Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 9.

Und dieß geschieht dann, wenn man an-
nimmt, daß der reise, vorher zwar ungeformte,
aber organisirbare Zeugungsstoff der Eltern,
wenn er zu seiner Zeit, und unter den erforder-
lichen Umständen an den Ort seiner Bestimmung
gelangt, dann für eine in demselben nun zweck-
mäßig wirkende Lebenskraft, nähmlich den Bil-
dungstrieb (nisus formativus) zuerst empfäng-
lich wird; Kraft dessen bey der Empfängniß
die allmählige Ausbildung erfolgt; der aber
auch die lebenswierige Erhaltung dieser zweck-
mäßigen Bildung durch die Ernährung; und
selbst wenn dieselbe durch Zufall gelitten haben
sollte, so viel möglich die Wiederersetzung der-
selben durch die Reproduction, bewirkt*).

Anm. 1. Diese allmählige Ausbildung der neuen orga-
sirten Körper ist am anschaulichsten an solchen zu
betrachten, die mit einer ganz ansehnlichen Größe
ein schnelles (so zu sagen zusehends merkliches)
Wachsthum, und eine so zarte halbdurchsichtige
Textur verbinden, daß sie (zumahl im sattsamen
Lichte und unter mäßiger Vergrößerung) aufs deut-
lichste, klarste, durchschaut werden können.

So im Gewächsreiche an manchen einfachen
Wassermooßen, wie z. B. an der Brunnen-Con-
ferve (Conferva fontinalis) die sich in den ersten
Frühlingstagen fortpflanzt.

*) Dieß alles habe ich in der Schrift über den Bil-
dungstrieb
. Götting. 1791. 8. weiter ausgeführt,
die ich nicht mit der unreifern Abhandlung, die
unter einem ähnlichen Titel 1781. erschienen ist,
zu verwechseln bitte.
§. 9.

Und dieß geschieht dann, wenn man an-
nimmt, daß der reise, vorher zwar ungeformte,
aber organisirbare Zeugungsstoff der Eltern,
wenn er zu seiner Zeit, und unter den erforder-
lichen Umständen an den Ort seiner Bestimmung
gelangt, dann für eine in demselben nun zweck-
mäßig wirkende Lebenskraft, nähmlich den Bil-
dungstrieb (nisus formativus) zuerst empfäng-
lich wird; Kraft dessen bey der Empfängniß
die allmählige Ausbildung erfolgt; der aber
auch die lebenswierige Erhaltung dieser zweck-
mäßigen Bildung durch die Ernährung; und
selbst wenn dieselbe durch Zufall gelitten haben
sollte, so viel möglich die Wiederersetzung der-
selben durch die Reproduction, bewirkt*).

Anm. 1. Diese allmählige Ausbildung der neuen orga-
sirten Körper ist am anschaulichsten an solchen zu
betrachten, die mit einer ganz ansehnlichen Größe
ein schnelles (so zu sagen zusehends merkliches)
Wachsthum, und eine so zarte halbdurchsichtige
Textur verbinden, daß sie (zumahl im sattsamen
Lichte und unter mäßiger Vergrößerung) aufs deut-
lichste, klarste, durchschaut werden können.

So im Gewächsreiche an manchen einfachen
Wassermooßen, wie z. B. an der Brunnen-Con-
ferve (Conferva fontinalis) die sich in den ersten
Frühlingstagen fortpflanzt.

*) Dieß alles habe ich in der Schrift über den Bil-
dungstrieb
. Götting. 1791. 8. weiter ausgeführt,
die ich nicht mit der unreifern Abhandlung, die
unter einem ähnlichen Titel 1781. erschienen ist,
zu verwechseln bitte.
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000026">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0039" xml:id="pb017_0001" n="17"/>
          <head rendition="#c">§. 9.</head><lb/>
          <p>Und dieß geschieht dann, wenn man an-<lb/>
nimmt, daß der reise, vorher zwar ungeformte,<lb/>
aber organisirbare Zeugungsstoff der Eltern,<lb/>
wenn er zu seiner Zeit, und unter den erforder-<lb/>
lichen Umständen an den Ort seiner Bestimmung<lb/>
gelangt, dann für eine in demselben nun zweck-<lb/>
mäßig wirkende Lebenskraft, nähmlich den Bil-<lb/>
dungstrieb (<hi rendition="#aq">nisus formativus</hi>) zuerst empfäng-<lb/>
lich wird; Kraft dessen bey der Empfängniß<lb/>
die allmählige Ausbildung erfolgt; der aber<lb/>
auch die lebenswierige Erhaltung dieser zweck-<lb/>
mäßigen Bildung durch die Ernährung; und<lb/>
selbst wenn dieselbe durch Zufall gelitten haben<lb/>
sollte, so viel möglich die Wiederersetzung der-<lb/>
selben durch die Reproduction, bewirkt<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Dieß alles habe ich in der Schrift <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">über den Bil-<lb/>
dungstrieb</hi></hi>. Götting. 1791. 8. weiter ausgeführt,<lb/>
die ich nicht mit der unreifern Abhandlung, die<lb/>
unter einem ähnlichen Titel 1781. erschienen ist,<lb/>
zu verwechseln bitte.</p></note>.</p>
          <p rendition="#indent-1 #small">Anm. 1. Diese allmählige Ausbildung der neuen orga-<lb/>
sirten Körper ist am anschaulichsten an solchen zu<lb/>
betrachten, die mit einer ganz ansehnlichen Größe<lb/>
ein schnelles (so zu sagen zusehends merkliches)<lb/>
Wachsthum, und eine so zarte halbdurchsichtige<lb/>
Textur verbinden, daß sie (zumahl im sattsamen<lb/>
Lichte und unter mäßiger Vergrößerung) aufs deut-<lb/>
lichste, klarste, durchschaut werden können.</p>
          <p rendition="#l1em #small">So im Gewächsreiche an manchen einfachen<lb/>
Wassermooßen, wie z. B. an der Brunnen-Con-<lb/>
ferve (<hi rendition="#aq">Conferva</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">fontinalis</hi></hi>) die sich in den ersten<lb/>
Frühlingstagen fortpflanzt.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0039] §. 9. Und dieß geschieht dann, wenn man an- nimmt, daß der reise, vorher zwar ungeformte, aber organisirbare Zeugungsstoff der Eltern, wenn er zu seiner Zeit, und unter den erforder- lichen Umständen an den Ort seiner Bestimmung gelangt, dann für eine in demselben nun zweck- mäßig wirkende Lebenskraft, nähmlich den Bil- dungstrieb (nisus formativus) zuerst empfäng- lich wird; Kraft dessen bey der Empfängniß die allmählige Ausbildung erfolgt; der aber auch die lebenswierige Erhaltung dieser zweck- mäßigen Bildung durch die Ernährung; und selbst wenn dieselbe durch Zufall gelitten haben sollte, so viel möglich die Wiederersetzung der- selben durch die Reproduction, bewirkt *). Anm. 1. Diese allmählige Ausbildung der neuen orga- sirten Körper ist am anschaulichsten an solchen zu betrachten, die mit einer ganz ansehnlichen Größe ein schnelles (so zu sagen zusehends merkliches) Wachsthum, und eine so zarte halbdurchsichtige Textur verbinden, daß sie (zumahl im sattsamen Lichte und unter mäßiger Vergrößerung) aufs deut- lichste, klarste, durchschaut werden können. So im Gewächsreiche an manchen einfachen Wassermooßen, wie z. B. an der Brunnen-Con- ferve (Conferva fontinalis) die sich in den ersten Frühlingstagen fortpflanzt. *) Dieß alles habe ich in der Schrift über den Bil- dungstrieb. Götting. 1791. 8. weiter ausgeführt, die ich nicht mit der unreifern Abhandlung, die unter einem ähnlichen Titel 1781. erschienen ist, zu verwechseln bitte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/39
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/39>, abgerufen am 21.11.2024.