pfangenen sinnlichen Eindrücke zurückruft, und auf eine mannigfaltige Weise sich damit beschäftiget.
Bey neugebohrnen Kindern habe ich vor dem dritten Monate keine Spur eines Traumes entdecken können.
Man hat sogar Beyspiele erwachsener Men- schen, die in ihrem Leben nicht geträumt haben. a)
Diese nächtlichen Schattenbilder sind zwar ge- meiniglich verworren, und unordentlich; aber doch findet man auch zuweilen auffallende Merkmale des Verstandes b) in Träumen.
Ueberhaupt scheinen die körperlichen Reize zur Erweckung der Träume vorzüglich geschickt zu seyn: z. B. der Saamen zur Erzeugung wohllüstiger Bil- der, die Ueberladung des Magens zur Erregung der Bangigkeit u. s. w. Man hat sogar das Bey- spiel eines Menschen, bey dem seine Freunde, wenn sie mit ihm im Schlafe redeten, nach Willkühr Träume hervorbringen konnten; c) doch scheint dieß vielmehr ein Mittelzustand zwischen Schlafen und Wachen zu seyn. d)
Doch halten Locke und andere Philosophen die Träume selbst für einen solchen Mittelzustand zwischen Schlafen und Wachen.
a) Sonderbar ist es, daß man dieß an Personen bemerkte, die eine außerordentliche lebhafte Ein- bildungskraft hatten, wie man unter andern von dem berühmten Lessing erzählt. (Götting. Magaz. 1781. Th. 1.)
Ich kannte selbst eine vornehme Dame, die einen außerordentlichen Witz besaß, und niemals ge- träumt hatte.
pfangenen sinnlichen Eindrücke zurückruft, und auf eine mannigfaltige Weise sich damit beschäftiget.
Bey neugebohrnen Kindern habe ich vor dem dritten Monate keine Spur eines Traumes entdecken können.
Man hat sogar Beyspiele erwachsener Men- schen, die in ihrem Leben nicht geträumt haben. a)
Diese nächtlichen Schattenbilder sind zwar ge- meiniglich verworren, und unordentlich; aber doch findet man auch zuweilen auffallende Merkmale des Verstandes b) in Träumen.
Ueberhaupt scheinen die körperlichen Reize zur Erweckung der Träume vorzüglich geschickt zu seyn: z. B. der Saamen zur Erzeugung wohllüstiger Bil- der, die Ueberladung des Magens zur Erregung der Bangigkeit u. s. w. Man hat sogar das Bey- spiel eines Menschen, bey dem seine Freunde, wenn sie mit ihm im Schlafe redeten, nach Willkühr Träume hervorbringen konnten; c) doch scheint dieß vielmehr ein Mittelzustand zwischen Schlafen und Wachen zu seyn. d)
Doch halten Locke und andere Philosophen die Träume selbst für einen solchen Mittelzustand zwischen Schlafen und Wachen.
a) Sonderbar ist es, daß man dieß an Personen bemerkte, die eine außerordentliche lebhafte Ein- bildungskraft hatten, wie man unter andern von dem berühmten Lessing erzählt. (Götting. Magaz. 1781. Th. 1.)
Ich kannte selbst eine vornehme Dame, die einen außerordentlichen Witz besaß, und niemals ge- träumt hatte.
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pfangenen sinnlichen Eindrücke zurückruft, und auf
eine mannigfaltige Weise sich damit beschäftiget.
Bey neugebohrnen Kindern habe ich vor dem
dritten Monate keine Spur eines Traumes entdecken
können.
Man hat sogar Beyspiele erwachsener Men-
schen, die in ihrem Leben nicht geträumt haben. a)
Diese nächtlichen Schattenbilder sind zwar ge-
meiniglich verworren, und unordentlich; aber doch
findet man auch zuweilen auffallende Merkmale des
Verstandes b) in Träumen.
Ueberhaupt scheinen die körperlichen Reize zur
Erweckung der Träume vorzüglich geschickt zu seyn:
z. B. der Saamen zur Erzeugung wohllüstiger Bil-
der, die Ueberladung des Magens zur Erregung
der Bangigkeit u. s. w. Man hat sogar das Bey-
spiel eines Menschen, bey dem seine Freunde, wenn
sie mit ihm im Schlafe redeten, nach Willkühr
Träume hervorbringen konnten; c) doch scheint dieß
vielmehr ein Mittelzustand zwischen Schlafen und
Wachen zu seyn. d)
Doch halten Locke und andere Philosophen
die Träume selbst für einen solchen Mittelzustand
zwischen Schlafen und Wachen.
a) Sonderbar ist es, daß man dieß an Personen
bemerkte, die eine außerordentliche lebhafte Ein-
bildungskraft hatten, wie man unter andern
von dem berühmten Lessing erzählt. (Götting.
Magaz. 1781. Th. 1.)
Ich kannte selbst eine vornehme Dame, die einen
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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/221>, abgerufen am 21.11.2024.
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