Doch ist, wenn man eine wahrscheinliche Verhältniß dieser Angaben annimmt, eine bey- läufige Schätzung dieser Kraft des Herzens mög- lich: nimmt man also nach einem mittlern Ver- hältniß an (§. 23.), daß die ganze Blutmaße 33 Pfund = 396 Unzen beträgt; die Anzahl der Pulsschläge in einer Minute = 75, folglich in einer Stunde 4500 (§. 108); das Herz aber bey einer jedesmaligen Zusammenziehung zwey Unzen forttreibt; so folgt, daß die ganze Blutmaße in einer Stunde zwey und zwanzigmal seinen Kreis- lauf durch das Herz vollbringt.
Wie groß aber die Gewalt seyn mag, mit der das Herz die Blutmaße fortstößt, sieht man aus der Höhe des Blutstrahls, wenn eine große, zunächst am Herzen liegende Arterie verwundet wird; so sah ich z. B. in einem erwachsenen Men- schen aus der Hauptschlagader (carotis) das Blut bey den ersten Zusammenziehungen des Herzens fünf Fuß hoch herausspringen a).
a) Die Versuche, welche Hales anstellte, indem er in lebendigen Thieren das ausströmende Blut durch gläserne an die Arterien angebrachte Röh- ren auffieng, und so die Höhe des Blutstrahls maß, sind, wie alle Versuche dieses vortreffli- chen Mannes, sehr sinnreich, aber zur Bestim- mung der Kraft des Herzens nicht zureichend. Man überlege nur, wie groß bei diesen Versu- chen die Blutsäule ist, die in der Röhre keinen Ausweg findet, folglich mit ihrer ganzen Schwere auf das Herz zurück drückt, u. s. w.
§. 117.
Doch ist, wenn man eine wahrscheinliche Verhältniß dieser Angaben annimmt, eine bey- läufige Schätzung dieser Kraft des Herzens mög- lich: nimmt man also nach einem mittlern Ver- hältniß an (§. 23.), daß die ganze Blutmaße 33 Pfund = 396 Unzen beträgt; die Anzahl der Pulsschläge in einer Minute = 75, folglich in einer Stunde 4500 (§. 108); das Herz aber bey einer jedesmaligen Zusammenziehung zwey Unzen forttreibt; so folgt, daß die ganze Blutmaße in einer Stunde zwey und zwanzigmal seinen Kreis- lauf durch das Herz vollbringt.
Wie groß aber die Gewalt seyn mag, mit der das Herz die Blutmaße fortstößt, sieht man aus der Höhe des Blutstrahls, wenn eine große, zunächst am Herzen liegende Arterie verwundet wird; so sah ich z. B. in einem erwachsenen Men- schen aus der Hauptschlagader (carotis) das Blut bey den ersten Zusammenziehungen des Herzens fünf Fuß hoch herausspringen a).
a) Die Versuche, welche Hales anstellte, indem er in lebendigen Thieren das ausströmende Blut durch gläserne an die Arterien angebrachte Röh- ren auffieng, und so die Höhe des Blutstrahls maß, sind, wie alle Versuche dieses vortreffli- chen Mannes, sehr sinnreich, aber zur Bestim- mung der Kraft des Herzens nicht zureichend. Man überlege nur, wie groß bei diesen Versu- chen die Blutsäule ist, die in der Röhre keinen Ausweg findet, folglich mit ihrer ganzen Schwere auf das Herz zurück drückt, u. s. w.
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§. 117.
Doch ist, wenn man eine wahrscheinliche
Verhältniß dieser Angaben annimmt, eine bey-
läufige Schätzung dieser Kraft des Herzens mög-
lich: nimmt man also nach einem mittlern Ver-
hältniß an (§. 23.), daß die ganze Blutmaße
33 Pfund = 396 Unzen beträgt; die Anzahl der
Pulsschläge in einer Minute = 75, folglich in
einer Stunde 4500 (§. 108); das Herz aber bey
einer jedesmaligen Zusammenziehung zwey Unzen
forttreibt; so folgt, daß die ganze Blutmaße in
einer Stunde zwey und zwanzigmal seinen Kreis-
lauf durch das Herz vollbringt.
Wie groß aber die Gewalt seyn mag, mit
der das Herz die Blutmaße fortstößt, sieht man
aus der Höhe des Blutstrahls, wenn eine große,
zunächst am Herzen liegende Arterie verwundet
wird; so sah ich z. B. in einem erwachsenen Men-
schen aus der Hauptschlagader (carotis) das Blut
bey den ersten Zusammenziehungen des Herzens
fünf Fuß hoch herausspringen a).
a) Die Versuche, welche Hales anstellte, indem
er in lebendigen Thieren das ausströmende Blut
durch gläserne an die Arterien angebrachte Röh-
ren auffieng, und so die Höhe des Blutstrahls
maß, sind, wie alle Versuche dieses vortreffli-
chen Mannes, sehr sinnreich, aber zur Bestim-
mung der Kraft des Herzens nicht zureichend.
Man überlege nur, wie groß bei diesen Versu-
chen die Blutsäule ist, die in der Röhre keinen
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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/89>, abgerufen am 24.11.2024.
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