aber nicht alle Theile des Herzens hören alsdann zugleich zu schlagen auf, sondern die rechte Herz- kammer samt seiner Vorkammer beweget sich et- was länger als die linke Herzkammer a).
Dieß muß auch nothwendig so erfolgen. Denn das Blut, welches durch die Hohlvenen in das Herz so eben zurückfließt, kann nun nach dem letzten Athemzug, nicht mehr in die zusammenge- fallenen Lungen ausströmen; indessen hat derje- nige Theil der Blutmaße, der aus den Lungen in die linke Herzkammer strömte, seinen Lauf durch die große Schlagader in das ganze Arteriensy- stem bereits angetreten, und drückt nun auf die vor ihm stehende Maße des venösen Blutes.
a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten, daß die rechte Herzkammer von der Menge des venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den gewöhnlichen Lauf der Natur, zuerst zu bewegen sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bei der Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach- tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an- fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge- meiniglich geschieht), in die größte Unordnung, so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf- einander zusammenzogen, indeß beide Herzkam- mern still standen; endlich schlug die linke Herz- kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe- weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach
aber nicht alle Theile des Herzens hören alsdann zugleich zu schlagen auf, sondern die rechte Herz- kammer samt seiner Vorkammer beweget sich et- was länger als die linke Herzkammer a).
Dieß muß auch nothwendig so erfolgen. Denn das Blut, welches durch die Hohlvenen in das Herz so eben zurückfließt, kann nun nach dem letzten Athemzug, nicht mehr in die zusammenge- fallenen Lungen ausströmen; indessen hat derje- nige Theil der Blutmaße, der aus den Lungen in die linke Herzkammer strömte, seinen Lauf durch die große Schlagader in das ganze Arteriensy- stem bereits angetreten, und drückt nun auf die vor ihm stehende Maße des venösen Blutes.
a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten, daß die rechte Herzkammer von der Menge des venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den gewöhnlichen Lauf der Natur, zuerst zu bewegen sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bei der Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach- tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an- fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge- meiniglich geschieht), in die größte Unordnung, so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf- einander zusammenzogen, indeß beide Herzkam- mern still standen; endlich schlug die linke Herz- kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe- weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach
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aber nicht alle Theile des Herzens hören alsdann
zugleich zu schlagen auf, sondern die rechte Herz-
kammer samt seiner Vorkammer beweget sich et-
was länger als die linke Herzkammer a).
Dieß muß auch nothwendig so erfolgen.
Denn das Blut, welches durch die Hohlvenen in
das Herz so eben zurückfließt, kann nun nach dem
letzten Athemzug, nicht mehr in die zusammenge-
fallenen Lungen ausströmen; indessen hat derje-
nige Theil der Blutmaße, der aus den Lungen in
die linke Herzkammer strömte, seinen Lauf durch
die große Schlagader in das ganze Arteriensy-
stem bereits angetreten, und drückt nun auf die
vor ihm stehende Maße des venösen Blutes.
a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten,
daß die rechte Herzkammer von der Menge des
venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den
gewöhnlichen Lauf der Natur, zuerst zu bewegen
sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bei der
Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach-
tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an-
fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge-
meiniglich geschieht), in die größte Unordnung,
so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf-
einander zusammenzogen, indeß beide Herzkam-
mern still standen; endlich schlug die linke Herz-
kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe-
weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens
acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen
linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und
im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann
alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach
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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/83>, abgerufen am 24.11.2024.
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