Die Mineralien endlich sind unbelebte und unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens- kraft nach den bloß physischen und chemischen Gesetzen von Anziehung, Anhäufung etc. ent- stehen.
Anm. Gegen diese Eintheilung der Naturalien in die drey Reiche sind, zumahl neuerlich, Einwendungen gemacht worden: da manche Naturforscher wenig- stens keine bestimmte Grenzen zwischen dem Thier- und Pflanzenreich haben zugeben wollen: andere aber überhaupt geläugnet haben, daß dergleichen Grenzen zwischen den so genannten Naturreichen, geschweige zwischen den Classen etc. worein jedes derselben wieder abgetheilt wird, in der Natur Statt fänden.
Die erstern haben sich theils auf die so genann- ten empfindlichen Pflanzen, theils auf die Poly- pen u. a. so genannte Pflanzenthiere berufen, die aus verschiedner Rücksicht sowohl zum einen als zum andern organisirten Reiche, gerechnet wer- den könnten, folglich das Band zwischen bei- den -, und einen unmerklichen Uebergang vom einen zum andern, abgäben etc.
Die andern nehmen vollends eine allgemeine Continuität in der Natur an; deuten den Satz: Die Natur thut keinen Sprung, dahin daß alle Arten von erschaffenen Wesen in der Natur, in Rücksicht ihrer Bildung, einander stufenweise wie Sprosse auf Sprosse in einer Leiter folgten, gleichsam wie Glied an Glied in einer Kette zu- sammen hingen, so daß durchaus keine andre als nur sehr willkührliche erkünstelte Eintheilung der Naturalien in Reiche und Classen und Ordnun- gen etc. statt habe.
Die erstre Einwendung schwindet so bald man reine bestimmte Begriffe von thierischer und von Pflanzen-Natur fest gesetzt hat. So kann es wohl, diesen Begriffen unbeschadet, Thiere geben, die in manchen minder wesentlichen Eigenschaften ei-
Die Mineralien endlich sind unbelebte und unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens- kraft nach den bloß physischen und chemischen Gesetzen von Anziehung, Anhäufung ꝛc. ent- stehen.
Anm. Gegen diese Eintheilung der Naturalien in die drey Reiche sind, zumahl neuerlich, Einwendungen gemacht worden: da manche Naturforscher wenig- stens keine bestimmte Grenzen zwischen dem Thier- und Pflanzenreich haben zugeben wollen: andere aber überhaupt geläugnet haben, daß dergleichen Grenzen zwischen den so genannten Naturreichen, geschweige zwischen den Classen ꝛc. worein jedes derselben wieder abgetheilt wird, in der Natur Statt fänden.
Die erstern haben sich theils auf die so genann- ten empfindlichen Pflanzen, theils auf die Poly- pen u. a. so genannte Pflanzenthiere berufen, die aus verschiedner Rücksicht sowohl zum einen als zum andern organisirten Reiche, gerechnet wer- den könnten, folglich das Band zwischen bei- den –, und einen unmerklichen Uebergang vom einen zum andern, abgäben ꝛc.
Die andern nehmen vollends eine allgemeine Continuität in der Natur an; deuten den Satz: Die Natur thut keinen Sprung, dahin daß alle Arten von erschaffenen Wesen in der Natur, in Rücksicht ihrer Bildung, einander stufenweise wie Sprosse auf Sprosse in einer Leiter folgten, gleichsam wie Glied an Glied in einer Kette zu- sammen hingen, so daß durchaus keine andre als nur sehr willkührliche erkünstelte Eintheilung der Naturalien in Reiche und Classen und Ordnun- gen ꝛc. statt habe.
Die erstre Einwendung schwindet so bald man reine bestimmte Begriffe von thierischer und von Pflanzen-Natur fest gesetzt hat. So kann es wohl, diesen Begriffen unbeschadet, Thiere geben, die in manchen minder wesentlichen Eigenschaften ei-
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Die Mineralien endlich sind unbelebte und
unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens-
kraft nach den bloß physischen und chemischen
Gesetzen von Anziehung, Anhäufung ꝛc. ent-
stehen.
Anm. Gegen diese Eintheilung der Naturalien in die
drey Reiche sind, zumahl neuerlich, Einwendungen
gemacht worden: da manche Naturforscher wenig-
stens keine bestimmte Grenzen zwischen dem Thier-
und Pflanzenreich haben zugeben wollen: andere
aber überhaupt geläugnet haben, daß dergleichen
Grenzen zwischen den so genannten Naturreichen,
geschweige zwischen den Classen ꝛc. worein jedes
derselben wieder abgetheilt wird, in der Natur
Statt fänden.
Die erstern haben sich theils auf die so genann-
ten empfindlichen Pflanzen, theils auf die Poly-
pen u. a. so genannte Pflanzenthiere berufen, die
aus verschiedner Rücksicht sowohl zum einen als
zum andern organisirten Reiche, gerechnet wer-
den könnten, folglich das Band zwischen bei-
den –, und einen unmerklichen Uebergang vom
einen zum andern, abgäben ꝛc.
Die andern nehmen vollends eine allgemeine
Continuität in der Natur an; deuten den Satz:
Die Natur thut keinen Sprung, dahin daß alle
Arten von erschaffenen Wesen in der Natur, in
Rücksicht ihrer Bildung, einander stufenweise
wie Sprosse auf Sprosse in einer Leiter folgten,
gleichsam wie Glied an Glied in einer Kette zu-
sammen hingen, so daß durchaus keine andre als
nur sehr willkührliche erkünstelte Eintheilung der
Naturalien in Reiche und Classen und Ordnun-
gen ꝛc. statt habe.
Die erstre Einwendung schwindet so bald man
reine bestimmte Begriffe von thierischer und von
Pflanzen-Natur fest gesetzt hat. So kann es wohl,
diesen Begriffen unbeschadet, Thiere geben, die
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/22>, abgerufen am 21.11.2024.
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