Harns zu seyn. Durch den Zusatz von Oel, und flüchtigem Laugensalze entsteht eine von der Phos- phorsäure etwas abweichende Säure, nämlich eine phosphorisirte Säure, welche, wie der Wein- steinrahm mit dem vegetabilischen Laugensalze ge- sätigt, einen auflöslichen Weinstein darstellt, und auch mit flüchtigem Laugensalze sich verbindet.
3) Das Oel, das flüchtige Laugensalz, und die entzündbare Luft scheinen eine gemeinschaftliche Grundlage zu haben; nur die Verbindung ver- schiedener Säuren mit einer und derselben Grund- lage bringt drey verschiedene Körper hervor. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß diese Grundlage nicht nur in dem Harn, sondern auch in den übri- gen Säften des menschlichen Körpers vorhanden, und mit der Phosphorsäure verbunden ist.
4) Diese phosphorirte Säure macht mit ei- ner gewissen Menge Kalkerde verbunden den vor- erwähnten ersten Bodensatz, oder die gerinnbare Lymphe aus. Manchmal ist die Phosphorsäure so rein, daß sie diesen Bodensatz aufgelöst enthält, und in diesem Falle zeigen sich die Merkmale einer entwickelten Säure.
5) Das Kochsalz und das, mineralische Lau- gensalz sind in dem Harn nur zufälligerweise vorhan- den. Daß das Laugensalz in dem Harn ungebun- den zugegen gewesen, erhellt aus der Gegenwart desselben in der Galle, und im Speichel. Aus der Verbindung der Phosphorsäure mit diesem Laugen- salz entsteht das Perlsalz.
6) So verhält sich der Harn, so lange dersel- be in dem lebenden Körper keine Veränderung er- litten hat. Sobald aber der Einfluß der Luft und der Wärme hinzukömmt, oder eigentlich zu reden,
Harns zu seyn. Durch den Zusatz von Oel, und flüchtigem Laugensalze entsteht eine von der Phos- phorsäure etwas abweichende Säure, nämlich eine phosphorisirte Säure, welche, wie der Wein- steinrahm mit dem vegetabilischen Laugensalze ge- sätigt, einen auflöslichen Weinstein darstellt, und auch mit flüchtigem Laugensalze sich verbindet.
3) Das Oel, das flüchtige Laugensalz, und die entzündbare Luft scheinen eine gemeinschaftliche Grundlage zu haben; nur die Verbindung ver- schiedener Säuren mit einer und derselben Grund- lage bringt drey verschiedene Körper hervor. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß diese Grundlage nicht nur in dem Harn, sondern auch in den übri- gen Säften des menschlichen Körpers vorhanden, und mit der Phosphorsäure verbunden ist.
4) Diese phosphorirte Säure macht mit ei- ner gewissen Menge Kalkerde verbunden den vor- erwähnten ersten Bodensatz, oder die gerinnbare Lymphe aus. Manchmal ist die Phosphorsäure so rein, daß sie diesen Bodensatz aufgelöst enthält, und in diesem Falle zeigen sich die Merkmale einer entwickelten Säure.
5) Das Kochsalz und das, mineralische Lau- gensalz sind in dem Harn nur zufälligerweise vorhan- den. Daß das Laugensalz in dem Harn ungebun- den zugegen gewesen, erhellt aus der Gegenwart desselben in der Galle, und im Speichel. Aus der Verbindung der Phosphorsäure mit diesem Laugen- salz entsteht das Perlsalz.
6) So verhält sich der Harn, so lange dersel- be in dem lebenden Körper keine Veränderung er- litten hat. Sobald aber der Einfluß der Luft und der Wärme hinzukömmt, oder eigentlich zu reden,
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000072"><back><divtype="addenda"n="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0426"xml:id="pb410_0001"n="410"/>
Harns zu seyn. Durch den Zusatz von Oel, und<lb/>
flüchtigem Laugensalze entsteht eine von der Phos-<lb/>
phorsäure etwas abweichende Säure, nämlich eine<lb/>
phosphorisirte Säure, welche, wie der Wein-<lb/>
steinrahm mit dem vegetabilischen Laugensalze ge-<lb/>
sätigt, einen auflöslichen Weinstein darstellt, und<lb/>
auch mit flüchtigem Laugensalze sich verbindet.</p><p>3) Das Oel, das flüchtige Laugensalz, und<lb/>
die entzündbare Luft scheinen eine gemeinschaftliche<lb/>
Grundlage zu haben; nur die Verbindung ver-<lb/>
schiedener Säuren mit einer und derselben Grund-<lb/>
lage bringt drey verschiedene Körper hervor. Es<lb/>
ist daher sehr wahrscheinlich, daß diese Grundlage<lb/>
nicht nur in dem Harn, sondern auch in den übri-<lb/>
gen Säften des menschlichen Körpers vorhanden,<lb/>
und mit der Phosphorsäure verbunden ist.</p><p>4) Diese phosphorirte Säure macht mit ei-<lb/>
ner gewissen Menge Kalkerde verbunden den vor-<lb/>
erwähnten ersten Bodensatz, oder die gerinnbare<lb/>
Lymphe aus. Manchmal ist die Phosphorsäure<lb/>
so rein, daß sie diesen Bodensatz aufgelöst enthält,<lb/>
und in diesem Falle zeigen sich die Merkmale einer<lb/>
entwickelten Säure.</p><p>5) Das Kochsalz und das, mineralische Lau-<lb/>
gensalz sind in dem Harn nur zufälligerweise vorhan-<lb/>
den. Daß das Laugensalz in dem Harn ungebun-<lb/>
den zugegen gewesen, erhellt aus der Gegenwart<lb/>
desselben in der Galle, und im Speichel. Aus der<lb/>
Verbindung der Phosphorsäure mit diesem Laugen-<lb/>
salz entsteht das Perlsalz.</p><p>6) So verhält sich der Harn, so lange dersel-<lb/>
be in dem lebenden Körper keine Veränderung er-<lb/>
litten hat. Sobald aber der Einfluß der Luft und<lb/>
der Wärme hinzukömmt, oder eigentlich zu reden,<lb/></p></div></div></back></text></TEI>
[410/0426]
Harns zu seyn. Durch den Zusatz von Oel, und
flüchtigem Laugensalze entsteht eine von der Phos-
phorsäure etwas abweichende Säure, nämlich eine
phosphorisirte Säure, welche, wie der Wein-
steinrahm mit dem vegetabilischen Laugensalze ge-
sätigt, einen auflöslichen Weinstein darstellt, und
auch mit flüchtigem Laugensalze sich verbindet.
3) Das Oel, das flüchtige Laugensalz, und
die entzündbare Luft scheinen eine gemeinschaftliche
Grundlage zu haben; nur die Verbindung ver-
schiedener Säuren mit einer und derselben Grund-
lage bringt drey verschiedene Körper hervor. Es
ist daher sehr wahrscheinlich, daß diese Grundlage
nicht nur in dem Harn, sondern auch in den übri-
gen Säften des menschlichen Körpers vorhanden,
und mit der Phosphorsäure verbunden ist.
4) Diese phosphorirte Säure macht mit ei-
ner gewissen Menge Kalkerde verbunden den vor-
erwähnten ersten Bodensatz, oder die gerinnbare
Lymphe aus. Manchmal ist die Phosphorsäure
so rein, daß sie diesen Bodensatz aufgelöst enthält,
und in diesem Falle zeigen sich die Merkmale einer
entwickelten Säure.
5) Das Kochsalz und das, mineralische Lau-
gensalz sind in dem Harn nur zufälligerweise vorhan-
den. Daß das Laugensalz in dem Harn ungebun-
den zugegen gewesen, erhellt aus der Gegenwart
desselben in der Galle, und im Speichel. Aus der
Verbindung der Phosphorsäure mit diesem Laugen-
salz entsteht das Perlsalz.
6) So verhält sich der Harn, so lange dersel-
be in dem lebenden Körper keine Veränderung er-
litten hat. Sobald aber der Einfluß der Luft und
der Wärme hinzukömmt, oder eigentlich zu reden,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/426>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.