Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 8. Aufl. Göttingen, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

Mißgeburten in dem angegebnen Sinne.
Oft hat man hingegen bey Leichenöffnungen
wohlgebildeter Menschen manche ihrer Ein-
geweide in ganz verkehrter Lage gefun-
den -).

3) M. G. denen ganze Glieder mangeln.
Monstra per defectum. Unter diesen die
lehrreichsten.

4) M. G. mit überzähligen Gliedern. Mon-
stra per excessum
. Die gemeinsten (-
selbst nicht selten unter wilden Thieren
z. B. Hasen -). Theils gar erblich, wie
z. B. in den sechsfingrigen Familien, und
bey Hühnern mit fünf oder sechs Zehen.

Anm. Die auffallende Aehnlichkeit unter so vielen
Monstrositäten beweiset, daß auch selbst diese Ab-
weichungen des Bildungstriebes dennoch bestimm-
ten Gesetzen folgen müssen; so wie hingegen die
bekannte Erfahrung, daß die Hausthiere seit ihrer
Unterjochung und die cultivirten Gartenpflanzen
denselben weit mehr als in ihrem wilden Zustande
unterworfen sind (daß z. B. Mißgeburten unter
den Hausschweinen so häufig, unter den wilden
Schweinen hingegen fast unerhört sind), sich mit
der Lehre der Evolutionisten, daß die Keime die-
ser Mißgeburten ebenfalls seit der ersten Schöpfung
schon monströs präformirt eingeschachtelt ge-
legen, wohl schwerlich zusammen reimen läßt.

§. 13.

Zwitter nennt man zwar im engern Sinne
bloß solche einzelne Individua von organisirten
Körpern, bey welchen widernatürlicher Weise

Mißgeburten in dem angegebnen Sinne.
Oft hat man hingegen bey Leichenöffnungen
wohlgebildeter Menschen manche ihrer Ein-
geweide in ganz verkehrter Lage gefun-
den –).

3) M. G. denen ganze Glieder mangeln.
Monstra per defectum. Unter diesen die
lehrreichsten.

4) M. G. mit überzähligen Gliedern. Mon-
stra per excessum
. Die gemeinsten (–
selbst nicht selten unter wilden Thieren
z. B. Hasen –). Theils gar erblich, wie
z. B. in den sechsfingrigen Familien, und
bey Hühnern mit fünf oder sechs Zehen.

Anm. Die auffallende Aehnlichkeit unter so vielen
Monstrositäten beweiset, daß auch selbst diese Ab-
weichungen des Bildungstriebes dennoch bestimm-
ten Gesetzen folgen müssen; so wie hingegen die
bekannte Erfahrung, daß die Hausthiere seit ihrer
Unterjochung und die cultivirten Gartenpflanzen
denselben weit mehr als in ihrem wilden Zustande
unterworfen sind (daß z. B. Mißgeburten unter
den Hausschweinen so häufig, unter den wilden
Schweinen hingegen fast unerhört sind), sich mit
der Lehre der Evolutionisten, daß die Keime die-
ser Mißgeburten ebenfalls seit der ersten Schöpfung
schon monströs präformirt eingeschachtelt ge-
legen, wohl schwerlich zusammen reimen läßt.

§. 13.

Zwitter nennt man zwar im engern Sinne
bloß solche einzelne Individua von organisirten
Körpern, bey welchen widernatürlicher Weise

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000030">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p rendition="#indent-1"><pb facs="#f0046" xml:id="pb022_0001" n="22"/>
Mißgeburten in dem angegebnen Sinne.<lb/>
Oft hat man                         hingegen bey Leichenöffnungen<lb/>
wohlgebildeter Menschen manche ihrer                         Ein-<lb/>
geweide in ganz verkehrter Lage gefun-<lb type="inWord"/>
den &#x2013;).</p>
          <p rendition="#indent-1">3) M. G. denen ganze Glieder mangeln.<lb/><hi rendition="#aq">Monstra per defectum</hi>. Unter diesen                         die<lb/>
lehrreichsten.</p>
          <p rendition="#indent-1">4) M. G. mit überzähligen Gliedern. <hi rendition="#aq">Mon-<lb/>
stra per excessum</hi>. Die gemeinsten (&#x2013;<lb/>
selbst                         nicht selten unter wilden Thieren<lb/>
z. B. Hasen &#x2013;). Theils gar erblich,                         wie<lb/>
z. B. in den sechsfingrigen Familien, und<lb/>
bey Hühnern mit fünf                         oder sechs Zehen.</p>
          <p rendition="#indent-1 #small">Anm. Die auffallende Aehnlichkeit unter so                         vielen<lb/>
Monstrositäten beweiset, daß auch selbst diese Ab-<lb type="inWord"/>
weichungen des Bildungstriebes dennoch bestimm-<lb type="inWord"/>
ten Gesetzen folgen müssen; so wie hingegen die<lb/>
bekannte                         Erfahrung, daß die Hausthiere seit ihrer<lb/>
Unterjochung und die                         cultivirten Gartenpflanzen<lb/>
denselben weit mehr als in ihrem wilden                         Zustande<lb/>
unterworfen sind (daß z. B. Mißgeburten unter<lb/>
den                         Hausschweinen so häufig, unter den wilden<lb/>
Schweinen hingegen fast                         unerhört sind), sich mit<lb/>
der Lehre der Evolutionisten, daß die Keime                         die-<lb/>
ser Mißgeburten ebenfalls seit der ersten                         Schöpfung<lb/>
schon monströs präformirt eingeschachtelt ge-<lb/>
legen, wohl schwerlich zusammen reimen läßt.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 13.</head><lb/>
          <p>Zwitter nennt man zwar im engern Sinne<lb/>
bloß solche einzelne Individua von                         organisirten<lb/>
Körpern, bey welchen widernatürlicher Weise<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0046] Mißgeburten in dem angegebnen Sinne. Oft hat man hingegen bey Leichenöffnungen wohlgebildeter Menschen manche ihrer Ein- geweide in ganz verkehrter Lage gefun- den –). 3) M. G. denen ganze Glieder mangeln. Monstra per defectum. Unter diesen die lehrreichsten. 4) M. G. mit überzähligen Gliedern. Mon- stra per excessum. Die gemeinsten (– selbst nicht selten unter wilden Thieren z. B. Hasen –). Theils gar erblich, wie z. B. in den sechsfingrigen Familien, und bey Hühnern mit fünf oder sechs Zehen. Anm. Die auffallende Aehnlichkeit unter so vielen Monstrositäten beweiset, daß auch selbst diese Ab- weichungen des Bildungstriebes dennoch bestimm- ten Gesetzen folgen müssen; so wie hingegen die bekannte Erfahrung, daß die Hausthiere seit ihrer Unterjochung und die cultivirten Gartenpflanzen denselben weit mehr als in ihrem wilden Zustande unterworfen sind (daß z. B. Mißgeburten unter den Hausschweinen so häufig, unter den wilden Schweinen hingegen fast unerhört sind), sich mit der Lehre der Evolutionisten, daß die Keime die- ser Mißgeburten ebenfalls seit der ersten Schöpfung schon monströs präformirt eingeschachtelt ge- legen, wohl schwerlich zusammen reimen läßt. §. 13. Zwitter nennt man zwar im engern Sinne bloß solche einzelne Individua von organisirten Körpern, bey welchen widernatürlicher Weise

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1807/46
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 8. Aufl. Göttingen, 1807, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1807/46>, abgerufen am 21.11.2024.