Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

auch Nro. 2. in sofern eine bildende Kraft zu,
daß er den bey der Mutter präformirt gelegenen
Keim wohl in etwas zur väterlichen Gestaltung
umzuformen vermöge.

Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im
männlichen Samen. 1) Die erweckende: und
2) doch auch eine bildende. -

Aber man kann ja mittelst einer, mehrere Gene-
rationen hindurch immer wiederholten künstlichen
Bastardzeugung endlich die eine Gattung von orga-
nisirten Körpern gänzlich in die andre umwan-
deln. - So hat man z. B. aus der künstlichen
Befruchtung der einen Pflanzengattung mittelst
des männlichen Staubes von eine andern, Sa-
men gezogen, welcher fecundable Bastardpflan-
zen gegeben; d. h. die sich zur Blühzeit aber-
mals mit männlichem Stand von jener andern Gat-
tung befruchten lassen, und wiederum fecundable
Bastarde der zweyten Generation hervorgebracht.
Jene Bastarde von der ersten Generation hielten
gleichsam das Mittel zwischen beiden verschiedenen
Stamm-Eltern von väterlicher und mütterlicher
Seite. Die von der zweyten hingegen ähnelten
schar weit mehr der väterlichen, als der mütterli-
chen. Und nachdem die gleiche künstliche Befruch-
tung noch fernerweit durch zwey folgende Genera-
tionen eben so wiederholt worden, so entstanden
endlich Pflanzen, an welchen die ursprüngliche
mütterliche Gestaltung so zu sagen ganz verwischt,
und in die väterliche umgewandelt worden. (-
s. Kölreuter's dritte Fortsetzung der Nachricht
vor einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffen-
der Versuchen S. 51. §. 24. mit der Ueberschrift:
"gänzlich vollbrachte Verwandlung einer natür-
lichen Pflanzengattung in die andre."
-)

Da hat den folglich alle Präformation des
seit Erschaffung der Welt conservirten mütterli-
chen Keims am Ende in nichts geholfen, sondern
hat der bildenden Kraft des männlichen Stoffes
(der eigentlich nach der Evolutionshypothese bloß
durch seine erweckende Kraft auf denselben hätte
wirken sollen,) gänzlich weichen müssen!

auch Nro. 2. in sofern eine bildende Kraft zu,
daß er den bey der Mutter präformirt gelegenen
Keim wohl in etwas zur väterlichen Gestaltung
umzuformen vermöge.

Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im
männlichen Samen. 1) Die erweckende: und
2) doch auch eine bildende. –

Aber man kann ja mittelst einer, mehrere Gene-
rationen hindurch immer wiederholten künstlichen
Bastardzeugung endlich die eine Gattung von orga-
nisirten Körpern gänzlich in die andre umwan-
deln. – So hat man z. B. aus der künstlichen
Befruchtung der einen Pflanzengattung mittelst
des männlichen Staubes von eine andern, Sa-
men gezogen, welcher fecundable Bastardpflan-
zen gegeben; d. h. die sich zur Blühzeit aber-
mals mit männlichem Stand von jener andern Gat-
tung befruchten lassen, und wiederum fecundable
Bastarde der zweyten Generation hervorgebracht.
Jene Bastarde von der ersten Generation hielten
gleichsam das Mittel zwischen beiden verschiedenen
Stamm-Eltern von väterlicher und mütterlicher
Seite. Die von der zweyten hingegen ähnelten
schar weit mehr der väterlichen, als der mütterli-
chen. Und nachdem die gleiche künstliche Befruch-
tung noch fernerweit durch zwey folgende Genera-
tionen eben so wiederholt worden, so entstanden
endlich Pflanzen, an welchen die ursprüngliche
mütterliche Gestaltung so zu sagen ganz verwischt,
und in die väterliche umgewandelt worden. (–
s. Kölreuter's dritte Fortsetzung der Nachricht
vor einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffen-
der Versuchen S. 51. §. 24. mit der Ueberschrift:
„gänzlich vollbrachte Verwandlung einer natür-
lichen Pflanzengattung in die andre.“
–)

Da hat den folglich alle Präformation des
seit Erschaffung der Welt conservirten mütterli-
chen Keims am Ende in nichts geholfen, sondern
hat der bildenden Kraft des männlichen Stoffes
(der eigentlich nach der Evolutionshypothese bloß
durch seine erweckende Kraft auf denselben hätte
wirken sollen,) gänzlich weichen müssen!

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000026">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p rendition="#l1em #small"><pb facs="#f0037" xml:id="pb015_0001" n="15"/>
auch <hi rendition="#aq">Nro</hi>. 2. in sofern eine bildende Kraft zu,<lb/>
daß er den bey der Mutter präformirt gelegenen<lb/>
Keim wohl in etwas zur väterlichen Gestaltung<lb/>
umzuformen vermöge.</p>
          <p rendition="#l1em #small">Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im<lb/>
männlichen Samen. 1) Die erweckende: und<lb/>
2) doch auch eine bildende. &#x2013;</p>
          <p rendition="#l1em #small">Aber man kann ja mittelst einer, mehrere Gene-<lb/>
rationen hindurch immer wiederholten künstlichen<lb/>
Bastardzeugung endlich die eine Gattung von orga-<lb/>
nisirten Körpern gänzlich in die andre umwan-<lb/>
deln. &#x2013; So hat man z. B. aus der künstlichen<lb/>
Befruchtung der einen Pflanzengattung mittelst<lb/>
des männlichen Staubes von eine andern, Sa-<lb/>
men gezogen, welcher fecundable Bastardpflan-<lb/>
zen gegeben; d. h. die sich zur Blühzeit aber-<lb/>
mals mit männlichem Stand von jener andern Gat-<lb/>
tung befruchten lassen, und wiederum fecundable<lb/>
Bastarde der zweyten Generation hervorgebracht.<lb/>
Jene Bastarde von der ersten Generation hielten<lb/>
gleichsam das Mittel zwischen beiden verschiedenen<lb/>
Stamm-Eltern von väterlicher und mütterlicher<lb/>
Seite. Die von der zweyten hingegen ähnelten<lb/>
schar weit mehr der väterlichen, als der mütterli-<lb/>
chen. Und nachdem die gleiche künstliche Befruch-<lb/>
tung noch fernerweit durch zwey folgende Genera-<lb/>
tionen eben so wiederholt worden, so entstanden<lb/>
endlich Pflanzen, an welchen die ursprüngliche<lb/>
mütterliche Gestaltung so zu sagen ganz verwischt,<lb/>
und in die väterliche umgewandelt worden. (&#x2013;<lb/>
s. Kölreuter's dritte Fortsetzung der Nachricht<lb/>
vor einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffen-<lb/>
der Versuchen S. 51. §. 24. mit der Ueberschrift:<lb/><q type="preline">&#x201E;gänzlich vollbrachte Verwandlung einer natür-<lb/>
lichen Pflanzengattung in die andre.&#x201C;</q> &#x2013;)</p>
          <p rendition="#l1em #small">Da hat den folglich alle Präformation des<lb/>
seit Erschaffung der Welt conservirten mütterli-<lb/>
chen Keims am Ende in nichts geholfen, sondern<lb/>
hat der bildenden Kraft des männlichen Stoffes<lb/>
(der eigentlich nach der Evolutionshypothese bloß<lb/>
durch seine erweckende Kraft auf denselben hätte<lb/>
wirken sollen,) gänzlich weichen müssen!</p>
        </div>
        <div n="2">
</div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0037] auch Nro. 2. in sofern eine bildende Kraft zu, daß er den bey der Mutter präformirt gelegenen Keim wohl in etwas zur väterlichen Gestaltung umzuformen vermöge. Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im männlichen Samen. 1) Die erweckende: und 2) doch auch eine bildende. – Aber man kann ja mittelst einer, mehrere Gene- rationen hindurch immer wiederholten künstlichen Bastardzeugung endlich die eine Gattung von orga- nisirten Körpern gänzlich in die andre umwan- deln. – So hat man z. B. aus der künstlichen Befruchtung der einen Pflanzengattung mittelst des männlichen Staubes von eine andern, Sa- men gezogen, welcher fecundable Bastardpflan- zen gegeben; d. h. die sich zur Blühzeit aber- mals mit männlichem Stand von jener andern Gat- tung befruchten lassen, und wiederum fecundable Bastarde der zweyten Generation hervorgebracht. Jene Bastarde von der ersten Generation hielten gleichsam das Mittel zwischen beiden verschiedenen Stamm-Eltern von väterlicher und mütterlicher Seite. Die von der zweyten hingegen ähnelten schar weit mehr der väterlichen, als der mütterli- chen. Und nachdem die gleiche künstliche Befruch- tung noch fernerweit durch zwey folgende Genera- tionen eben so wiederholt worden, so entstanden endlich Pflanzen, an welchen die ursprüngliche mütterliche Gestaltung so zu sagen ganz verwischt, und in die väterliche umgewandelt worden. (– s. Kölreuter's dritte Fortsetzung der Nachricht vor einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffen- der Versuchen S. 51. §. 24. mit der Ueberschrift: „gänzlich vollbrachte Verwandlung einer natür- lichen Pflanzengattung in die andre.“ –) Da hat den folglich alle Präformation des seit Erschaffung der Welt conservirten mütterli- chen Keims am Ende in nichts geholfen, sondern hat der bildenden Kraft des männlichen Stoffes (der eigentlich nach der Evolutionshypothese bloß durch seine erweckende Kraft auf denselben hätte wirken sollen,) gänzlich weichen müssen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/37
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/37>, abgerufen am 03.12.2024.