Wir haben eine solche Möve, die auf der In- sel Heiligeland gefangen war, mehrere Jahre le- bendig unter unsern Augen gehabt. Ihr ganzes Naturell ward allmälig durch die Zucht abgeän- dert; Sie lebte im Trocknen, lies sich mit Brod speisen, und ward so zahm, daß sie ihres Herrn Stimme von ferne erkannte, und mit ihrem heisern pfeiffenden Tone beantwortete. Sie hatte ungemeinen Appetit, konnte Spannen lange Kno- chen mit einmal verschlingen, und fras nach ei- ner guten Malzeit doch wol noch den Pfauen und andern Vögeln, unter denen sie lebte, ihre Futter weg. Wir haben nachher bey ihrer Zergliederung den Schlund ungemein weit und dehnbar, den derben muskulösen Magen hingegen zwar überaus robust aber klein gefunden, so daß unmöglich die ganzen grossen Knochen darin Platz haben konn- ten, sondern das eine Ende davon im Magen zer-
Wir haben eine solche Möve, die auf der In- sel Heiligeland gefangen war, mehrere Jahre le- bendig unter unsern Augen gehabt. Ihr ganzes Naturell ward allmälig durch die Zucht abgeän- dert; Sie lebte im Trocknen, lies sich mit Brod speisen, und ward so zahm, daß sie ihres Herrn Stimme von ferne erkannte, und mit ihrem heisern pfeiffenden Tone beantwortete. Sie hatte ungemeinen Appetit, konnte Spannen lange Kno- chen mit einmal verschlingen, und fras nach ei- ner guten Malzeit doch wol noch den Pfauen und andern Vögeln, unter denen sie lebte, ihre Futter weg. Wir haben nachher bey ihrer Zergliederung den Schlund ungemein weit und dehnbar, den derben muskulösen Magen hingegen zwar überaus robust aber klein gefunden, so daß unmöglich die ganzen grossen Knochen darin Platz haben konn- ten, sondern das eine Ende davon im Magen zer-
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000021"><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0227"xml:id="pb204_0001"n="204"/><prendition="#indent-1">23. <hirendition="#g"><hirendition="#k"><hirendition="#aq">colymbus</hi></hi></hi>. <hirendition="#aq">Rostrum edentulum, subu-<lb/>
latum, rectum, acuminatum, pedes compe-<lb/>
des.</hi></p><prendition="#indent-2">1. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">Grylle</hi></hi>. die Grönländische Taube. <hirendition="#aq">C. pe-<lb/>
dibus palmatis tridactylis, corpore atro, re-<lb/>
ctricibus alarum albis. *</hi></p><prendition="#l1em">Findet sich in Grönland, Spitzbergen, auch<lb/>
am Nordcap ꝛc. und lebt, gegen die Weise der<lb/>
mehresten Vögel dieser Ordnung, in Monogamie.</p><prendition="#indent-1">24. <hirendition="#g"><hirendition="#k"><hirendition="#aq">larus</hi></hi></hi>. Möve. <hirendition="#aq">Rostrum edentulum re-<lb/>
ctum cultratum, apice subadunco. Mandi-<lb/>
bula inferior infra apicem gibba.</hi></p><prendition="#indent-2">1. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">Tridactylus</hi></hi>. <hirendition="#aq">L. albicans, dorso canescente, re-<lb/>
ctricum apicibus, excepto extremo, nigris,<lb/>
pedibus tridactylis.</hi> *</p><prendition="#l1em">Wir haben eine solche Möve, die auf der In-<lb/>
sel Heiligeland gefangen war, mehrere Jahre le-<lb/>
bendig unter unsern Augen gehabt. Ihr ganzes<lb/>
Naturell ward allmälig durch die Zucht abgeän-<lb/>
dert; Sie lebte im Trocknen, lies sich mit Brod<lb/>
speisen, und ward so zahm, daß sie ihres Herrn<lb/>
Stimme von ferne erkannte, und mit ihrem<lb/>
heisern pfeiffenden Tone beantwortete. Sie hatte<lb/>
ungemeinen Appetit, konnte Spannen lange Kno-<lb/>
chen mit einmal verschlingen, und fras nach ei-<lb/>
ner guten Malzeit doch wol noch den Pfauen und<lb/>
andern Vögeln, unter denen sie lebte, ihre Futter<lb/>
weg. Wir haben nachher bey ihrer Zergliederung<lb/>
den Schlund ungemein weit und dehnbar, den<lb/>
derben muskulösen Magen hingegen zwar überaus<lb/>
robust aber klein gefunden, so daß unmöglich die<lb/>
ganzen grossen Knochen darin Platz haben konn-<lb/>
ten, sondern das eine Ende davon im Magen zer-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[204/0227]
23. colymbus. Rostrum edentulum, subu-
latum, rectum, acuminatum, pedes compe-
des.
1. Grylle. die Grönländische Taube. C. pe-
dibus palmatis tridactylis, corpore atro, re-
ctricibus alarum albis. *
Findet sich in Grönland, Spitzbergen, auch
am Nordcap ꝛc. und lebt, gegen die Weise der
mehresten Vögel dieser Ordnung, in Monogamie.
24. larus. Möve. Rostrum edentulum re-
ctum cultratum, apice subadunco. Mandi-
bula inferior infra apicem gibba.
1. Tridactylus. L. albicans, dorso canescente, re-
ctricum apicibus, excepto extremo, nigris,
pedibus tridactylis. *
Wir haben eine solche Möve, die auf der In-
sel Heiligeland gefangen war, mehrere Jahre le-
bendig unter unsern Augen gehabt. Ihr ganzes
Naturell ward allmälig durch die Zucht abgeän-
dert; Sie lebte im Trocknen, lies sich mit Brod
speisen, und ward so zahm, daß sie ihres Herrn
Stimme von ferne erkannte, und mit ihrem
heisern pfeiffenden Tone beantwortete. Sie hatte
ungemeinen Appetit, konnte Spannen lange Kno-
chen mit einmal verschlingen, und fras nach ei-
ner guten Malzeit doch wol noch den Pfauen und
andern Vögeln, unter denen sie lebte, ihre Futter
weg. Wir haben nachher bey ihrer Zergliederung
den Schlund ungemein weit und dehnbar, den
derben muskulösen Magen hingegen zwar überaus
robust aber klein gefunden, so daß unmöglich die
ganzen grossen Knochen darin Platz haben konn-
ten, sondern das eine Ende davon im Magen zer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/226>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.