Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.§. 7. Sich die Entstehung der organisirten Körper *) "Denn"(so sagt Haller, das Haupt der neueren Evolutioni- sten -) "alle Ein geweide und die Knochen selbst waren schonUnd das ist doch wenigstens bestimmte Sprache.Wenn hingegen einige Neuere, um die Evolutionshypothe- se mit der Lehre von der allmählichen Bildung zu vereinba- ren, zwar zugeben, daß der Zeugungsstoff nicht präformirt sey, aber doch meinen, daß er dessen ungeachtet einen Keim ent- halte, der dennoch was anders sey, als ungeformter Zeu- gungsstoff etc., so sind das unbestimmte, leere Ausdrücke. Wenigstens geht mir es dann mit solchen Quasi-Keimen, wie dem Cicero mit dem quasi corpus des Gottes der Epicuräer, wovon er sagt: "corpus quid sit, intelligo: quasi corpus quid **) S. Kant a. a. Q. S. 372. ***) Physische Kräfte überhaupt - im Gegensatz jener hy-
perphysischen Anstalten. §. 7. Sich die Entstehung der organisirten Körper *) „Denn“(so sagt Haller, das Haupt der neueren Evolutioni- sten –) „alle Ein geweide und die Knochen selbst waren schonUnd das ist doch wenigstens bestimmte Sprache.Wenn hingegen einige Neuere, um die Evolutionshypothe- se mit der Lehre von der allmählichen Bildung zu vereinba- ren, zwar zugeben, daß der Zeugungsstoff nicht präformirt sey, aber doch meinen, daß er dessen ungeachtet einen Keim ent- halte, der dennoch was anders sey, als ungeformter Zeu- gungsstoff ꝛc., so sind das unbestimmte, leere Ausdrücke. Wenigstens geht mir es dann mit solchen Quasi-Keimen, wie dem Cicero mit dem quasi corpus des Gottes der Epicuräer, wovon er sagt: „corpus quid sit, intelligo: quasi corpus quid **) S. Kant a. a. Q. S. 372. ***) Physische Kräfte überhaupt – im Gegensatz jener hy-
perphysischen Anstalten. <TEI xml:lang="de-DE"> <text xml:id="blume_hbnatur_000041"> <group> <text xml:id="blume_hbnatur_000041_1" n="1"> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0031" xml:id="pb012_01_0001" n="12"/> <head rendition="#c">§. 7.</head><lb/> <p>Sich die <hi rendition="#g">Entstehung</hi> der organisirten Körper<lb/> zu erklären, hat man, zumahl neuerlich, die so ge-<lb/> nannte <hi rendition="#g">Evolutions</hi>-Hypothese bequem gefunden,<lb/> und gemeint, es werde gar kein Mensch, und kein<lb/> anderes Thier, und keine Pflanze erzeugt, – sondern<lb/> sie lägen alle schon seit der ersten Schöpfung als <hi rendition="#g">völlig<lb/> präformirte Keime</hi><note anchored="true" place="foot" n="*)"><p><q>„Denn“</q> (so sagt <hi rendition="#g">Haller</hi>, das Haupt der neueren Evolutioni-<lb/> sten –) <q type="preline">„alle Ein geweide und die Knochen selbst waren schon<lb/> im unsichtbaren Keim vorhero gebaut gegenwärtig, obgleich<lb/> in einem fast flüssigen Zustande.“</q> </p><p>Und das ist doch wenigstens bestimmte Sprache.</p><p>Wenn hingegen einige Neuere, um die Evolutionshypothe-<lb/> se mit der Lehre von der allmählichen Bildung zu vereinba-<lb/> ren, zwar zugeben, daß der Zeugungsstoff nicht präformirt sey,<lb/> aber doch meinen, daß er dessen ungeachtet einen Keim ent-<lb/> halte, der dennoch was anders sey, als ungeformter Zeu-<lb/> gungsstoff ꝛc., so sind das unbestimmte, leere Ausdrücke.<lb/> Wenigstens geht mir es dann mit solchen <hi rendition="#aq">Quasi-</hi>Keimen, wie<lb/> dem <hi rendition="#g">Cicero</hi> mit dem <hi rendition="#aq">quasi corpus</hi> des Gottes der Epicuräer,<lb/> wovon er sagt: <q>„<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">corpus</hi></hi> <hi rendition="#aq">quid sit, intelligo</hi>: <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">quasi corpus</hi></hi> <hi rendition="#aq">quid<lb/> sit, nullo prorsus modo intelligo</hi>.“</q> </p></note> bey ihren Ältern und Vor-<lb/> fahren längstens vorräthig, die verschiedenen Genera-<lb/> tionen steckten, gleichsam wie eingepackte Schachteln,<lb/> in einander, und würden nur nach und nach, so wie<lb/> die Reihe an sie käme, durch die Befruchtung entwi-<lb/> ckelt und ans Licht gebracht. – Eine Meinung, die<lb/> doch schon sowohl durch den dabey erforderlichen Auf-<lb/> wand von <hi rendition="#g">übernatürlichen</hi> (<hi rendition="#g">hyperphysischen</hi>)<lb/> Anstalten<note anchored="true" place="foot" n="**)"><p>S. <hi rendition="#g">Kant</hi> a. a. Q. S. 372.</p></note>, als durch die, allen Gesetzen einer phi-<lb/> losophischen Naturforschung zuwiderlaufende unnütze<lb/><hi rendition="#g">Vervielfältigung</hi> der natürlichen (<hi rendition="#g">physi-<lb/> schen</hi>)<note anchored="true" place="foot" n="***)"><p><hi rendition="#g">Physische</hi> Kräfte überhaupt – im Gegensatz jener <hi rendition="#g">hy-<lb/> perphysischen</hi> Anstalten.</p></note> Kräfte, und durch die unübersehliche Men-<lb/> ge von <hi rendition="#g">zwecklosen Schöpfungen</hi> aller der zahl-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </group> </text> </TEI> [12/0031]
§. 7.
Sich die Entstehung der organisirten Körper
zu erklären, hat man, zumahl neuerlich, die so ge-
nannte Evolutions-Hypothese bequem gefunden,
und gemeint, es werde gar kein Mensch, und kein
anderes Thier, und keine Pflanze erzeugt, – sondern
sie lägen alle schon seit der ersten Schöpfung als völlig
präformirte Keime *) bey ihren Ältern und Vor-
fahren längstens vorräthig, die verschiedenen Genera-
tionen steckten, gleichsam wie eingepackte Schachteln,
in einander, und würden nur nach und nach, so wie
die Reihe an sie käme, durch die Befruchtung entwi-
ckelt und ans Licht gebracht. – Eine Meinung, die
doch schon sowohl durch den dabey erforderlichen Auf-
wand von übernatürlichen (hyperphysischen)
Anstalten **), als durch die, allen Gesetzen einer phi-
losophischen Naturforschung zuwiderlaufende unnütze
Vervielfältigung der natürlichen (physi-
schen) ***) Kräfte, und durch die unübersehliche Men-
ge von zwecklosen Schöpfungen aller der zahl-
*) „Denn“ (so sagt Haller, das Haupt der neueren Evolutioni-
sten –) „alle Ein geweide und die Knochen selbst waren schon
im unsichtbaren Keim vorhero gebaut gegenwärtig, obgleich
in einem fast flüssigen Zustande.“
Und das ist doch wenigstens bestimmte Sprache.
Wenn hingegen einige Neuere, um die Evolutionshypothe-
se mit der Lehre von der allmählichen Bildung zu vereinba-
ren, zwar zugeben, daß der Zeugungsstoff nicht präformirt sey,
aber doch meinen, daß er dessen ungeachtet einen Keim ent-
halte, der dennoch was anders sey, als ungeformter Zeu-
gungsstoff ꝛc., so sind das unbestimmte, leere Ausdrücke.
Wenigstens geht mir es dann mit solchen Quasi-Keimen, wie
dem Cicero mit dem quasi corpus des Gottes der Epicuräer,
wovon er sagt: „corpus quid sit, intelligo: quasi corpus quid
sit, nullo prorsus modo intelligo.“
**) S. Kant a. a. Q. S. 372.
***) Physische Kräfte überhaupt – im Gegensatz jener hy-
perphysischen Anstalten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Akademie der Wissenschaften zu Göttingen: Projektträger
Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2013-08-26T09:00:15Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |