Wenn ein weibliches Geschöpf der einen Gattung von einem männlichen einer andern Gat- tung befruchtet worden, so entstehen daraus Bastarde, deren Bildung aus der beiderley Eltern ihrer gleichsam zusammengeschmolzen ist. Da aber von der bestimmten Bildung der orga- nisirten Körper, besonders der Thiere, die be- hörige und für den Gang der Schöpfung so äußerst wichtige Vollziehung ihrer Geschäfte ab- hängt, so ist es eine weise Einrichtung in der Natur, daß erstens, wenigstens unter den roth- blütigen Thieren, in ihrem wilden Zustande mei- nes Wissens niemahls eine Paarung und Ver- mischung unter zweyerley Gattungen bemerkt worden; zweytens aber die Bastarde überhaupt mehrentheils unfruchtbar, und nur sehr selten im Stande sind, ihr Geschlecht weiter fortzupflanzen. Daher gehört es zu den seltnern Ausnahmen, wenn Maulthiere, oder die Bastarde von Hänf- lingen und Canarienvögeln zuweilen fruchtbar sind. Bey den Pflanzen gelingt es leichter, daß durch künstliche Befruchtung verschiedner Gat- tungen Bastarde hervor gebracht werden können, die fruchtbaren Samen tragen (- s. oben S. 15. -). Hingegen bedürfen die fabelhaften Sagen von vermeinten Bastarden aus der Ver- mischung vom Rindvieh und Pferden oder Eseln, und von Caninchen und Hühnern, oder vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hoffentlich keiner weitern Widerlegung.
§. 14.
Wenn ein weibliches Geschöpf der einen Gattung von einem männlichen einer andern Gat- tung befruchtet worden, so entstehen daraus Bastarde, deren Bildung aus der beiderley Eltern ihrer gleichsam zusammengeschmolzen ist. Da aber von der bestimmten Bildung der orga- nisirten Körper, besonders der Thiere, die be- hörige und für den Gang der Schöpfung so äußerst wichtige Vollziehung ihrer Geschäfte ab- hängt, so ist es eine weise Einrichtung in der Natur, daß erstens, wenigstens unter den roth- blütigen Thieren, in ihrem wilden Zustande mei- nes Wissens niemahls eine Paarung und Ver- mischung unter zweyerley Gattungen bemerkt worden; zweytens aber die Bastarde überhaupt mehrentheils unfruchtbar, und nur sehr selten im Stande sind, ihr Geschlecht weiter fortzupflanzen. Daher gehört es zu den seltnern Ausnahmen, wenn Maulthiere, oder die Bastarde von Hänf- lingen und Canarienvögeln zuweilen fruchtbar sind. Bey den Pflanzen gelingt es leichter, daß durch künstliche Befruchtung verschiedner Gat- tungen Bastarde hervor gebracht werden können, die fruchtbaren Samen tragen (– s. oben S. 15. –). Hingegen bedürfen die fabelhaften Sagen von vermeinten Bastarden aus der Ver- mischung vom Rindvieh und Pferden oder Eseln, und von Caninchen und Hühnern, oder vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hoffentlich keiner weitern Widerlegung.
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§. 14.
Wenn ein weibliches Geschöpf der einen
Gattung von einem männlichen einer andern Gat-
tung befruchtet worden, so entstehen daraus
Bastarde, deren Bildung aus der beiderley
Eltern ihrer gleichsam zusammengeschmolzen ist.
Da aber von der bestimmten Bildung der orga-
nisirten Körper, besonders der Thiere, die be-
hörige und für den Gang der Schöpfung so
äußerst wichtige Vollziehung ihrer Geschäfte ab-
hängt, so ist es eine weise Einrichtung in der
Natur, daß erstens, wenigstens unter den roth-
blütigen Thieren, in ihrem wilden Zustande mei-
nes Wissens niemahls eine Paarung und Ver-
mischung unter zweyerley Gattungen bemerkt
worden; zweytens aber die Bastarde überhaupt
mehrentheils unfruchtbar, und nur sehr selten im
Stande sind, ihr Geschlecht weiter fortzupflanzen.
Daher gehört es zu den seltnern Ausnahmen,
wenn Maulthiere, oder die Bastarde von Hänf-
lingen und Canarienvögeln zuweilen fruchtbar
sind. Bey den Pflanzen gelingt es leichter, daß
durch künstliche Befruchtung verschiedner Gat-
tungen Bastarde hervor gebracht werden können,
die fruchtbaren Samen tragen (– s. oben
S. 15. –). Hingegen bedürfen die fabelhaften
Sagen von vermeinten Bastarden aus der Ver-
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/44>, abgerufen am 21.11.2024.
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