der einzelnen Gattungen organisirter Körper, so diese durch die allmähliche Ausartung oder Degeneration erlitten haben.
Rasse heißt aber im genauern Sinne ein solcher durch Degeneration entstandener Charakter, der durch die Fortpflan- zung unausbleiblich und nothwendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen Indianern Mestissen zeugen: welches hingegen bei den Spiel- arten keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn blau- äugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kinder zeugen*).
Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabsehlichen Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße Rassen oder ursprünglich verschiedene Gattungen (Species) sind? Wenigstens gibt es dann zur Ent- scheidung in dergleichen Fällen keine andern in praxi anwend- bare Regeln, als die, so aus der Analogie abstrahirt sind; da hingegen die, so Ray, Büffon und andere angenommen haben, den Charakter von Species darnach zu bestimmen, wenn die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkommenschaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzulänglich und schwankend ist.
Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser Regel ohne- hin bei allen den Thieren und Pflanzen wegfällt, die sich ohne Paarung fortpflanzen (- s. unten §. 20. -), so findet sie auch in unzähligen andern Fällen wegen unüberwindlicher Schwie- rigkeiten nicht Statt, wie z. B. bei Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der afrikanische Elephant zu einerlei Species gehören oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung Statt hat, wie z. E. bei der Vermischung von Pferd und Esel, fragt sich wieder, soll da der gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Erfolg als Regel angesehen werden. Denn gewöhnlich sind die Maulthiere steril, und nur in äußerst seltenen Fällen hat man sie zur Fortpflanzung fähig befunden. Wollte man also diesen wunderseltenen Fall als Regel gelten lassen, so müßte man Pferd und Esel für Thiere derselben Species halten, ungeachtet sie in ihrem ganzen Körperbau - zumahl im Innern (und namentlich in der ganz auffallend verschiedenen Einrichtung ihrer Stimm- werkzeuge), wenigstens eben so specifisch von einander differiren als Löwe und Katze. Da stimmt hingegen alle Analogie dafür, sie als zwey ganz verschiedene Gattungen anzuerkennen. Und eben diesem Grundsatze der Analogie gemäß halte ich auch die ge- dachten beiderlei Elephanten für ganz verschiedene Gattungen, weil ihr Gebiß, äußeres Ohr etc. eine so constante auffallende Verschiedenheit zeigt, die sich unmöglich als bloße Folge der De- generation gedenken läßt.
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen Mercur 1788. I. B. S. 48. S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kantische Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1797. 8.
der einzelnen Gattungen organisirter Körper, so diese durch die allmähliche Ausartung oder Degeneration erlitten haben.
Rasse heißt aber im genauern Sinne ein solcher durch Degeneration entstandener Charakter, der durch die Fortpflan- zung unausbleiblich und nothwendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen Indianern Mestissen zeugen: welches hingegen bei den Spiel- arten keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn blau- äugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kinder zeugen*).
Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabsehlichen Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße Rassen oder ursprünglich verschiedene Gattungen (Species) sind? Wenigstens gibt es dann zur Ent- scheidung in dergleichen Fällen keine andern in praxi anwend- bare Regeln, als die, so aus der Analogie abstrahirt sind; da hingegen die, so Ray, Büffon und andere angenommen haben, den Charakter von Species darnach zu bestimmen, wenn die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkommenschaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzulänglich und schwankend ist.
Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser Regel ohne- hin bei allen den Thieren und Pflanzen wegfällt, die sich ohne Paarung fortpflanzen (– s. unten §. 20. –), so findet sie auch in unzähligen andern Fällen wegen unüberwindlicher Schwie- rigkeiten nicht Statt, wie z. B. bei Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der afrikanische Elephant zu einerlei Species gehören oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung Statt hat, wie z. E. bei der Vermischung von Pferd und Esel, fragt sich wieder, soll da der gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Erfolg als Regel angesehen werden. Denn gewöhnlich sind die Maulthiere steril, und nur in äußerst seltenen Fällen hat man sie zur Fortpflanzung fähig befunden. Wollte man also diesen wunderseltenen Fall als Regel gelten lassen, so müßte man Pferd und Esel für Thiere derselben Species halten, ungeachtet sie in ihrem ganzen Körperbau – zumahl im Innern (und namentlich in der ganz auffallend verschiedenen Einrichtung ihrer Stimm- werkzeuge), wenigstens eben so specifisch von einander differiren als Löwe und Katze. Da stimmt hingegen alle Analogie dafür, sie als zwey ganz verschiedene Gattungen anzuerkennen. Und eben diesem Grundsatze der Analogie gemäß halte ich auch die ge- dachten beiderlei Elephanten für ganz verschiedene Gattungen, weil ihr Gebiß, äußeres Ohr ꝛc. eine so constante auffallende Verschiedenheit zeigt, die sich unmöglich als bloße Folge der De- generation gedenken läßt.
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen Mercur 1788. I. B. S. 48. S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kantische Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1797. 8.
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[16/0026]
der einzelnen Gattungen organisirter Körper, so diese durch
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Degeneration entstandener Charakter, der durch die Fortpflan-
zung unausbleiblich und nothwendig forterbt, wie z. B. wenn
Weiße mit den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen
Indianern Mestissen zeugen: welches hingegen bei den Spiel-
arten keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn blau-
äugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kinder zeugen *).
Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabsehlichen Reihen
von Generationen fortgepflanzt haben, so hält es oft schwer zu
bestimmen, ob das bloße Rassen oder ursprünglich verschiedene
Gattungen (Species) sind? Wenigstens gibt es dann zur Ent-
scheidung in dergleichen Fällen keine andern in praxi anwend-
bare Regeln, als die, so aus der Analogie abstrahirt sind; da
hingegen die, so Ray, Büffon und andere angenommen
haben, den Charakter von Species darnach zu bestimmen, wenn
die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkommenschaft
zeugen, zu diesem Behuf sehr unzulänglich und schwankend ist.
Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser Regel ohne-
hin bei allen den Thieren und Pflanzen wegfällt, die sich ohne
Paarung fortpflanzen (– s. unten §. 20. –), so findet sie
auch in unzähligen andern Fällen wegen unüberwindlicher Schwie-
rigkeiten nicht Statt, wie z. B. bei Entscheidung der Frage, ob
der asiatische und der afrikanische Elephant zu einerlei Species
gehören oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung Statt
hat, wie z. E. bei der Vermischung von Pferd und Esel, fragt
sich wieder, soll da der gewöhnliche oder aber der äußerst seltene
Erfolg als Regel angesehen werden. Denn gewöhnlich sind die
Maulthiere steril, und nur in äußerst seltenen Fällen hat man
sie zur Fortpflanzung fähig befunden. Wollte man also diesen
wunderseltenen Fall als Regel gelten lassen, so müßte man Pferd
und Esel für Thiere derselben Species halten, ungeachtet sie in
ihrem ganzen Körperbau – zumahl im Innern (und namentlich
in der ganz auffallend verschiedenen Einrichtung ihrer Stimm-
werkzeuge), wenigstens eben so specifisch von einander differiren
als Löwe und Katze. Da stimmt hingegen alle Analogie dafür,
sie als zwey ganz verschiedene Gattungen anzuerkennen. Und
eben diesem Grundsatze der Analogie gemäß halte ich auch die ge-
dachten beiderlei Elephanten für ganz verschiedene Gattungen,
weil ihr Gebiß, äußeres Ohr ꝛc. eine so constante auffallende
Verschiedenheit zeigt, die sich unmöglich als bloße Folge der De-
generation gedenken läßt.
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat zuerst
Kant genau bestimmt, im deutschen Mercur 1788. I. B. S. 48.
S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kantische Princip
für die Naturgeschichte. Göttingen 1797. 8.
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/26>, abgerufen am 23.11.2024.
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