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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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modificirte Lebenskraft auf mancherlei Weise von seiner eigent-
lichen bestimmten Richtung abweichen*).

So entstehen dann (- der bloß krankhaften, nicht
ins Gebiet der Naturgeschichte gehörigen, Abweichungen zu
geschweigen -) 1) durch ganz gewaltsame Störungen des-
selben ganz widernatürliche**) Formen der organisirten Kör-
per, nähmlich die Mißgeburten.

2) Dadurch, daß der zweyfache Sexual-Charakter, der
sonst in den beiden Geschlechtern getrennt seyn sollte, mehr oder
weniger in einem und eben demselben Individuum verbunden
ist, die Zwitter.

3) Dadurch, daß zwei Geschöpfe ganz verschiedener Gat-
tung (zweierlei Species) einander befruchten, die Ba-
starde.

Endlich 4) durch den Einfluß der mancherlei Ursachen der
allmählichen Ausartung, die Rassen und Spielarten.

§. 12.

Unter Mißgeburt versteht man, nach dem gemeinen
Sprachgebrauche, eine widernatürliche, angebohrne, leicht in
die Augen fallende Verunstaltung in Bildung äußerer, größerer
Theile. So mannigfaltig aber diese Mißgestalten seyn können,
so lassen sie sich doch alle auf folgende vier Hauptclassen zu-
rückbringen***);

1) M. G. mit widernatürlicher Bildung einzelner Glieder.
Fabrica aliena.

2) M. G. mit Versetzung oder widernatürlicher Lage einzel-
ner Glieder. Situs mutatus. Die seltensten von allen
(- nähmlich unter Mißgeburten in dem angegebenen Sinne.
Oft hat man hingegen bei Leichenöffnungen wohlgebildeter
Menschen manche ihrer Eingeweide in ganz verkehrter
Lage gefunden -).

*) Ausführlicher habe ich von diesen Abweichungen gehandelt in
der Schrift de anomalis et vitiosis quibusdam nisus formativi
aberrationibus.
im IIten B. der Commentat. Societ. R. scientiar.
recentior
.
**) (Widernatürliche) versteht sich wieder nach dem allgemeinen
Sprachgebrauch des Wortes. - Man hat gemeint, es sey besser, un-
gewöhnlich
zu sagen als widernatürlich. Aber das sind
zwey sehr verschiedene Begriffe, deren Verwechselung selbst zwar nicht
ungewöhnlich, aber gewiß nicht natürlich ist.
***) Einen abenteuerlich mißgestalteten Ferkelkopf aus meiner
Sammlung, an welchem sich alle diese vier Hauptarten von Mon-
strosität vereint finden, s. in den Abbild. nat. hist. Gegenst. tab. 61.

modificirte Lebenskraft auf mancherlei Weise von seiner eigent-
lichen bestimmten Richtung abweichen*).

So entstehen dann (– der bloß krankhaften, nicht
ins Gebiet der Naturgeschichte gehörigen, Abweichungen zu
geschweigen –) 1) durch ganz gewaltsame Störungen des-
selben ganz widernatürliche**) Formen der organisirten Kör-
per, nähmlich die Mißgeburten.

2) Dadurch, daß der zweyfache Sexual-Charakter, der
sonst in den beiden Geschlechtern getrennt seyn sollte, mehr oder
weniger in einem und eben demselben Individuum verbunden
ist, die Zwitter.

3) Dadurch, daß zwei Geschöpfe ganz verschiedener Gat-
tung (zweierlei Species) einander befruchten, die Ba-
starde.

Endlich 4) durch den Einfluß der mancherlei Ursachen der
allmählichen Ausartung, die Rassen und Spielarten.

§. 12.

Unter Mißgeburt versteht man, nach dem gemeinen
Sprachgebrauche, eine widernatürliche, angebohrne, leicht in
die Augen fallende Verunstaltung in Bildung äußerer, größerer
Theile. So mannigfaltig aber diese Mißgestalten seyn können,
so lassen sie sich doch alle auf folgende vier Hauptclassen zu-
rückbringen***);

1) M. G. mit widernatürlicher Bildung einzelner Glieder.
Fabrica aliena.

2) M. G. mit Versetzung oder widernatürlicher Lage einzel-
ner Glieder. Situs mutatus. Die seltensten von allen
(– nähmlich unter Mißgeburten in dem angegebenen Sinne.
Oft hat man hingegen bei Leichenöffnungen wohlgebildeter
Menschen manche ihrer Eingeweide in ganz verkehrter
Lage gefunden –).

*) Ausführlicher habe ich von diesen Abweichungen gehandelt in
der Schrift de anomalis et vitiosis quibusdam nisus formativi
aberrationibus.
im IIten B. der Commentat. Societ. R. scientiar.
recentior
.
**) (Widernatürliche) versteht sich wieder nach dem allgemeinen
Sprachgebrauch des Wortes. – Man hat gemeint, es sey besser, un-
gewöhnlich
zu sagen als widernatürlich. Aber das sind
zwey sehr verschiedene Begriffe, deren Verwechselung selbst zwar nicht
ungewöhnlich, aber gewiß nicht natürlich ist.
***) Einen abenteuerlich mißgestalteten Ferkelkopf aus meiner
Sammlung, an welchem sich alle diese vier Hauptarten von Mon-
strosität vereint finden, s. in den Abbild. nat. hist. Gegenst. tab. 61.
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[13/0023] modificirte Lebenskraft auf mancherlei Weise von seiner eigent- lichen bestimmten Richtung abweichen *). So entstehen dann (– der bloß krankhaften, nicht ins Gebiet der Naturgeschichte gehörigen, Abweichungen zu geschweigen –) 1) durch ganz gewaltsame Störungen des- selben ganz widernatürliche **) Formen der organisirten Kör- per, nähmlich die Mißgeburten. 2) Dadurch, daß der zweyfache Sexual-Charakter, der sonst in den beiden Geschlechtern getrennt seyn sollte, mehr oder weniger in einem und eben demselben Individuum verbunden ist, die Zwitter. 3) Dadurch, daß zwei Geschöpfe ganz verschiedener Gat- tung (zweierlei Species) einander befruchten, die Ba- starde. Endlich 4) durch den Einfluß der mancherlei Ursachen der allmählichen Ausartung, die Rassen und Spielarten. §. 12. Unter Mißgeburt versteht man, nach dem gemeinen Sprachgebrauche, eine widernatürliche, angebohrne, leicht in die Augen fallende Verunstaltung in Bildung äußerer, größerer Theile. So mannigfaltig aber diese Mißgestalten seyn können, so lassen sie sich doch alle auf folgende vier Hauptclassen zu- rückbringen ***); 1) M. G. mit widernatürlicher Bildung einzelner Glieder. Fabrica aliena. 2) M. G. mit Versetzung oder widernatürlicher Lage einzel- ner Glieder. Situs mutatus. Die seltensten von allen (– nähmlich unter Mißgeburten in dem angegebenen Sinne. Oft hat man hingegen bei Leichenöffnungen wohlgebildeter Menschen manche ihrer Eingeweide in ganz verkehrter Lage gefunden –). *) Ausführlicher habe ich von diesen Abweichungen gehandelt in der Schrift de anomalis et vitiosis quibusdam nisus formativi aberrationibus. im IIten B. der Commentat. Societ. R. scientiar. recentior. **) (Widernatürliche) versteht sich wieder nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes. – Man hat gemeint, es sey besser, un- gewöhnlich zu sagen als widernatürlich. Aber das sind zwey sehr verschiedene Begriffe, deren Verwechselung selbst zwar nicht ungewöhnlich, aber gewiß nicht natürlich ist. ***) Einen abenteuerlich mißgestalteten Ferkelkopf aus meiner Sammlung, an welchem sich alle diese vier Hauptarten von Mon- strosität vereint finden, s. in den Abbild. nat. hist. Gegenst. tab. 61.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/23>, abgerufen am 21.11.2024.