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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795.

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§. 600.

Wir sehen sogar, daß organische Theile ge-
gen die gewöhnliche Ordnung der Natur auf Ver-
anlassung irgend einer Krankheit oder durch die
Heilkräfte der Natur entstehen, wobey fürwahr
an keine präformirten Keime gedacht werden kann;
hieher gehören die Wormischen Zwickelbeine, wel-
che bey dem innern Wasserkopfe entstehen, um die
Zwischenräume der von einander abstehenden Haupt-
knochen auszufüllen.

§. 601.

Endlich, von beyden Seiten alles genau er-
wogen, so müssen ja die Gönner der Evolution
dem männlichen Zeugungsstoffe außer der reizen-
den Kraft auch noch bildende Kräfte zugestehen,
und bey der Unzulänglichkeit ihres Systems immer
doch nebenher zu dem Bildungstrieb ihre Zuflucht
nehmen. Der Bildungstrieb hingegen bedarf zur
Erklärung der Zeugungsphänomenen keiner fremden
Beyhilfe. Es ist also nicht abzusehen, wozu man,
wie die Schule sagt, die Dinge ohne dringende
Nothwendigkeit vermehren soll.



§. 600.

Wir sehen sogar, daß organische Theile ge-
gen die gewöhnliche Ordnung der Natur auf Ver-
anlassung irgend einer Krankheit oder durch die
Heilkräfte der Natur entstehen, wobey fürwahr
an keine präformirten Keime gedacht werden kann;
hieher gehören die Wormischen Zwickelbeine, wel-
che bey dem innern Wasserkopfe entstehen, um die
Zwischenräume der von einander abstehenden Haupt-
knochen auszufüllen.

§. 601.

Endlich, von beyden Seiten alles genau er-
wogen, so müssen ja die Gönner der Evolution
dem männlichen Zeugungsstoffe außer der reizen-
den Kraft auch noch bildende Kräfte zugestehen,
und bey der Unzulänglichkeit ihres Systems immer
doch nebenher zu dem Bildungstrieb ihre Zuflucht
nehmen. Der Bildungstrieb hingegen bedarf zur
Erklärung der Zeugungsphänomenen keiner fremden
Beyhilfe. Es ist also nicht abzusehen, wozu man,
wie die Schule sagt, die Dinge ohne dringende
Nothwendigkeit vermehren soll.



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[364/0380] §. 600. Wir sehen sogar, daß organische Theile ge- gen die gewöhnliche Ordnung der Natur auf Ver- anlassung irgend einer Krankheit oder durch die Heilkräfte der Natur entstehen, wobey fürwahr an keine präformirten Keime gedacht werden kann; hieher gehören die Wormischen Zwickelbeine, wel- che bey dem innern Wasserkopfe entstehen, um die Zwischenräume der von einander abstehenden Haupt- knochen auszufüllen. §. 601. Endlich, von beyden Seiten alles genau er- wogen, so müssen ja die Gönner der Evolution dem männlichen Zeugungsstoffe außer der reizen- den Kraft auch noch bildende Kräfte zugestehen, und bey der Unzulänglichkeit ihres Systems immer doch nebenher zu dem Bildungstrieb ihre Zuflucht nehmen. Der Bildungstrieb hingegen bedarf zur Erklärung der Zeugungsphänomenen keiner fremden Beyhilfe. Es ist also nicht abzusehen, wozu man, wie die Schule sagt, die Dinge ohne dringende Nothwendigkeit vermehren soll.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/380>, abgerufen am 24.11.2024.