Allein obgleich die Erfahrung diese abwechseln- den Bewegungen der Arterien zu bestättigen scheint, so erheben sich doch einige wichtige Zweifel dage- gen, a) besonders, wenn man die Frage aufwirft, ob diese klopfende Bewegung, die man bey der Befühlung des Pulses wahrnimmt, von der eige- nen Kraft der Schlagader, oder nur von dem Stoß des Herzens herrührt; so daß die Bewegung der Schlagader bloß von der Gewalt abhängt, mit der das Blut aus der großen Schlagader getrieben wird, und an die Wände der Arterien prellet.
Die Oeffnung lebendiger Thiere kann diese Frage nicht entscheiden; denn manchmal sieht man zwar in geöffneten warmblütigen Thieren die Arte- rien klopfen; oft aber auch nicht. b) Sogar bey einem lebenden Menschen sah man die größern Zweige der Aorta und der Lungenschlagader puls- los: doch war diese Beobachtung an einem mon- strösen Körper gemacht. Auch fühlt man zuweilen Arterien heftig schlagen, die doch, wie aus der Anatomie bekannt ist, unbeweglich sind: z. B. die carotis cerebralis, die an dem Kanal des Felsen- beines fest anliegt.
a) Th. Kirkland'sinquiry into the present state of medical surgery. Lond. 1783. 8. Vol. I. p. 306. seq.
b) De Lamurerecherches sur les causes de la pulsa- tion des arteres. Monspel. 1769. 8.
§. 125.
Alles genau erwogen, scheint so viel gewiß zu seyn, daß zwar die Arterien sich erweitern,
Allein obgleich die Erfahrung diese abwechseln- den Bewegungen der Arterien zu bestättigen scheint, so erheben sich doch einige wichtige Zweifel dage- gen, a) besonders, wenn man die Frage aufwirft, ob diese klopfende Bewegung, die man bey der Befühlung des Pulses wahrnimmt, von der eige- nen Kraft der Schlagader, oder nur von dem Stoß des Herzens herrührt; so daß die Bewegung der Schlagader bloß von der Gewalt abhängt, mit der das Blut aus der großen Schlagader getrieben wird, und an die Wände der Arterien prellet.
Die Oeffnung lebendiger Thiere kann diese Frage nicht entscheiden; denn manchmal sieht man zwar in geöffneten warmblütigen Thieren die Arte- rien klopfen; oft aber auch nicht. b) Sogar bey einem lebenden Menschen sah man die größern Zweige der Aorta und der Lungenschlagader puls- los: doch war diese Beobachtung an einem mon- strösen Körper gemacht. Auch fühlt man zuweilen Arterien heftig schlagen, die doch, wie aus der Anatomie bekannt ist, unbeweglich sind: z. B. die carotis cerebralis, die an dem Kanal des Felsen- beines fest anliegt.
a) Th. Kirkland'sinquiry into the present state of medical surgery. Lond. 1783. 8. Vol. I. p. 306. seq.
b) De Lamurerecherches sur les causes de la pulsa- tion des arteres. Monspel. 1769. 8.
§. 125.
Alles genau erwogen, scheint so viel gewiß zu seyn, daß zwar die Arterien sich erweitern,
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000072"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0093"xml:id="pb075_0001"n="75"/>
Allein obgleich die Erfahrung diese abwechseln-<lb/>
den Bewegungen der Arterien zu bestättigen scheint,<lb/>
so erheben sich doch einige wichtige Zweifel dage-<lb/>
gen, <hirendition="#i"><hirendition="#aq">a</hi></hi>) besonders, wenn man die Frage aufwirft,<lb/>
ob diese klopfende Bewegung, die man bey der<lb/>
Befühlung des Pulses wahrnimmt, von der eige-<lb/>
nen Kraft der Schlagader, oder nur von dem Stoß<lb/>
des Herzens herrührt; so daß die Bewegung der<lb/>
Schlagader bloß von der Gewalt abhängt, mit der<lb/>
das Blut aus der großen Schlagader getrieben wird,<lb/>
und an die Wände der Arterien prellet.</p><p>Die Oeffnung lebendiger Thiere kann diese<lb/>
Frage nicht entscheiden; denn manchmal sieht man<lb/>
zwar in geöffneten warmblütigen Thieren die Arte-<lb/>
rien klopfen; oft aber auch nicht. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">b</hi></hi>) Sogar bey<lb/>
einem lebenden Menschen sah man die größern<lb/>
Zweige der Aorta und der Lungenschlagader puls-<lb/>
los: doch war diese Beobachtung an einem mon-<lb/>
strösen Körper gemacht. Auch fühlt man zuweilen<lb/>
Arterien heftig schlagen, die doch, wie aus der<lb/>
Anatomie bekannt ist, unbeweglich sind: z. B. die<lb/><hirendition="#aq">carotis cerebralis</hi>, die an dem Kanal des Felsen-<lb/>
beines fest anliegt.</p><prendition="#indent-2"><hirendition="#i"><hirendition="#aq">a) Th. Kirkland's</hi></hi><hirendition="#aq">inquiry into the present state of<lb/>
medical surgery. Lond</hi>. 1783. 8. <hirendition="#aq">Vol</hi>. I. <hirendition="#aq">p</hi>.<lb/>
306. <hirendition="#aq">seq</hi>.</p><prendition="#indent-2"><hirendition="#i"><hirendition="#aq">b) De Lamure</hi></hi><hirendition="#aq">recherches sur les causes de la pulsa-<lb/>
tion des arteres. Monspel</hi>. 1769. 8.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 125.</head><lb/><p>Alles genau erwogen, scheint so viel gewiß<lb/>
zu seyn, daß zwar die Arterien sich erweitern,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[75/0093]
Allein obgleich die Erfahrung diese abwechseln-
den Bewegungen der Arterien zu bestättigen scheint,
so erheben sich doch einige wichtige Zweifel dage-
gen, a) besonders, wenn man die Frage aufwirft,
ob diese klopfende Bewegung, die man bey der
Befühlung des Pulses wahrnimmt, von der eige-
nen Kraft der Schlagader, oder nur von dem Stoß
des Herzens herrührt; so daß die Bewegung der
Schlagader bloß von der Gewalt abhängt, mit der
das Blut aus der großen Schlagader getrieben wird,
und an die Wände der Arterien prellet.
Die Oeffnung lebendiger Thiere kann diese
Frage nicht entscheiden; denn manchmal sieht man
zwar in geöffneten warmblütigen Thieren die Arte-
rien klopfen; oft aber auch nicht. b) Sogar bey
einem lebenden Menschen sah man die größern
Zweige der Aorta und der Lungenschlagader puls-
los: doch war diese Beobachtung an einem mon-
strösen Körper gemacht. Auch fühlt man zuweilen
Arterien heftig schlagen, die doch, wie aus der
Anatomie bekannt ist, unbeweglich sind: z. B. die
carotis cerebralis, die an dem Kanal des Felsen-
beines fest anliegt.
a) Th. Kirkland's inquiry into the present state of
medical surgery. Lond. 1783. 8. Vol. I. p.
306. seq.
b) De Lamure recherches sur les causes de la pulsa-
tion des arteres. Monspel. 1769. 8.
§. 125.
Alles genau erwogen, scheint so viel gewiß
zu seyn, daß zwar die Arterien sich erweitern,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/93>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.