Ueber die Ursachen eines so bestimmten und plötzlichen Ereignisses haben uns die Physiologen verschiedene Muthmassungen aufgestellt. Allein, alles reiflich erwogen, so scheint mir die reizende Ursache ein unveränderliches Naturgesetz zu seyn, das wir so wenig, als andere dergleichen periodi- sche Erscheinungen, z. B. die Verwandlung der Insekten, die Perioden der Ausschlagsfieber, die kritischen Ausleerungen u. s. w. zu erklären im Stande sind. Man kann daher das menschliche Ey einigermassen mit andern reifen Pflanzenfrüch- ten vergleichen, die, indem sich ihre Nahrungs- gefäße zusammenziehen, endlich von freyen Stü- cken abfallen. Auch hat man beobachtet, daß der Mutterkuchen, wenn der Zeitpunkt der Geburt sich nähert, sich etwas zusammenzieht, und zur bevor- stehenden Absonderung von der Gebährmutter gleichsam vorbereitet wird.
Denn alle andere Ursachen, z. B. die Aus- dehnung der Gebährmutter u. s. w. die man für natürliche Reize der Geburt zu halten pflegt, sind grundlos. Dieß erhellt aus so vielen Beyspielen der Leibesfrüchte, die außer der Gebährmutter in den Eyerstöcken, oder in den Muttertrompe- ten empfangen worden, wobey aber demohnerach- tet zehn Monate nach dieser widernatürlichen Em- pfängniß die fruchtleere Gebährmutter von den gewöhnlichen, obgleich zwecklosen Wehen befallen wurde a).
a) Ein dergleichen neueres Beyspiel habe ich in den Comment. soc. scient. Götting. Vol. VIII. ein- gerücht.
§. 605.
Ueber die Ursachen eines so bestimmten und plötzlichen Ereignisses haben uns die Physiologen verschiedene Muthmassungen aufgestellt. Allein, alles reiflich erwogen, so scheint mir die reizende Ursache ein unveränderliches Naturgesetz zu seyn, das wir so wenig, als andere dergleichen periodi- sche Erscheinungen, z. B. die Verwandlung der Insekten, die Perioden der Ausschlagsfieber, die kritischen Ausleerungen u. s. w. zu erklären im Stande sind. Man kann daher das menschliche Ey einigermassen mit andern reifen Pflanzenfrüch- ten vergleichen, die, indem sich ihre Nahrungs- gefäße zusammenziehen, endlich von freyen Stü- cken abfallen. Auch hat man beobachtet, daß der Mutterkuchen, wenn der Zeitpunkt der Geburt sich nähert, sich etwas zusammenzieht, und zur bevor- stehenden Absonderung von der Gebährmutter gleichsam vorbereitet wird.
Denn alle andere Ursachen, z. B. die Aus- dehnung der Gebährmutter u. s. w. die man für natürliche Reize der Geburt zu halten pflegt, sind grundlos. Dieß erhellt aus so vielen Beyspielen der Leibesfrüchte, die außer der Gebährmutter in den Eyerstöcken, oder in den Muttertrompe- ten empfangen worden, wobey aber demohnerach- tet zehn Monate nach dieser widernatürlichen Em- pfängniß die fruchtleere Gebährmutter von den gewöhnlichen, obgleich zwecklosen Wehen befallen wurde a).
a) Ein dergleichen neueres Beyspiel habe ich in den Comment. soc. scient. Götting. Vol. VIII. ein- gerücht.
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§. 605.
Ueber die Ursachen eines so bestimmten und
plötzlichen Ereignisses haben uns die Physiologen
verschiedene Muthmassungen aufgestellt. Allein,
alles reiflich erwogen, so scheint mir die reizende
Ursache ein unveränderliches Naturgesetz zu seyn,
das wir so wenig, als andere dergleichen periodi-
sche Erscheinungen, z. B. die Verwandlung der
Insekten, die Perioden der Ausschlagsfieber, die
kritischen Ausleerungen u. s. w. zu erklären im
Stande sind. Man kann daher das menschliche
Ey einigermassen mit andern reifen Pflanzenfrüch-
ten vergleichen, die, indem sich ihre Nahrungs-
gefäße zusammenziehen, endlich von freyen Stü-
cken abfallen. Auch hat man beobachtet, daß der
Mutterkuchen, wenn der Zeitpunkt der Geburt sich
nähert, sich etwas zusammenzieht, und zur bevor-
stehenden Absonderung von der Gebährmutter
gleichsam vorbereitet wird.
Denn alle andere Ursachen, z. B. die Aus-
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natürliche Reize der Geburt zu halten pflegt, sind
grundlos. Dieß erhellt aus so vielen Beyspielen
der Leibesfrüchte, die außer der Gebährmutter
in den Eyerstöcken, oder in den Muttertrompe-
ten empfangen worden, wobey aber demohnerach-
tet zehn Monate nach dieser widernatürlichen Em-
pfängniß die fruchtleere Gebährmutter von den
gewöhnlichen, obgleich zwecklosen Wehen befallen
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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/384>, abgerufen am 22.11.2024.
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