Blumenbach, Johann Friedrich: Zwo Abhandlungen über die Nutritionskraft. St. Petersburg, 1789.Zu diesen abscheidenden Gefäße gehören vorzüglichst wieder die eigent- §. 2. Die zweyte Prämiße betrift die so vielseitige verschiedene Be- Im engern Sinn versteht man eigentlich blos Adern darunter, cylin- Im weitläufigem Verstande hingegen kan jede Hölung des organisir- Denn wie unwesentlich im Grunde die Röhrenform beym organischen Ueberhaupt aber, wie viele Pflanzen- und Thiergattungen giebt es nicht, Zu diesen abscheidenden Gefäße gehören vorzüglichst wieder die eigent- §. 2. Die zweyte Prämiße betrift die so vielseitige verschiedene Be- Im engern Sinn versteht man eigentlich blos Adern darunter, cylin- Im weitläufigem Verstande hingegen kan jede Hölung des organisir- Denn wie unwesentlich im Grunde die Röhrenform beym organischen Ueberhaupt aber, wie viele Pflanzen- und Thiergattungen giebt es nicht, <TEI> <text xml:id="blume_000125"> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0013" xml:id="pb009_0001" n="9"/> <p>Zu diesen abscheidenden Gefäße gehören vorzüglichst wieder die eigent-<lb/> lich ernährenden, die nemlich den nahrhaften Stof zur Bildung und Erhaltung<lb/> des organischen Körpers liefern. Denn daß dieses <hi rendition="#aq">contingent</hi> des Nahrungsstof-<lb/> fes wohl schwerlich unmittelbar aus den rothen Gefäßen – sondern erst durch<lb/> die daraus, vielleicht nach mancherley Theilungen entsprungenen farbenlose Aeder-<lb/> gen abgesetzt werde, wird unter andern durch das Beyspiel der Thiere mit kal-<lb/> ten rothen Blut erweislich, als welche nach Verhältnis ihres zu ernährenden<lb/> Körpers eine so auffallend geringe Menge rothen Blutes haben.</p> <p>§. 2. Die zweyte Prämiße betrift die so vielseitige verschiedene Be-<lb/> deutung, worinn der Ausdruck Gesas im physiologischen Verstande genommen<lb/> zu werden pflegt.</p> <p>Im engern Sinn versteht man eigentlich blos Adern darunter, cylin-<lb/> drische röhrenförmige Canäle, durch welche Blut oder andere Säfte ihren Lauf<lb/> haben. Und so ist das Wort auch in der Aufgabe der Akademie genommen.</p> <p>Im weitläufigem Verstande hingegen kan jede Hölung des organisir-<lb/> ten Körpers, ihre Gestalt sey wie sie wolle, wenn sie anders nur ein <hi rendition="#aq">fluidum</hi><lb/> aufzunehmen im stande ist, (z. B. jede Zelle des Zellgewebes die mit ihren dürf-<lb/> tigen Flieswasser bethaut ist) Gefäs genannt werden.</p> <p>Denn wie unwesentlich im Grunde die Röhrenform beym organischen<lb/> Gefäs sey, zeigen ja schon die Pflanzen überhaupt, wo wenigstens bey sehr vielen<lb/> derselben, zumahl in ihrem zartern Alter, die sogenannten Adern bey genauer mi-<lb/> croscopischer Untersuchung doch blos aus Zellgewebe bestehn, das in walzenförmi-<lb/> ge Fäden ausgedehnt ist, das dann erst mit der Zeit sich hier und da allgemach<lb/> von der Are nach der Aussenseite zusammenzieht, und so Streckenweis eine röh-<lb/> renförmige Hölung bildet.</p> <p>Ueberhaupt aber, wie viele Pflanzen- und Thiergattungen giebt es nicht,<lb/> die schlechterdings nichts einem röhrenförmigen Gefäs ähnliches zeigen. Wie z.<lb/> B. um nur ein paar zu nennen die ich genauer untersucht habe, unter den Cryp-<lb/> togamisten die Erdblume (<hi rendition="#aq">tremella nostra</hi>), die Wasserfaden (<hi rendition="#aq">conservae</hi>), die<lb/> Textur des Wasserdarms (<hi rendition="#aq">ulva intestinalis</hi>) ꝛc. – Eben so unter den Thie-<lb/> ren die Armpolypen, und viele also mehr, deren ganze Substanz im Grunde blos<lb/> eine schwammichte Gallerte scheint, die mit dem Nahrungssafte aus den genoß-<lb/> nen Speisen blos wie getränkt wird, und wo man doch demohngeachtet den Zwi-<lb/> schenräumgen, durch welche jener Saft eindringt, im genauen physiologischen Ver-<lb/> stande den Nahmen Gefäs nicht versagen kan.</p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0013]
Zu diesen abscheidenden Gefäße gehören vorzüglichst wieder die eigent-
lich ernährenden, die nemlich den nahrhaften Stof zur Bildung und Erhaltung
des organischen Körpers liefern. Denn daß dieses contingent des Nahrungsstof-
fes wohl schwerlich unmittelbar aus den rothen Gefäßen – sondern erst durch
die daraus, vielleicht nach mancherley Theilungen entsprungenen farbenlose Aeder-
gen abgesetzt werde, wird unter andern durch das Beyspiel der Thiere mit kal-
ten rothen Blut erweislich, als welche nach Verhältnis ihres zu ernährenden
Körpers eine so auffallend geringe Menge rothen Blutes haben.
§. 2. Die zweyte Prämiße betrift die so vielseitige verschiedene Be-
deutung, worinn der Ausdruck Gesas im physiologischen Verstande genommen
zu werden pflegt.
Im engern Sinn versteht man eigentlich blos Adern darunter, cylin-
drische röhrenförmige Canäle, durch welche Blut oder andere Säfte ihren Lauf
haben. Und so ist das Wort auch in der Aufgabe der Akademie genommen.
Im weitläufigem Verstande hingegen kan jede Hölung des organisir-
ten Körpers, ihre Gestalt sey wie sie wolle, wenn sie anders nur ein fluidum
aufzunehmen im stande ist, (z. B. jede Zelle des Zellgewebes die mit ihren dürf-
tigen Flieswasser bethaut ist) Gefäs genannt werden.
Denn wie unwesentlich im Grunde die Röhrenform beym organischen
Gefäs sey, zeigen ja schon die Pflanzen überhaupt, wo wenigstens bey sehr vielen
derselben, zumahl in ihrem zartern Alter, die sogenannten Adern bey genauer mi-
croscopischer Untersuchung doch blos aus Zellgewebe bestehn, das in walzenförmi-
ge Fäden ausgedehnt ist, das dann erst mit der Zeit sich hier und da allgemach
von der Are nach der Aussenseite zusammenzieht, und so Streckenweis eine röh-
renförmige Hölung bildet.
Ueberhaupt aber, wie viele Pflanzen- und Thiergattungen giebt es nicht,
die schlechterdings nichts einem röhrenförmigen Gefäs ähnliches zeigen. Wie z.
B. um nur ein paar zu nennen die ich genauer untersucht habe, unter den Cryp-
togamisten die Erdblume (tremella nostra), die Wasserfaden (conservae), die
Textur des Wasserdarms (ulva intestinalis) ꝛc. – Eben so unter den Thie-
ren die Armpolypen, und viele also mehr, deren ganze Substanz im Grunde blos
eine schwammichte Gallerte scheint, die mit dem Nahrungssafte aus den genoß-
nen Speisen blos wie getränkt wird, und wo man doch demohngeachtet den Zwi-
schenräumgen, durch welche jener Saft eindringt, im genauen physiologischen Ver-
stande den Nahmen Gefäs nicht versagen kan.
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