Ohne mich zu einer oder der andern Erklä- rungsart zu bekennen, will ich nur so viel hier an- merken, daß die mehresten Beweisgründe, mit de- nen eine Parthey die Meinung der andern gewöhn- lich zu bestreiten pflegt, für das Daseyn so feiner Nervenschwingungen, oder einer so feinen Nerven- flüßigkeit allzusinnlich ausfallen.
§. 220.
Vielleicht liessen sich beyde Meinungen verei- nigen, wenn man nämlich annähme, daß eine flüs- sige Nervenmaterie durch einwirkende Reitzmittel (stimulos) in schwingende Bewegung gesetzt wird.
§. 221.
Die Meinung von dem Daseyn einer flüßigen Nervenmaterie wird außer andern Gründen, durch die Struktur des Nervensystems, vorzüglich aber des Gehirns, das mit andern absondernden Einge- weiden eine große Aehnlichkeit hat, nicht wenig be- günstigt. Daraus folgt aber noch nicht, daß noth- wendig Röhrchen und Gefäße vorhanden seyn müs- sen, so wenig als im Fließpapiere, und in jedem andern Siebe.
Ich übergehe hier die abgeschmackten Berech- nungen über die Geschwindigkeit, mit der die Le- bensgeister in den Nerven bewegt werden sollen.
§. 222.
Was aber die Nervenschwingungen betrifft, so stimmen die mehresten Erscheinungen mit die- ser Theorie genau überein; doch muß man sich die Nerven nicht wie gespannte Saiten vorstellen,
§. 219.
Ohne mich zu einer oder der andern Erklä- rungsart zu bekennen, will ich nur so viel hier an- merken, daß die mehresten Beweisgründe, mit de- nen eine Parthey die Meinung der andern gewöhn- lich zu bestreiten pflegt, für das Daseyn so feiner Nervenschwingungen, oder einer so feinen Nerven- flüßigkeit allzusinnlich ausfallen.
§. 220.
Vielleicht liessen sich beyde Meinungen verei- nigen, wenn man nämlich annähme, daß eine flüs- sige Nervenmaterie durch einwirkende Reitzmittel (stimulos) in schwingende Bewegung gesetzt wird.
§. 221.
Die Meinung von dem Daseyn einer flüßigen Nervenmaterie wird außer andern Gründen, durch die Struktur des Nervensystems, vorzüglich aber des Gehirns, das mit andern absondernden Einge- weiden eine große Aehnlichkeit hat, nicht wenig be- günstigt. Daraus folgt aber noch nicht, daß noth- wendig Röhrchen und Gefäße vorhanden seyn müs- sen, so wenig als im Fließpapiere, und in jedem andern Siebe.
Ich übergehe hier die abgeschmackten Berech- nungen über die Geschwindigkeit, mit der die Le- bensgeister in den Nerven bewegt werden sollen.
§. 222.
Was aber die Nervenschwingungen betrifft, so stimmen die mehresten Erscheinungen mit die- ser Theorie genau überein; doch muß man sich die Nerven nicht wie gespannte Saiten vorstellen,
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§. 219.
Ohne mich zu einer oder der andern Erklä-
rungsart zu bekennen, will ich nur so viel hier an-
merken, daß die mehresten Beweisgründe, mit de-
nen eine Parthey die Meinung der andern gewöhn-
lich zu bestreiten pflegt, für das Daseyn so feiner
Nervenschwingungen, oder einer so feinen Nerven-
flüßigkeit allzusinnlich ausfallen.
§. 220.
Vielleicht liessen sich beyde Meinungen verei-
nigen, wenn man nämlich annähme, daß eine flüs-
sige Nervenmaterie durch einwirkende Reitzmittel
(stimulos) in schwingende Bewegung gesetzt wird.
§. 221.
Die Meinung von dem Daseyn einer flüßigen
Nervenmaterie wird außer andern Gründen, durch
die Struktur des Nervensystems, vorzüglich aber
des Gehirns, das mit andern absondernden Einge-
weiden eine große Aehnlichkeit hat, nicht wenig be-
günstigt. Daraus folgt aber noch nicht, daß noth-
wendig Röhrchen und Gefäße vorhanden seyn müs-
sen, so wenig als im Fließpapiere, und in jedem
andern Siebe.
Ich übergehe hier die abgeschmackten Berech-
nungen über die Geschwindigkeit, mit der die Le-
bensgeister in den Nerven bewegt werden sollen.
§. 222.
Was aber die Nervenschwingungen betrifft,
so stimmen die mehresten Erscheinungen mit die-
ser Theorie genau überein; doch muß man sich
die Nerven nicht wie gespannte Saiten vorstellen,
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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/158>, abgerufen am 21.11.2024.
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