Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur.
Wo die Indianer sich selbst überlassen blieben, da ver- wilderten sie wieder als Jäger und zerfielen sie in kleine Gruppen. Ihre Stammesrepubliken mit wechselnden Häuptern, eifrigen Rednern und Versammlungen der Männer, haben keinen festen Rechtsboden und keine gesicherten Institutionen. Sie sind Jägergenossenschaften, nicht Staten. Die einzel- nen Männer leben wohl in eigenwilliger und trotziger Freiheit, aber der Verband des Ganzen ist roh und ungefüge. Dem Fortschritte der weiszen Colonisation vermögen sie keinen Widerstand zu leisten. Sie werden verdrängt und aufgezehrt.
3. Bedeutender für die statliche Entwicklung ist die so- genannte gelbliche Rasse, deren Heimat Asien geblieben ist, mit ihren beiden Hauptstämmen, dem bräunlicheren Typus der Malajen und dem helleren der finnisch- mongolischen Völker. Besonders die leztere Völkerfamilie hat viele grosze Fürsten, Heerführer und Statsmänner hervor- gebracht. Ein Theil freilich dieser Stämme blieb fortwährend und bis auf den heutigen Tag in nomadischem Zustand, als Hirten, Jäger und Räuber, vorzüglich in Mittelasien. Aber andere Völker von dieser Rasse haben grosze Reiche gegründet. Sie sind durchweg roher im Westen geblieben und humaner im Osten geworden. Die ganze Rasse steht der kaukasischen näher als die der Neger und der Indianer, und hat sich früh- zeitig, zumal in den oberen Classen, mit Weiszen gemischt. Zu einer höheren Civilisation als die Hunnen und die Tür- ken haben es die Culturvölker von China und Japan ge- bracht. Sogar eine feine Statsphilosophie ist ihr Werk; und die Ideale der Humanität im Gegensatz zur Barbarei und des persönlichen Verdienstes im Gegensatz zu dem Rang der Ge- burt sind bei ihnen früher noch zur Geltung gelangt als unter den arischen Europäern. Für die Landwirthschaft, die Gewerbe, für die Schulen und die Polizei haben sie Bedeutendes ge- leistet. Aber ihre Rechtsideen blieben gemischt mit den moralischen Vorschriften und sind gebunden durch die Rück-
Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur.
Wo die Indianer sich selbst überlassen blieben, da ver- wilderten sie wieder als Jäger und zerfielen sie in kleine Gruppen. Ihre Stammesrepubliken mit wechselnden Häuptern, eifrigen Rednern und Versammlungen der Männer, haben keinen festen Rechtsboden und keine gesicherten Institutionen. Sie sind Jägergenossenschaften, nicht Staten. Die einzel- nen Männer leben wohl in eigenwilliger und trotziger Freiheit, aber der Verband des Ganzen ist roh und ungefüge. Dem Fortschritte der weiszen Colonisation vermögen sie keinen Widerstand zu leisten. Sie werden verdrängt und aufgezehrt.
3. Bedeutender für die statliche Entwicklung ist die so- genannte gelbliche Rasse, deren Heimat Asien geblieben ist, mit ihren beiden Hauptstämmen, dem bräunlicheren Typus der Malajen und dem helleren der finnisch- mongolischen Völker. Besonders die leztere Völkerfamilie hat viele grosze Fürsten, Heerführer und Statsmänner hervor- gebracht. Ein Theil freilich dieser Stämme blieb fortwährend und bis auf den heutigen Tag in nomadischem Zustand, als Hirten, Jäger und Räuber, vorzüglich in Mittelasien. Aber andere Völker von dieser Rasse haben grosze Reiche gegründet. Sie sind durchweg roher im Westen geblieben und humaner im Osten geworden. Die ganze Rasse steht der kaukasischen näher als die der Neger und der Indianer, und hat sich früh- zeitig, zumal in den oberen Classen, mit Weiszen gemischt. Zu einer höheren Civilisation als die Hunnen und die Tür- ken haben es die Culturvölker von China und Japan ge- bracht. Sogar eine feine Statsphilosophie ist ihr Werk; und die Ideale der Humanität im Gegensatz zur Barbarei und des persönlichen Verdienstes im Gegensatz zu dem Rang der Ge- burt sind bei ihnen früher noch zur Geltung gelangt als unter den arischen Europäern. Für die Landwirthschaft, die Gewerbe, für die Schulen und die Polizei haben sie Bedeutendes ge- leistet. Aber ihre Rechtsideen blieben gemischt mit den moralischen Vorschriften und sind gebunden durch die Rück-
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Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u.
Volksnatur.
Wo die Indianer sich selbst überlassen blieben, da ver-
wilderten sie wieder als Jäger und zerfielen sie in kleine
Gruppen. Ihre Stammesrepubliken mit wechselnden Häuptern,
eifrigen Rednern und Versammlungen der Männer, haben
keinen festen Rechtsboden und keine gesicherten Institutionen.
Sie sind Jägergenossenschaften, nicht Staten. Die einzel-
nen Männer leben wohl in eigenwilliger und trotziger Freiheit,
aber der Verband des Ganzen ist roh und ungefüge. Dem
Fortschritte der weiszen Colonisation vermögen sie keinen
Widerstand zu leisten. Sie werden verdrängt und aufgezehrt.
3. Bedeutender für die statliche Entwicklung ist die so-
genannte gelbliche Rasse, deren Heimat Asien geblieben
ist, mit ihren beiden Hauptstämmen, dem bräunlicheren
Typus der Malajen und dem helleren der finnisch-
mongolischen Völker. Besonders die leztere Völkerfamilie
hat viele grosze Fürsten, Heerführer und Statsmänner hervor-
gebracht. Ein Theil freilich dieser Stämme blieb fortwährend
und bis auf den heutigen Tag in nomadischem Zustand,
als Hirten, Jäger und Räuber, vorzüglich in Mittelasien. Aber
andere Völker von dieser Rasse haben grosze Reiche gegründet.
Sie sind durchweg roher im Westen geblieben und humaner
im Osten geworden. Die ganze Rasse steht der kaukasischen
näher als die der Neger und der Indianer, und hat sich früh-
zeitig, zumal in den oberen Classen, mit Weiszen gemischt.
Zu einer höheren Civilisation als die Hunnen und die Tür-
ken haben es die Culturvölker von China und Japan ge-
bracht. Sogar eine feine Statsphilosophie ist ihr Werk; und
die Ideale der Humanität im Gegensatz zur Barbarei und des
persönlichen Verdienstes im Gegensatz zu dem Rang der Ge-
burt sind bei ihnen früher noch zur Geltung gelangt als unter
den arischen Europäern. Für die Landwirthschaft, die Gewerbe,
für die Schulen und die Polizei haben sie Bedeutendes ge-
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/106>, abgerufen am 27.11.2024.
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