Die Vögel sind für die Haushaltung der Natur im ganzen, ungemein wichtige Geschöpfe, obgleich ihre unmittelbare Brauchbarkeit fürs Menschengeschlecht nicht so mannichfaltig ist, als der Säugethiere ihre. Fürs erste ist es gewiß keiner ihrer geringsten Vorzüge, daß sie unter allen andern Thieren am allermeisten Leben und Munterkeit in die ganze Schöpfung verbreiten! Ferner vertilgen sie unzälige Insecten, und die gänzliche Ausrottung mancher vermeintlich schäd- lichen Vögel, der Sperlinge, Krähen etc. in manchen Gegenden, hat eine ungleich schädlichere Vermehrung des Ungeziefers, und ähnliche nach- theilige Folgen nach sich gezogen. Andere ver- zehren grössere Thiere, Feldmäuse, Schlangen, Frösche, Eidexen etc. oder Aeser, und beugen dadurch sowol dem Miswachs als der Infection der Luft vor. Eben so haben unzälige Vögel die grosse Bestimmung, so mancherley Unkraut auszurotten, und seinen Wucher zu verhindern. Von der andern Seite wird auch die Vermeh- rung und Fortpflanzung der Thiere sowohl, als der Gewächse, durch Vögel befördert. So weis man z. B. daß die wilden Gänse bey ihren Zügen fruchtbare Fischeyer in entfernte Teiche übertragen, und sie dadurch zuweilen fischreich machen. Sehr viele Vögel verschlucken Saa- menkörner die sie nachher wieder ganz von sich geben und dadurch die Verbreitung derselben be-
§. 77.
Die Vögel sind für die Haushaltung der Natur im ganzen, ungemein wichtige Geschöpfe, obgleich ihre unmittelbare Brauchbarkeit fürs Menschengeschlecht nicht so mannichfaltig ist, als der Säugethiere ihre. Fürs erste ist es gewiß keiner ihrer geringsten Vorzüge, daß sie unter allen andern Thieren am allermeisten Leben und Munterkeit in die ganze Schöpfung verbreiten! Ferner vertilgen sie unzälige Insecten, und die gänzliche Ausrottung mancher vermeintlich schäd- lichen Vögel, der Sperlinge, Krähen ꝛc. in manchen Gegenden, hat eine ungleich schädlichere Vermehrung des Ungeziefers, und ähnliche nach- theilige Folgen nach sich gezogen. Andere ver- zehren grössere Thiere, Feldmäuse, Schlangen, Frösche, Eidexen ꝛc. oder Aeser, und beugen dadurch sowol dem Miswachs als der Infection der Luft vor. Eben so haben unzälige Vögel die grosse Bestimmung, so mancherley Unkraut auszurotten, und seinen Wucher zu verhindern. Von der andern Seite wird auch die Vermeh- rung und Fortpflanzung der Thiere sowohl, als der Gewächse, durch Vögel befördert. So weis man z. B. daß die wilden Gänse bey ihren Zügen fruchtbare Fischeyer in entfernte Teiche übertragen, und sie dadurch zuweilen fischreich machen. Sehr viele Vögel verschlucken Saa- menkörner die sie nachher wieder ganz von sich geben und dadurch die Verbreitung derselben be-
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§. 77.
Die Vögel sind für die Haushaltung der
Natur im ganzen, ungemein wichtige Geschöpfe,
obgleich ihre unmittelbare Brauchbarkeit fürs
Menschengeschlecht nicht so mannichfaltig ist, als
der Säugethiere ihre. Fürs erste ist es gewiß
keiner ihrer geringsten Vorzüge, daß sie unter
allen andern Thieren am allermeisten Leben und
Munterkeit in die ganze Schöpfung verbreiten!
Ferner vertilgen sie unzälige Insecten, und die
gänzliche Ausrottung mancher vermeintlich schäd-
lichen Vögel, der Sperlinge, Krähen ꝛc. in
manchen Gegenden, hat eine ungleich schädlichere
Vermehrung des Ungeziefers, und ähnliche nach-
theilige Folgen nach sich gezogen. Andere ver-
zehren grössere Thiere, Feldmäuse, Schlangen,
Frösche, Eidexen ꝛc. oder Aeser, und beugen
dadurch sowol dem Miswachs als der Infection
der Luft vor. Eben so haben unzälige Vögel
die grosse Bestimmung, so mancherley Unkraut
auszurotten, und seinen Wucher zu verhindern.
Von der andern Seite wird auch die Vermeh-
rung und Fortpflanzung der Thiere sowohl,
als der Gewächse, durch Vögel befördert. So
weis man z. B. daß die wilden Gänse bey ihren
Zügen fruchtbare Fischeyer in entfernte Teiche
übertragen, und sie dadurch zuweilen fischreich
machen. Sehr viele Vögel verschlucken Saa-
menkörner die sie nachher wieder ganz von sich
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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