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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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reicher Gesellschaft jung worden sind, zerstreuen sich bald nach-
her, und leben einsiedlerisch, so daß viele außer der Begattungs-
zeit kein anderes Geschöpf ihrer Art wieder zu sehen kriegen.

§. 132.

Der überaus merkwürdigen Gebäude, Wohnungen etc.
die sich so viele Insecten zu verfertigen wissen, ist schon oben bei
Anlaß der Kunsttriebe (§. 36.) Erwähnung geschehen. Es sind
wenige Thiere dieser Classe, die nicht wenigstens Ein Mal, in
einer gewissen Periode ihres Lebens Proben dieser natürlichen
Kunstfähigkeit ablegen sollten, indem sie entweder wie die
Kleidermotten und Frühlingsfliegen in ihrer unvollendeten Ge-
stalt als Larven sich ein Gehäuse zum Aufenthalte und zum Schu-
tze verfertigen; oder sich um die Verwandlung und den langen
Todesschlaf zu bestehen, ein Lager bereiten, sich einspinnen etc.,
oder die sich wie die Ameisenlöwen Fallgruben graben, und wie
die Spinnen Netze für ihren Raub weben: oder die, wie man-
che Wasserkäfer und Spinnen, zur Sicherheit für ihre Nachkom-
menschaft, Säcke oder Nester zubereiten, denen sie ihre Eier
anvertrauen können. Manche von denen, die in gesellschaftlicher
Verbindung leben, bauen sich mit vereinten Kräften, und nach
den Gesetzen einer äußerst regelmäßigen, ihnen angebornen Meß-
kunst, gemeinschaftliche Wohnungen u. s. w.

§. 133.

Bei der Ernährungsart der Insecten sieht man offen-
bar, daß dieselbe nicht, wie bei den allermehrsten rothblütigen
Thieren, bloß auf ihre Selbsterhaltung, sondern hauptsächlich
darauf abzweckt, daß sie organisirte Materie consumiren sol-
len. Sie müssen essen, nicht bloß um satt zu werden, sondern
um zugleich Aas zu verzehren, um selbst wieder andere lebendi-
ge Insecten aufzureiben etc., um Unkraut zu vertilgen etc. - eine
große Bestimmung, zu deren Erfüllung außer der fast zahllosen
Menge der Gattungen überhaupt, sehr vielen von diesen spe-
ciebus, theils ihre äußerst starke Vermehrung, theils ihre bei-
spiellos heftige Freßgierde und schnelle Verdauung bei einem
sehr kurzen Darmcanal zu Statten kommt. Man weiß z. B.,
daß eine Raupe in 24 Stunden das Triplum ihres eigenen Ge-
wichts verzehren kann. - Auch sind die Freßwerkzeuge der
Insecten vielartiger als in irgend einer andern Thierclasse: da
manche mit seitwärts beweglichen gezähnelten Kinnladen und
Freßzangen (maxillae); andere mit einem zugespitzten, horn-
artigen Bohrrüssel (rostrum); andere mit einem fleischigen
Schlurfrüssel mit breiter Mündung (proboscis); manche mit

reicher Gesellschaft jung worden sind, zerstreuen sich bald nach-
her, und leben einsiedlerisch, so daß viele außer der Begattungs-
zeit kein anderes Geschöpf ihrer Art wieder zu sehen kriegen.

§. 132.

Der überaus merkwürdigen Gebäude, Wohnungen ꝛc.
die sich so viele Insecten zu verfertigen wissen, ist schon oben bei
Anlaß der Kunsttriebe (§. 36.) Erwähnung geschehen. Es sind
wenige Thiere dieser Classe, die nicht wenigstens Ein Mal, in
einer gewissen Periode ihres Lebens Proben dieser natürlichen
Kunstfähigkeit ablegen sollten, indem sie entweder wie die
Kleidermotten und Frühlingsfliegen in ihrer unvollendeten Ge-
stalt als Larven sich ein Gehäuse zum Aufenthalte und zum Schu-
tze verfertigen; oder sich um die Verwandlung und den langen
Todesschlaf zu bestehen, ein Lager bereiten, sich einspinnen ꝛc.,
oder die sich wie die Ameisenlöwen Fallgruben graben, und wie
die Spinnen Netze für ihren Raub weben: oder die, wie man-
che Wasserkäfer und Spinnen, zur Sicherheit für ihre Nachkom-
menschaft, Säcke oder Nester zubereiten, denen sie ihre Eier
anvertrauen können. Manche von denen, die in gesellschaftlicher
Verbindung leben, bauen sich mit vereinten Kräften, und nach
den Gesetzen einer äußerst regelmäßigen, ihnen angebornen Meß-
kunst, gemeinschaftliche Wohnungen u. s. w.

§. 133.

Bei der Ernährungsart der Insecten sieht man offen-
bar, daß dieselbe nicht, wie bei den allermehrsten rothblütigen
Thieren, bloß auf ihre Selbsterhaltung, sondern hauptsächlich
darauf abzweckt, daß sie organisirte Materie consumiren sol-
len. Sie müssen essen, nicht bloß um satt zu werden, sondern
um zugleich Aas zu verzehren, um selbst wieder andere lebendi-
ge Insecten aufzureiben ꝛc., um Unkraut zu vertilgen ꝛc. – eine
große Bestimmung, zu deren Erfüllung außer der fast zahllosen
Menge der Gattungen überhaupt, sehr vielen von diesen spe-
ciebus, theils ihre äußerst starke Vermehrung, theils ihre bei-
spiellos heftige Freßgierde und schnelle Verdauung bei einem
sehr kurzen Darmcanal zu Statten kommt. Man weiß z. B.,
daß eine Raupe in 24 Stunden das Triplum ihres eigenen Ge-
wichts verzehren kann. – Auch sind die Freßwerkzeuge der
Insecten vielartiger als in irgend einer andern Thierclasse: da
manche mit seitwärts beweglichen gezähnelten Kinnladen und
Freßzangen (maxillae); andere mit einem zugespitzten, horn-
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[205/0215] reicher Gesellschaft jung worden sind, zerstreuen sich bald nach- her, und leben einsiedlerisch, so daß viele außer der Begattungs- zeit kein anderes Geschöpf ihrer Art wieder zu sehen kriegen. §. 132. Der überaus merkwürdigen Gebäude, Wohnungen ꝛc. die sich so viele Insecten zu verfertigen wissen, ist schon oben bei Anlaß der Kunsttriebe (§. 36.) Erwähnung geschehen. Es sind wenige Thiere dieser Classe, die nicht wenigstens Ein Mal, in einer gewissen Periode ihres Lebens Proben dieser natürlichen Kunstfähigkeit ablegen sollten, indem sie entweder wie die Kleidermotten und Frühlingsfliegen in ihrer unvollendeten Ge- stalt als Larven sich ein Gehäuse zum Aufenthalte und zum Schu- tze verfertigen; oder sich um die Verwandlung und den langen Todesschlaf zu bestehen, ein Lager bereiten, sich einspinnen ꝛc., oder die sich wie die Ameisenlöwen Fallgruben graben, und wie die Spinnen Netze für ihren Raub weben: oder die, wie man- che Wasserkäfer und Spinnen, zur Sicherheit für ihre Nachkom- menschaft, Säcke oder Nester zubereiten, denen sie ihre Eier anvertrauen können. Manche von denen, die in gesellschaftlicher Verbindung leben, bauen sich mit vereinten Kräften, und nach den Gesetzen einer äußerst regelmäßigen, ihnen angebornen Meß- kunst, gemeinschaftliche Wohnungen u. s. w. §. 133. Bei der Ernährungsart der Insecten sieht man offen- bar, daß dieselbe nicht, wie bei den allermehrsten rothblütigen Thieren, bloß auf ihre Selbsterhaltung, sondern hauptsächlich darauf abzweckt, daß sie organisirte Materie consumiren sol- len. Sie müssen essen, nicht bloß um satt zu werden, sondern um zugleich Aas zu verzehren, um selbst wieder andere lebendi- ge Insecten aufzureiben ꝛc., um Unkraut zu vertilgen ꝛc. – eine große Bestimmung, zu deren Erfüllung außer der fast zahllosen Menge der Gattungen überhaupt, sehr vielen von diesen spe- ciebus, theils ihre äußerst starke Vermehrung, theils ihre bei- spiellos heftige Freßgierde und schnelle Verdauung bei einem sehr kurzen Darmcanal zu Statten kommt. Man weiß z. B., daß eine Raupe in 24 Stunden das Triplum ihres eigenen Ge- wichts verzehren kann. – Auch sind die Freßwerkzeuge der Insecten vielartiger als in irgend einer andern Thierclasse: da manche mit seitwärts beweglichen gezähnelten Kinnladen und Freßzangen (maxillae); andere mit einem zugespitzten, horn- artigen Bohrrüssel (rostrum); andere mit einem fleischigen Schlurfrüssel mit breiter Mündung (proboscis); manche mit

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  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/215>, abgerufen am 23.11.2024.