Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Die vermuthliche wilde Stammrace*) ist in
Hindustan zu Hause; von rothbrauner Farbe, und
zeichnet sich durch flache hornichte Blättchen an den
Spitzen der Hals- und Flügelfedern aus (die den
zinnoberrothen Flügelblättchen des Seidenschwan-
zes ähneln). Der Haushahn hingegen ist meist über
die ganze Erde verbreitet. Doch ist er erst durch die
Spanier nach Amerika gebracht: hingegen auf vielen
Inseln der Südsee bey ihrer Entdeckung von den
Europäern schon vorgefunden worden. Das Huhn
ist bey der Menge Eyer, die es legt, und seinem
oftmahligen Brüten eines der allernutzbarsten Thiere
der ganzen Classe. Und die Hahnen-Gefechte längst
und in mehreren Welttheilen ein beliebtes Volks-
schauspiel.

Die Hühner sind, unter den Hausthieren dieser
Classe in die allermannigfaltigsten und auffallendsten
Racen und Spielarten degenerirt. Theils in wahre
zum erblichen Schlag gewordene Monstrositäten**);
sowohl per defectum (- s. oben S. 22 -), wie
der ungeschwänzte Kluthahn; als per excessum
(- a. a. O. -), wie z. B. mit 5 oder gar 6
Zehen***).

Unter den übrigen Abarten verdienen besonders
bemerkt zu werden:

a) Der Paduanerhahn, wohl noch einmahl
so groß als der gemeine Haushahn.

*) Sonnerat voyag. aux Indes. vol. II. tab. 94. 95.
**) Sogar, daß bey den sogenannten Hollen- oder Hauben-
Hühnern
, mit dem dichten Federbusch auf dem Kopfe, der
Stirntheil der Hirnschale wie zu einer monströsen das große
oder eigentlich sogenannte Gehirn fassenden Blase aufgetrieben
wird. Eine in ihrer Art einzige erbliche Abweichung des Bil-
dungstriebes, die ich in der Commentatio de nisus formativi
abberationibus
genauer beschrieben und durch anatomische Ab-
bildung erläutert habe.
***) Von der bekannten, aber doch immer physiologisch merkwür-
digen Künsteley, einem Hahn seinen Sporn auf den Kopf
einzupfropfen, s. Duhamel in den Mem. de l'ac. des sc. de
Paris
vom Jahr 1746. S. 349 u. f.

Die vermuthliche wilde Stammrace*) ist in
Hindustan zu Hause; von rothbrauner Farbe, und
zeichnet sich durch flache hornichte Blättchen an den
Spitzen der Hals- und Flügelfedern aus (die den
zinnoberrothen Flügelblättchen des Seidenschwan-
zes ähneln). Der Haushahn hingegen ist meist über
die ganze Erde verbreitet. Doch ist er erst durch die
Spanier nach Amerika gebracht: hingegen auf vielen
Inseln der Südsee bey ihrer Entdeckung von den
Europäern schon vorgefunden worden. Das Huhn
ist bey der Menge Eyer, die es legt, und seinem
oftmahligen Brüten eines der allernutzbarsten Thiere
der ganzen Classe. Und die Hahnen-Gefechte längst
und in mehreren Welttheilen ein beliebtes Volks-
schauspiel.

Die Hühner sind, unter den Hausthieren dieser
Classe in die allermannigfaltigsten und auffallendsten
Racen und Spielarten degenerirt. Theils in wahre
zum erblichen Schlag gewordene Monstrositäten**);
sowohl per defectum (– s. oben S. 22 –), wie
der ungeschwänzte Kluthahn; als per excessum
(– a. a. O. –), wie z. B. mit 5 oder gar 6
Zehen***).

Unter den übrigen Abarten verdienen besonders
bemerkt zu werden:

a) Der Paduanerhahn, wohl noch einmahl
so groß als der gemeine Haushahn.

*) Sonnerat voyag. aux Indes. vol. II. tab. 94. 95.
**) Sogar, daß bey den sogenannten Hollen- oder Hauben-
Hühnern
, mit dem dichten Federbusch auf dem Kopfe, der
Stirntheil der Hirnschale wie zu einer monströsen das große
oder eigentlich sogenannte Gehirn fassenden Blase aufgetrieben
wird. Eine in ihrer Art einzige erbliche Abweichung des Bil-
dungstriebes, die ich in der Commentatio de nisus formativi
abberationibus
genauer beschrieben und durch anatomische Ab-
bildung erläutert habe.
***) Von der bekannten, aber doch immer physiologisch merkwür-
digen Künsteley, einem Hahn seinen Sporn auf den Kopf
einzupfropfen, s. Duhamel in den Mém. de l'ac. des sc. de
Paris
vom Jahr 1746. S. 349 u. f.
<TEI xml:lang="de-DE">
  <text xml:id="blume_hbnatur_000041">
    <group>
      <text xml:id="blume_hbnatur_000041_1" n="1">
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <div n="3">
                <pb facs="#f0183" xml:id="pb164_01_0001" n="164"/>
                <p rendition="#l1em">Die vermuthliche wilde Stammrace<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Sonnerat</hi></hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">voyag. aux Indes</hi></hi>. <hi rendition="#aq">vol</hi>. II. <hi rendition="#aq">tab</hi>. 94. 95.</p></note> ist in<lb/>
Hindustan zu Hause; von rothbrauner Farbe, und<lb/>
zeichnet sich durch flache hornichte Blättchen an den<lb/>
Spitzen der Hals- und Flügelfedern aus (die den<lb/>
zinnoberrothen Flügelblättchen des Seidenschwan-<lb/>
zes ähneln). Der Haushahn hingegen ist meist über<lb/>
die ganze Erde verbreitet. Doch ist er erst durch die<lb/>
Spanier nach Amerika gebracht: hingegen auf vielen<lb/>
Inseln der Südsee bey ihrer Entdeckung von den<lb/>
Europäern schon vorgefunden worden. Das Huhn<lb/>
ist bey der Menge Eyer, die es legt, und seinem<lb/>
oftmahligen Brüten eines der allernutzbarsten Thiere<lb/>
der ganzen Classe. Und die Hahnen-Gefechte längst<lb/>
und in mehreren Welttheilen ein beliebtes Volks-<lb/>
schauspiel.</p>
                <p rendition="#l1em">Die Hühner sind, unter den Hausthieren dieser<lb/>
Classe in die allermannigfaltigsten und auffallendsten<lb/>
Racen und Spielarten degenerirt. Theils in wahre<lb/>
zum erblichen Schlag gewordene Monstrositäten<note anchored="true" place="foot" n="**)"><p>Sogar, daß bey den sogenannten <hi rendition="#g">Hollen</hi>- oder <hi rendition="#g">Hauben-<lb/>
Hühnern</hi>, mit dem dichten Federbusch auf dem Kopfe, der<lb/>
Stirntheil der Hirnschale wie zu einer monströsen das große<lb/>
oder eigentlich sogenannte Gehirn fassenden Blase aufgetrieben<lb/>
wird. Eine in ihrer Art einzige erbliche Abweichung des Bil-<lb/>
dungstriebes, die ich in der <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Commentatio de nisus formativi<lb/>
abberationibus</hi></hi> genauer beschrieben und durch anatomische Ab-<lb/>
bildung erläutert habe.</p></note>;<lb/>
sowohl <hi rendition="#aq">per defectum</hi> (&#x2013; s. oben S. 22 &#x2013;), wie<lb/>
der ungeschwänzte <hi rendition="#g">Kluthahn</hi>; als <hi rendition="#aq">per excessum</hi><lb/>
(&#x2013; a. a. O. &#x2013;), wie z. B. mit 5 oder gar 6<lb/>
Zehen<note anchored="true" place="foot" n="***)"><p>Von der bekannten, aber doch immer physiologisch merkwür-<lb/>
digen <hi rendition="#g">Künsteley</hi>, einem Hahn seinen Sporn auf den Kopf<lb/>
einzupfropfen, s. <hi rendition="#g"><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Duhamel</hi></hi></hi> in den <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Mém. de l'ac. des sc. de<lb/>
Paris</hi></hi> vom Jahr 1746. S. 349 u. f.</p></note>.</p>
                <p rendition="#l1em">Unter den übrigen Abarten verdienen besonders<lb/>
bemerkt zu werden:</p>
                <p rendition="#indent-2"><hi rendition="#aq">a</hi>) Der <hi rendition="#g">Paduanerhahn</hi>, wohl noch einmahl<lb/>
so groß als der gemeine Haushahn.</p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </body>
      </text>
    </group>
  </text>
</TEI>
[164/0183] Die vermuthliche wilde Stammrace *) ist in Hindustan zu Hause; von rothbrauner Farbe, und zeichnet sich durch flache hornichte Blättchen an den Spitzen der Hals- und Flügelfedern aus (die den zinnoberrothen Flügelblättchen des Seidenschwan- zes ähneln). Der Haushahn hingegen ist meist über die ganze Erde verbreitet. Doch ist er erst durch die Spanier nach Amerika gebracht: hingegen auf vielen Inseln der Südsee bey ihrer Entdeckung von den Europäern schon vorgefunden worden. Das Huhn ist bey der Menge Eyer, die es legt, und seinem oftmahligen Brüten eines der allernutzbarsten Thiere der ganzen Classe. Und die Hahnen-Gefechte längst und in mehreren Welttheilen ein beliebtes Volks- schauspiel. Die Hühner sind, unter den Hausthieren dieser Classe in die allermannigfaltigsten und auffallendsten Racen und Spielarten degenerirt. Theils in wahre zum erblichen Schlag gewordene Monstrositäten **); sowohl per defectum (– s. oben S. 22 –), wie der ungeschwänzte Kluthahn; als per excessum (– a. a. O. –), wie z. B. mit 5 oder gar 6 Zehen ***). Unter den übrigen Abarten verdienen besonders bemerkt zu werden: a) Der Paduanerhahn, wohl noch einmahl so groß als der gemeine Haushahn. *) Sonnerat voyag. aux Indes. vol. II. tab. 94. 95. **) Sogar, daß bey den sogenannten Hollen- oder Hauben- Hühnern, mit dem dichten Federbusch auf dem Kopfe, der Stirntheil der Hirnschale wie zu einer monströsen das große oder eigentlich sogenannte Gehirn fassenden Blase aufgetrieben wird. Eine in ihrer Art einzige erbliche Abweichung des Bil- dungstriebes, die ich in der Commentatio de nisus formativi abberationibus genauer beschrieben und durch anatomische Ab- bildung erläutert habe. ***) Von der bekannten, aber doch immer physiologisch merkwür- digen Künsteley, einem Hahn seinen Sporn auf den Kopf einzupfropfen, s. Duhamel in den Mém. de l'ac. des sc. de Paris vom Jahr 1746. S. 349 u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/183
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/183>, abgerufen am 14.05.2024.