Mollusken Geschlechter, wie z. B. die Sepien, die sich von den übrigen Thieren dieser Classe sehr auszeichnen, und dagegen man- che auffallende Aehnlichkeit mit den Fischen haben. Aber Nie- mand wird meinen, deßhalb müsse nun die Scheidewand zwischen diesen beiden Classen aufgehoben werden. - Und eben so wenig wird Jemand im Ernst in Versuchung gerathen, das Thier- und Pflanzenreich deßhalb mit einander zu verbinden, weil man an gewissen Pflanzen gewisse Aehnlichkeiten mit gewissen Thieren be- merkt hat. Von der Art sind z. B. die sonderbaren Bewegun- gen mancher Mimosenarten, und des hedysarumgyransetc., die, so merkwürdig sie auch an sich bleiben, doch gar nicht ein- mahl in den oben angegebenen Charakter der Animalität eingrei- fen. So wenig als hinwiderum diejenigen Aehnlichkeiten, so die Arm-Polypen mit den Gewächsen haben, den oben bestimmten Charakter der Vegetabilität betreffen. Sondern, die Arm-Po- lypen sind Thiere, die so wie der Mensch und die Auster, vom Hunger getrieben ihre Nahrung durch willkürliche Bewegung in den Mund bringen, was hingegen bey keiner Pflanze, in der bis jetzt bekannten Schöpfung, der Fall ist.
Nun und so beantwortet sich die andere Einwendung ge- gen die Naturreiche etc., die sich auf die so gepriesene Metapher von Stufenfolge der Geschöpfe gründet, eigentlich von selbst.
Alle die beliebten Bilder von Kette, von Leiter, von Netz etc. in der Natur, haben zwar für die Methodologie im Studium der Naturgeschichte in sofern ihren unverkennbaren Nutzen zum regu- lativen Gebrauch, als sie den Grund eines sogenannten natür- lichen Systems abgeben, worin man die Geschöpfe nach ih- ren meisten und auffallendsten Aehnlichkeiten, nach ihrem Total- habitus und der darauf gegründeten so genannten Verwandtschaft untereinander zusammen ordnet.
Aber sie nun, wie doch so oft von wohlmeinenden Physico- theologen geschehen, dem Schöpfer in den Plan seiner Schöpfung hinein legen, und die Vollkommenheit und den Zusammenhang derselben darin suchen zu wollen, daß die Natur (wie man sich ausdrückt) keinen Sprung thue, weil die Geschöpfe in Rücksicht ihrer äußern Form so fein stufenweise auf ein- ander folgten, das wäre doch schon an sich eine vermessene Schwach- heit, wenn sie auch nicht, wie doch der Fall ist, bei ernsterer Prüfung sich selbst widerlegte*).
Denn man braucht bloß die noch so kunstreich und sorgfältig an- gelegten Entwürfe von solchen Stufenfolgen in der Reihe der Geschöpfe näher zu beleuchten, um einzusehen, wie sehr darin einerseits sich ganze Haufen von Geschöpfen ähnlicher Bildung in Geschlechtern von fast unübersehlich zahlreichen Gattungen (zumahl unter den Insecten und Gewürmern, aber auch im Pflanzenrei- che) zusammen drängen, und andere dagegen gleichsam isolirt ste- hen, weil sie wegen ihrer ausgezeichneten, ganz eigenen Bildung nicht ohne sichtlichen Zwang in einer solchen Leiter der Natur ir- gendwo eingeschoben und untergebracht werden können (wie z. B.
*) Mehreres hierüber habe ich in der zweiten Ausg. der Beyträge zur Naturgeschichte I. Th. S. 106. u. f. gesagt.
Mollusken Geschlechter, wie z. B. die Sepien, die sich von den übrigen Thieren dieser Classe sehr auszeichnen, und dagegen man- che auffallende Aehnlichkeit mit den Fischen haben. Aber Nie- mand wird meinen, deßhalb müsse nun die Scheidewand zwischen diesen beiden Classen aufgehoben werden. – Und eben so wenig wird Jemand im Ernst in Versuchung gerathen, das Thier- und Pflanzenreich deßhalb mit einander zu verbinden, weil man an gewissen Pflanzen gewisse Aehnlichkeiten mit gewissen Thieren be- merkt hat. Von der Art sind z. B. die sonderbaren Bewegun- gen mancher Mimosenarten, und des hedysarumgyransetc., die, so merkwürdig sie auch an sich bleiben, doch gar nicht ein- mahl in den oben angegebenen Charakter der Animalität eingrei- fen. So wenig als hinwiderum diejenigen Aehnlichkeiten, so die Arm-Polypen mit den Gewächsen haben, den oben bestimmten Charakter der Vegetabilität betreffen. Sondern, die Arm-Po- lypen sind Thiere, die so wie der Mensch und die Auster, vom Hunger getrieben ihre Nahrung durch willkürliche Bewegung in den Mund bringen, was hingegen bey keiner Pflanze, in der bis jetzt bekannten Schöpfung, der Fall ist.
Nun und so beantwortet sich die andere Einwendung ge- gen die Naturreiche ꝛc., die sich auf die so gepriesene Metapher von Stufenfolge der Geschöpfe gründet, eigentlich von selbst.
Alle die beliebten Bilder von Kette, von Leiter, von Netz ꝛc. in der Natur, haben zwar für die Methodologie im Studium der Naturgeschichte in sofern ihren unverkennbaren Nutzen zum regu- lativen Gebrauch, als sie den Grund eines sogenannten natür- lichen Systems abgeben, worin man die Geschöpfe nach ih- ren meisten und auffallendsten Aehnlichkeiten, nach ihrem Total- habitus und der darauf gegründeten so genannten Verwandtschaft untereinander zusammen ordnet.
Aber sie nun, wie doch so oft von wohlmeinenden Physico- theologen geschehen, dem Schöpfer in den Plan seiner Schöpfung hinein legen, und die Vollkommenheit und den Zusammenhang derselben darin suchen zu wollen, daß die Natur (wie man sich ausdrückt) keinen Sprung thue, weil die Geschöpfe in Rücksicht ihrer äußern Form so fein stufenweise auf ein- ander folgten, das wäre doch schon an sich eine vermessene Schwach- heit, wenn sie auch nicht, wie doch der Fall ist, bei ernsterer Prüfung sich selbst widerlegte*).
Denn man braucht bloß die noch so kunstreich und sorgfältig an- gelegten Entwürfe von solchen Stufenfolgen in der Reihe der Geschöpfe näher zu beleuchten, um einzusehen, wie sehr darin einerseits sich ganze Haufen von Geschöpfen ähnlicher Bildung in Geschlechtern von fast unübersehlich zahlreichen Gattungen (zumahl unter den Insecten und Gewürmern, aber auch im Pflanzenrei- che) zusammen drängen, und andere dagegen gleichsam isolirt ste- hen, weil sie wegen ihrer ausgezeichneten, ganz eigenen Bildung nicht ohne sichtlichen Zwang in einer solchen Leiter der Natur ir- gendwo eingeschoben und untergebracht werden können (wie z. B.
*) Mehreres hierüber habe ich in der zweiten Ausg. der Beyträge zur Naturgeschichte I. Th. S. 106. u. f. gesagt.
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[5/0015]
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che auffallende Aehnlichkeit mit den Fischen haben. Aber Nie-
mand wird meinen, deßhalb müsse nun die Scheidewand zwischen
diesen beiden Classen aufgehoben werden. – Und eben so wenig
wird Jemand im Ernst in Versuchung gerathen, das Thier- und
Pflanzenreich deßhalb mit einander zu verbinden, weil man an
gewissen Pflanzen gewisse Aehnlichkeiten mit gewissen Thieren be-
merkt hat. Von der Art sind z. B. die sonderbaren Bewegun-
gen mancher Mimosenarten, und des hedysarum gyrans etc.,
die, so merkwürdig sie auch an sich bleiben, doch gar nicht ein-
mahl in den oben angegebenen Charakter der Animalität eingrei-
fen. So wenig als hinwiderum diejenigen Aehnlichkeiten, so die
Arm-Polypen mit den Gewächsen haben, den oben bestimmten
Charakter der Vegetabilität betreffen. Sondern, die Arm-Po-
lypen sind Thiere, die so wie der Mensch und die Auster, vom
Hunger getrieben ihre Nahrung durch willkürliche Bewegung in
den Mund bringen, was hingegen bey keiner Pflanze, in der bis
jetzt bekannten Schöpfung, der Fall ist.
Nun und so beantwortet sich die andere Einwendung ge-
gen die Naturreiche ꝛc., die sich auf die so gepriesene Metapher
von Stufenfolge der Geschöpfe gründet, eigentlich von selbst.
Alle die beliebten Bilder von Kette, von Leiter, von Netz ꝛc.
in der Natur, haben zwar für die Methodologie im Studium der
Naturgeschichte in sofern ihren unverkennbaren Nutzen zum regu-
lativen Gebrauch, als sie den Grund eines sogenannten natür-
lichen Systems abgeben, worin man die Geschöpfe nach ih-
ren meisten und auffallendsten Aehnlichkeiten, nach ihrem Total-
habitus und der darauf gegründeten so genannten Verwandtschaft
untereinander zusammen ordnet.
Aber sie nun, wie doch so oft von wohlmeinenden Physico-
theologen geschehen, dem Schöpfer in den Plan seiner Schöpfung
hinein legen, und die Vollkommenheit und den Zusammenhang
derselben darin suchen zu wollen, daß die Natur (wie man sich
ausdrückt) keinen Sprung thue, weil die Geschöpfe in
Rücksicht ihrer äußern Form so fein stufenweise auf ein-
ander folgten, das wäre doch schon an sich eine vermessene Schwach-
heit, wenn sie auch nicht, wie doch der Fall ist, bei ernsterer
Prüfung sich selbst widerlegte *).
Denn man braucht bloß die noch so kunstreich und sorgfältig an-
gelegten Entwürfe von solchen Stufenfolgen in der Reihe der
Geschöpfe näher zu beleuchten, um einzusehen, wie sehr darin
einerseits sich ganze Haufen von Geschöpfen ähnlicher Bildung in
Geschlechtern von fast unübersehlich zahlreichen Gattungen (zumahl
unter den Insecten und Gewürmern, aber auch im Pflanzenrei-
che) zusammen drängen, und andere dagegen gleichsam isolirt ste-
hen, weil sie wegen ihrer ausgezeichneten, ganz eigenen Bildung
nicht ohne sichtlichen Zwang in einer solchen Leiter der Natur ir-
gendwo eingeschoben und untergebracht werden können (wie z. B.
*) Mehreres hierüber habe ich in der zweiten Ausg. der Beyträge
zur Naturgeschichte I. Th. S. 106. u. f. gesagt.
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/15>, abgerufen am 09.11.2024.
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