A) unmittelbar durch die Versammlung der Bürger geübt, wie vorzugsweise im Alterthum (antike Republi- ken) oder
B) mittelbar durch Ausschüsse und Stellvertreter, wie in der neuern Zeit (moderne Repräsentativstaten.)
Wenden wir diese neue secundäre Unterscheidung auf die alte Eintheilung der Grundformen an, so ergeben sich folgende Resultate:
I. Die Theokratie neigt sich principiell zu der Classe der unfreien Staten. Aber sie ist nicht nothwendig Despotie, indem auch der herrschende Gott, oder die von ihm inspirirte Priesterschaft ein Gesetz des Gemeinwesens anerkennen und respectiren kann. Sie kann daher sich der zweiten und der dritten Classe insofern annähern, als die Ausübung der gött- lichen Herrschaft an die Mitwirkung aristokratischer Classen oder selbst einer Volksversammlung gebunden wird. Die jüdische Theokratie war in diesem Sinne republikanisch.
II. Die Aristokratie gravitirt zur zweiten Classe der halbfreien Staten, kann aber auch als unfreier Stat vor- kommen, wenn der Demos politisch rechtlos ist oder sie kann sich in die dritte Classe der freien Volksstaten erheben, wenn sie dem Demos wie in Rom eine wahre Volksvertretung ver- stattet.
III. Die Demokratie hat einen innern Zug zur dritten Classe der freien Staten; sie kann aber zur Despotie werden gegenüber der Minderheit oder doch zur Absolutie gegenüber den einzelnen Bürgern; und sie kann im Verhältnisz zu einer unterwürfigen Classe (Sclaven und Heloten im Alterthum, Farbige in Amerika) als halbfreier Stat sich zeigen.
IV. Die Monarchie, welche überhaupt in den mannich- faltigsten Formen erscheint, nimmt alle drei Classen in zahl- reichen Anwendungen in sich auf. Die Despotien des Orients und die absoluten Monarchien auch des Occidents sind offenbar
Sechstes Buch. Die Statsformen.
Diese Controle und Theilnahme wird daher entweder
A) unmittelbar durch die Versammlung der Bürger geübt, wie vorzugsweise im Alterthum (antike Republi- ken) oder
B) mittelbar durch Ausschüsse und Stellvertreter, wie in der neuern Zeit (moderne Repräsentativstaten.)
Wenden wir diese neue secundäre Unterscheidung auf die alte Eintheilung der Grundformen an, so ergeben sich folgende Resultate:
I. Die Theokratie neigt sich principiell zu der Classe der unfreien Staten. Aber sie ist nicht nothwendig Despotie, indem auch der herrschende Gott, oder die von ihm inspirirte Priesterschaft ein Gesetz des Gemeinwesens anerkennen und respectiren kann. Sie kann daher sich der zweiten und der dritten Classe insofern annähern, als die Ausübung der gött- lichen Herrschaft an die Mitwirkung aristokratischer Classen oder selbst einer Volksversammlung gebunden wird. Die jüdische Theokratie war in diesem Sinne republikanisch.
II. Die Aristokratie gravitirt zur zweiten Classe der halbfreien Staten, kann aber auch als unfreier Stat vor- kommen, wenn der Demos politisch rechtlos ist oder sie kann sich in die dritte Classe der freien Volksstaten erheben, wenn sie dem Demos wie in Rom eine wahre Volksvertretung ver- stattet.
III. Die Demokratie hat einen innern Zug zur dritten Classe der freien Staten; sie kann aber zur Despotie werden gegenüber der Minderheit oder doch zur Absolutie gegenüber den einzelnen Bürgern; und sie kann im Verhältnisz zu einer unterwürfigen Classe (Sclaven und Heloten im Alterthum, Farbige in Amerika) als halbfreier Stat sich zeigen.
IV. Die Monarchie, welche überhaupt in den mannich- faltigsten Formen erscheint, nimmt alle drei Classen in zahl- reichen Anwendungen in sich auf. Die Despotien des Orients und die absoluten Monarchien auch des Occidents sind offenbar
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Sechstes Buch. Die Statsformen.
Diese Controle und Theilnahme wird daher entweder
A) unmittelbar durch die Versammlung der Bürger
geübt, wie vorzugsweise im Alterthum (antike Republi-
ken) oder
B) mittelbar durch Ausschüsse und Stellvertreter, wie
in der neuern Zeit (moderne Repräsentativstaten.)
Wenden wir diese neue secundäre Unterscheidung auf
die alte Eintheilung der Grundformen an, so ergeben sich
folgende Resultate:
I. Die Theokratie neigt sich principiell zu der Classe
der unfreien Staten. Aber sie ist nicht nothwendig Despotie,
indem auch der herrschende Gott, oder die von ihm inspirirte
Priesterschaft ein Gesetz des Gemeinwesens anerkennen und
respectiren kann. Sie kann daher sich der zweiten und der
dritten Classe insofern annähern, als die Ausübung der gött-
lichen Herrschaft an die Mitwirkung aristokratischer Classen
oder selbst einer Volksversammlung gebunden wird. Die
jüdische Theokratie war in diesem Sinne republikanisch.
II. Die Aristokratie gravitirt zur zweiten Classe der
halbfreien Staten, kann aber auch als unfreier Stat vor-
kommen, wenn der Demos politisch rechtlos ist oder sie kann
sich in die dritte Classe der freien Volksstaten erheben, wenn
sie dem Demos wie in Rom eine wahre Volksvertretung ver-
stattet.
III. Die Demokratie hat einen innern Zug zur dritten
Classe der freien Staten; sie kann aber zur Despotie werden
gegenüber der Minderheit oder doch zur Absolutie gegenüber
den einzelnen Bürgern; und sie kann im Verhältnisz zu einer
unterwürfigen Classe (Sclaven und Heloten im Alterthum,
Farbige in Amerika) als halbfreier Stat sich zeigen.
IV. Die Monarchie, welche überhaupt in den mannich-
faltigsten Formen erscheint, nimmt alle drei Classen in zahl-
reichen Anwendungen in sich auf. Die Despotien des Orients
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/402>, abgerufen am 22.11.2024.
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