke ſind in dem ſolido vivo in einer fortdauernden wechſelſeitigen Wirkung und Ge- genwirkung. Die fluͤſſigen Theile wirken als eben ſo viel Reize auf die feſten, und dieſe wirken hinwie- derum auf die fluͤſſigen Theile, wozu der Koͤrper durch die ihm beywohnenden Lebenskraͤfte geſchickt gemacht wird. Vergleiche Blnmenbachs Phyſiolo- gie Abſch. 4. 5. Deſſelben Beytraͤge zur Natur- geſchichte Abſch. 8. Ausartung des vollkommen- ſten aller Hausthiere, — des Menſchen. 9. Eine hierher gehoͤrige phyſiologiſche Eigenheit des menſchlichen Koͤrpers.
Da alſo, wie hieraus erhellt, kein lebender Koͤrper ſelbſtthaͤtig wirken kann, außer in wiefern er durch aͤußern Reiz dazu angeregt wird, ſo muß man die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen, leicht begreifen. Verſchiedene aͤußere Reize werden naͤmlich auch verſchieden auf den Koͤrper wirken, und nach Modifikation derſelben wird ſich dann, was ſich hier ſo zeigte, anderswo anders zeigen. Die
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keine Einwirkung dieſer Theile ſtatt finden koͤnnte,
ſich wohl uͤberhaupt organiſirte ſelbſt wirkende Weſen
nicht wohl denken lieſſen, 3) die Lebenskraͤfte, jene
qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun-
gen kennen, ohne irgend im Stande zu ſeyn, zu
beſtimmen, was ſie eigentlich ſind, wie ſie entſtehen
oder wirken. Es giebt deren fuͤnferley Arten, die
ich jetzo nicht einzeln aufzuzaͤhlen brauche, weil ich
die Leſer auf die Anmerkung zu §. 17., wo ſie ein-
zeln aufgefuͤhrt ſind, zuruͤckweiſen kann.
Dieſe drey Stuͤcke ſind in dem ſolido vivo in
einer fortdauernden wechſelſeitigen Wirkung und Ge-
genwirkung. Die fluͤſſigen Theile wirken als eben
ſo viel Reize auf die feſten, und dieſe wirken hinwie-
derum auf die fluͤſſigen Theile, wozu der Koͤrper
durch die ihm beywohnenden Lebenskraͤfte geſchickt
gemacht wird. Vergleiche Blnmenbachs Phyſiolo-
gie Abſch. 4. 5. Deſſelben Beytraͤge zur Natur-
geſchichte Abſch. 8. Ausartung des vollkommen-
ſten aller Hausthiere, — des Menſchen. 9. Eine
hierher gehoͤrige phyſiologiſche Eigenheit des
menſchlichen Koͤrpers.
Da alſo, wie hieraus erhellt, kein lebender
Koͤrper ſelbſtthaͤtig wirken kann, außer in wiefern er
durch aͤußern Reiz dazu angeregt wird, ſo muß man
die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen,
leicht begreifen. Verſchiedene aͤußere Reize werden
naͤmlich auch verſchieden auf den Koͤrper wirken, und
nach Modifikation derſelben wird ſich dann, was
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/296>, abgerufen am 16.07.2024.
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