sere Gegenden verliessen, und bis zur Wider- kehr der wärmern Tage, südliche Himmelsstri- che besuchten. Da sie nemlich vorher paarweise im Gebüsch zerstreuet waren, so werden sie nun mit einem mal unruhig, fliegen hin und her, ver- sammlen sich in Schaaren, schicken Bothen aus um ihre sorglosen vergessenen Mitbrüder, oder ihre Invaliden folgends zusammen zu treiben. Und an frischen heitern Herbstmorgen verläßt denn eine Gattung von Vögeln derselbe n Ge- gend nach der andern ihr Vaterland, und emi- grirt nach mildern Erdstrichen. Der Zug geht in der strengsten Ordnung vor sich. Er- hat mehrentheils die Gestalt eines scharfen Win- kels, und der Anfürer, der an der Spitze des Heers zuerst die Lust gegen Süden durchschnei- den, und folglich am meisten arbeiten muß, wird von Zeit zu Zeit durch andere von seinem Posten abgelößt, und stiegt dann mit weniger An- strengung einige Zeit in den letzten Gliedern. Zu- weilen läßt sich der Zug unterweges an bestimmten Orten, in Feldern, im Wald etc. auch auf den Inseln des Mittelländischen Meeres und auf Schiffen, nieder, um Malzeit oder Rasttag zu halten; bis er denn endlich an dem Ort sei- ner Bestimmung, in Aegypten, auf Guinea, etc. angelangt ist. So bald dieß geschehen, zer- streut sich die Gesellschaft bis aufs Wiedersehen zur Zeit der Rückkehr im nächsten Frühjahr: je- der Vogel geht seinem eigenen Beruf, seiner
sere Gegenden verliessen, und bis zur Wider- kehr der wärmern Tage, südliche Himmelsstri- che besuchten. Da sie nemlich vorher paarweise im Gebüsch zerstreuet waren, so werden sie nun mit einem mal unruhig, fliegen hin und her, ver- sammlen sich in Schaaren, schicken Bothen aus um ihre sorglosen vergessenen Mitbrüder, oder ihre Invaliden folgends zusammen zu treiben. Und an frischen heitern Herbstmorgen verläßt denn eine Gattung von Vögeln derselbe n Ge- gend nach der andern ihr Vaterland, und emi- grirt nach mildern Erdstrichen. Der Zug geht in der strengsten Ordnung vor sich. Er- hat mehrentheils die Gestalt eines scharfen Win- kels, und der Anfürer, der an der Spitze des Heers zuerst die Lust gegen Süden durchschnei- den, und folglich am meisten arbeiten muß, wird von Zeit zu Zeit durch andere von seinem Posten abgelößt, und stiegt dann mit weniger An- strengung einige Zeit in den letzten Gliedern. Zu- weilen läßt sich der Zug unterweges an bestimmten Orten, in Feldern, im Wald ꝛc. auch auf den Inseln des Mittelländischen Meeres und auf Schiffen, nieder, um Malzeit oder Rasttag zu halten; bis er denn endlich an dem Ort sei- ner Bestimmung, in Aegypten, auf Guinea, ꝛc. angelangt ist. So bald dieß geschehen, zer- streut sich die Gesellschaft bis aufs Wiedersehen zur Zeit der Rückkehr im nächsten Frühjahr: je- der Vogel geht seinem eigenen Beruf, seiner
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000021"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0180"xml:id="pb157_0001"n="157"/>
sere Gegenden verliessen, und bis zur Wider-<lb/>
kehr der wärmern Tage, südliche Himmelsstri-<lb/>
che besuchten. Da sie nemlich vorher paarweise<lb/>
im Gebüsch zerstreuet waren, so werden sie nun<lb/>
mit einem mal unruhig, fliegen hin und her, ver-<lb/>
sammlen sich in Schaaren, schicken Bothen aus<lb/>
um ihre sorglosen vergessenen Mitbrüder, oder<lb/>
ihre Invaliden folgends zusammen zu treiben.<lb/>
Und an frischen heitern Herbstmorgen verläßt<lb/>
denn eine Gattung von Vögeln derselbe n Ge-<lb/>
gend nach der andern ihr Vaterland, und emi-<lb/>
grirt nach mildern Erdstrichen. Der Zug<lb/>
geht in der strengsten Ordnung vor sich. Er-<lb/>
hat mehrentheils die Gestalt eines scharfen Win-<lb/>
kels, und der Anfürer, der an der Spitze des<lb/>
Heers zuerst die Lust gegen Süden durchschnei-<lb/>
den, und folglich am meisten arbeiten muß,<lb/>
wird von Zeit zu Zeit durch andere von seinem<lb/>
Posten abgelößt, und stiegt dann mit weniger An-<lb/>
strengung einige Zeit in den letzten Gliedern. Zu-<lb/>
weilen läßt sich der Zug unterweges an bestimmten<lb/>
Orten, in Feldern, im Wald ꝛc. auch auf den<lb/>
Inseln des Mittelländischen Meeres und auf<lb/>
Schiffen, nieder, um Malzeit oder Rasttag<lb/>
zu halten; bis er denn endlich an dem Ort sei-<lb/>
ner Bestimmung, in Aegypten, auf Guinea, ꝛc.<lb/>
angelangt ist. So bald dieß geschehen, zer-<lb/>
streut sich die Gesellschaft bis aufs Wiedersehen<lb/>
zur Zeit der Rückkehr im nächsten Frühjahr: je-<lb/>
der Vogel geht seinem eigenen Beruf, seiner<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[157/0180]
sere Gegenden verliessen, und bis zur Wider-
kehr der wärmern Tage, südliche Himmelsstri-
che besuchten. Da sie nemlich vorher paarweise
im Gebüsch zerstreuet waren, so werden sie nun
mit einem mal unruhig, fliegen hin und her, ver-
sammlen sich in Schaaren, schicken Bothen aus
um ihre sorglosen vergessenen Mitbrüder, oder
ihre Invaliden folgends zusammen zu treiben.
Und an frischen heitern Herbstmorgen verläßt
denn eine Gattung von Vögeln derselbe n Ge-
gend nach der andern ihr Vaterland, und emi-
grirt nach mildern Erdstrichen. Der Zug
geht in der strengsten Ordnung vor sich. Er-
hat mehrentheils die Gestalt eines scharfen Win-
kels, und der Anfürer, der an der Spitze des
Heers zuerst die Lust gegen Süden durchschnei-
den, und folglich am meisten arbeiten muß,
wird von Zeit zu Zeit durch andere von seinem
Posten abgelößt, und stiegt dann mit weniger An-
strengung einige Zeit in den letzten Gliedern. Zu-
weilen läßt sich der Zug unterweges an bestimmten
Orten, in Feldern, im Wald ꝛc. auch auf den
Inseln des Mittelländischen Meeres und auf
Schiffen, nieder, um Malzeit oder Rasttag
zu halten; bis er denn endlich an dem Ort sei-
ner Bestimmung, in Aegypten, auf Guinea, ꝛc.
angelangt ist. So bald dieß geschehen, zer-
streut sich die Gesellschaft bis aufs Wiedersehen
zur Zeit der Rückkehr im nächsten Frühjahr: je-
der Vogel geht seinem eigenen Beruf, seiner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/179>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.