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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814.

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die Vollkommenheit und den Zusammenbang der-
selben darin suchen zu wollen, daß die Natur (wie
man sich ausdrückt) keinen Sprung thue, weil
die Geschöpfe in Rücksicht ihrer äußern form
so sein stufenweise auf einander folgten, das wäre
doch schon an sich eine vermessene Schwachheit,
wenn sie auch nicht, wie doch der Fall ist, bey
ernsterer Prüfung sich selbst widerlegte.*)

Denn man braucht bloß die noch so kunstreich
und sorgfältig angelegten Entwürfe von solchen
Stufenfolgen in der Reihe der Geschöpfe näher zu
beleuchten, um einzusehen, wie sehr darin einer-
seits sich ganze Haufen von Geschöpfen ähnlicher
Bildung in Geschlechtern von fast unübersehlich
zahlreichen Gattungen (zumahl unter den Insecten
und Gewürmen, aber auch im Pflanzenreiche) zu-
sammen drängen, und andere dagegen gleichsam
isolirt stehen, weil sie wegen ihrer ausgezeichneten
ganz eignen Bildung nicht ohne sichtlichen Zwang
in einer solchen Leiter der Natur irgendwo einge-
schoben und untergebracht werden können (wie
z. B. die ganze Classe der Vögel; die Schildkröten,
die schon gedachten Sepien u. a.m) - Ferner aber
finden sich Thiere, bey welchen, wie z. B. bey den
Schildläusen, Männchen und Weibchen eine so
durchaus ganz verschieden Gestaltung haben, daß
man folglich in der gedachten Leiter die einen von
den andern trennen und nach dieser so sehr ver-
schiedenen Sexualform beyden auf weit von einan-
der entfernten Sprossen ihre verschiedenen Stellen
anweisen müßte. - Nun dann zeigen sich Lücken
in der Leiter, wo offenbar ohne einen sehr gewagten
Sprung gar nicht über zu kommen ist, wie zu
Einem Beyspiel statt aller, die zwischen den orga-
nisirten Körpern und den Mineralien u. s. w.

So mangelhaft aber überhaupt die bildlichen
Vorstellungen von Kette der Natur u. dergl. ge-
rathen müssen, so ganz grundlos ist nun vollends
gar die vermessene Behauptung mancher Physico-

*) Mehreres hierüber habe ich in den zweyten Ausg.
der Beyträge zur Naturgeschichte I. Th. S. 106
u. f. gesagt.

die Vollkommenheit und den Zusammenbang der-
selben darin suchen zu wollen, daß die Natur (wie
man sich ausdrückt) keinen Sprung thue, weil
die Geschöpfe in Rücksicht ihrer äußern form
so sein stufenweise auf einander folgten, das wäre
doch schon an sich eine vermessene Schwachheit,
wenn sie auch nicht, wie doch der Fall ist, bey
ernsterer Prüfung sich selbst widerlegte.*)

Denn man braucht bloß die noch so kunstreich
und sorgfältig angelegten Entwürfe von solchen
Stufenfolgen in der Reihe der Geschöpfe näher zu
beleuchten, um einzusehen, wie sehr darin einer-
seits sich ganze Haufen von Geschöpfen ähnlicher
Bildung in Geschlechtern von fast unübersehlich
zahlreichen Gattungen (zumahl unter den Insecten
und Gewürmen, aber auch im Pflanzenreiche) zu-
sammen drängen, und andere dagegen gleichsam
isolirt stehen, weil sie wegen ihrer ausgezeichneten
ganz eignen Bildung nicht ohne sichtlichen Zwang
in einer solchen Leiter der Natur irgendwo einge-
schoben und untergebracht werden können (wie
z. B. die ganze Classe der Vögel; die Schildkröten,
die schon gedachten Sepien u. a.m) – Ferner aber
finden sich Thiere, bey welchen, wie z. B. bey den
Schildläusen, Männchen und Weibchen eine so
durchaus ganz verschieden Gestaltung haben, daß
man folglich in der gedachten Leiter die einen von
den andern trennen und nach dieser so sehr ver-
schiedenen Sexualform beyden auf weit von einan-
der entfernten Sprossen ihre verschiedenen Stellen
anweisen müßte. – Nun dann zeigen sich Lücken
in der Leiter, wo offenbar ohne einen sehr gewagten
Sprung gar nicht über zu kommen ist, wie zu
Einem Beyspiel statt aller, die zwischen den orga-
nisirten Körpern und den Mineralien u. s. w.

So mangelhaft aber überhaupt die bildlichen
Vorstellungen von Kette der Natur u. dergl. ge-
rathen müssen, so ganz grundlos ist nun vollends
gar die vermessene Behauptung mancher Physico-

*) Mehreres hierüber habe ich in den zweyten Ausg.
der Beyträge zur Naturgeschichte I. Th. S. 106
u. f. gesagt.
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[9/0027] die Vollkommenheit und den Zusammenbang der- selben darin suchen zu wollen, daß die Natur (wie man sich ausdrückt) keinen Sprung thue, weil die Geschöpfe in Rücksicht ihrer äußern form so sein stufenweise auf einander folgten, das wäre doch schon an sich eine vermessene Schwachheit, wenn sie auch nicht, wie doch der Fall ist, bey ernsterer Prüfung sich selbst widerlegte. *) Denn man braucht bloß die noch so kunstreich und sorgfältig angelegten Entwürfe von solchen Stufenfolgen in der Reihe der Geschöpfe näher zu beleuchten, um einzusehen, wie sehr darin einer- seits sich ganze Haufen von Geschöpfen ähnlicher Bildung in Geschlechtern von fast unübersehlich zahlreichen Gattungen (zumahl unter den Insecten und Gewürmen, aber auch im Pflanzenreiche) zu- sammen drängen, und andere dagegen gleichsam isolirt stehen, weil sie wegen ihrer ausgezeichneten ganz eignen Bildung nicht ohne sichtlichen Zwang in einer solchen Leiter der Natur irgendwo einge- schoben und untergebracht werden können (wie z. B. die ganze Classe der Vögel; die Schildkröten, die schon gedachten Sepien u. a.m) – Ferner aber finden sich Thiere, bey welchen, wie z. B. bey den Schildläusen, Männchen und Weibchen eine so durchaus ganz verschieden Gestaltung haben, daß man folglich in der gedachten Leiter die einen von den andern trennen und nach dieser so sehr ver- schiedenen Sexualform beyden auf weit von einan- der entfernten Sprossen ihre verschiedenen Stellen anweisen müßte. – Nun dann zeigen sich Lücken in der Leiter, wo offenbar ohne einen sehr gewagten Sprung gar nicht über zu kommen ist, wie zu Einem Beyspiel statt aller, die zwischen den orga- nisirten Körpern und den Mineralien u. s. w. So mangelhaft aber überhaupt die bildlichen Vorstellungen von Kette der Natur u. dergl. ge- rathen müssen, so ganz grundlos ist nun vollends gar die vermessene Behauptung mancher Physico- *) Mehreres hierüber habe ich in den zweyten Ausg. der Beyträge zur Naturgeschichte I. Th. S. 106 u. f. gesagt.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/27>, abgerufen am 21.11.2024.