Dagegen ist er ausschließlich im Besitz der Ver- nunft (§. 37.), und der dadurch von ihm selbst erfundenen Rede oder Sprache (loquela), die nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) ver- wechselt werden darf (§. 25.), als welche auch den ganz jungen und selbst den stummgebornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bey- den ausschließlichen Vorzügen das große aus- schließliche Eigenthum der Menschenspecies, wo- durch sie über die ganze übrige thierische Schöpfung erhoben wird, das Vermögen sich selbst zu ver- vollkommnen.
Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfs- bedürftiges Geschöpf. Kein andres Thier außer ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät erst sein Gebiß, lernt so sehr späht erst auf seinen Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst eine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können; daher denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen zahl- losen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na- türliche Bestimmung des Menschen zur gesell- schaftlichen Verbindung. Nicht ganz so allge- mein läßt sich hingegen vor der Hand noch ent- scheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der gebornen Knäbchen und Mäd- chen, und die Dauer der Zeit und der Fortpflanzungs- fähigkeit bey beyden Geschlechtern so gleich sey, daß der Mensch überall so wie in Europa zur Monogamie bestimmt werde.
Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind Beyde unbeschränkt; er bewohnt die ganze be-
Dagegen ist er ausschließlich im Besitz der Ver- nunft (§. 37.), und der dadurch von ihm selbst erfundenen Rede oder Sprache (loquela), die nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) ver- wechselt werden darf (§. 25.), als welche auch den ganz jungen und selbst den stummgebornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bey- den ausschließlichen Vorzügen das große aus- schließliche Eigenthum der Menschenspecies, wo- durch sie über die ganze übrige thierische Schöpfung erhoben wird, das Vermögen sich selbst zu ver- vollkommnen.
Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfs- bedürftiges Geschöpf. Kein andres Thier außer ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät erst sein Gebiß, lernt so sehr späht erst auf seinen Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst eine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können; daher denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen zahl- losen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na- türliche Bestimmung des Menschen zur gesell- schaftlichen Verbindung. Nicht ganz so allge- mein läßt sich hingegen vor der Hand noch ent- scheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der gebornen Knäbchen und Mäd- chen, und die Dauer der Zeit und der Fortpflanzungs- fähigkeit bey beyden Geschlechtern so gleich sey, daß der Mensch überall so wie in Europa zur Monogamie bestimmt werde.
Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind Beyde unbeschränkt; er bewohnt die ganze be-
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Dagegen ist er ausschließlich im Besitz der Ver-
nunft (§. 37.), und der dadurch von ihm selbst
erfundenen Rede oder Sprache (loquela), die
nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) ver-
wechselt werden darf (§. 25.), als welche auch
den ganz jungen und selbst den stummgebornen
Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bey-
den ausschließlichen Vorzügen das große aus-
schließliche Eigenthum der Menschenspecies, wo-
durch sie über die ganze übrige thierische Schöpfung
erhoben wird, das Vermögen sich selbst zu ver-
vollkommnen.
Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfs-
bedürftiges Geschöpf. Kein andres Thier außer
ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät
erst sein Gebiß, lernt so sehr späht erst auf seinen
Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar
u. s. w. Selbst eine großen Vorzüge, Vernunft
und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von
selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur
und Erziehung entwickeln können; daher denn bey
dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen zahl-
losen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na-
türliche Bestimmung des Menschen zur gesell-
schaftlichen Verbindung. Nicht ganz so allge-
mein läßt sich hingegen vor der Hand noch ent-
scheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion
in der Anzahl der gebornen Knäbchen und Mäd-
chen, und die Dauer der Zeit und der Fortpflanzungs-
fähigkeit bey beyden Geschlechtern so gleich sey,
daß der Mensch überall so wie in Europa zur
Monogamie bestimmt werde.
Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/84>, abgerufen am 23.11.2024.
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