Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.Vierz. Cap. II. Mon. Statsformen. G. Const. Monarchie. 1. Entstehung etc. der herrschenden Dynastie gefunden, so sollte auch für dienächste Zeit die einheitliche Statsmacht über das ganze ge- einigte Reich ausschlieszlich der Person des Kaisers anver- traut bleiben. Durch das kaiserliche Patent vom 20. August 1851 wurde bestimmt, dasz die Minister nur dem Throne ver- antwortlich seien, durch das Cabinetsschreiben vom 20. Au- gust 1851 der Reichsrath in einen Rath der Krone umge- wandelt, und durch das Patent vom 31. December 1851 wurden die constitutionelle Verfassung und die Grundrechte von 1849 aufgehoben. In dem Cabinetsschreiben endlich vom 31. De- cember 1851 wurden in den Kronländern berathende Aus- schüsse des grundbesitzenden Erbadels, der übrigen Grund- besitzer und der Industriellen in Aussicht gestellt, 26 aber in Wahrheit das System der absoluten Monarchie wiederhergestellt. Mit Hülfe eines maschinenartig zu bewegenden Beamten- systems übte dieselbe die Regierungsgewalt aus und stützte sich dabei in geistiger Hinsicht auf das Wohlwollen des ka- tholischen Klerus und in materieller auf die starke Armee. Seit dem Jahre 1858 hatte die absolutistische Politik in Die Machtstellung der Oesterreichischen Monarchie sollte 26 Zachariä, d. Verf. S. 62 ff.
Vierz. Cap. II. Mon. Statsformen. G. Const. Monarchie. 1. Entstehung etc. der herrschenden Dynastie gefunden, so sollte auch für dienächste Zeit die einheitliche Statsmacht über das ganze ge- einigte Reich ausschlieszlich der Person des Kaisers anver- traut bleiben. Durch das kaiserliche Patent vom 20. August 1851 wurde bestimmt, dasz die Minister nur dem Throne ver- antwortlich seien, durch das Cabinetsschreiben vom 20. Au- gust 1851 der Reichsrath in einen Rath der Krone umge- wandelt, und durch das Patent vom 31. December 1851 wurden die constitutionelle Verfassung und die Grundrechte von 1849 aufgehoben. In dem Cabinetsschreiben endlich vom 31. De- cember 1851 wurden in den Kronländern berathende Aus- schüsse des grundbesitzenden Erbadels, der übrigen Grund- besitzer und der Industriellen in Aussicht gestellt, 26 aber in Wahrheit das System der absoluten Monarchie wiederhergestellt. Mit Hülfe eines maschinenartig zu bewegenden Beamten- systems übte dieselbe die Regierungsgewalt aus und stützte sich dabei in geistiger Hinsicht auf das Wohlwollen des ka- tholischen Klerus und in materieller auf die starke Armee. Seit dem Jahre 1858 hatte die absolutistische Politik in Die Machtstellung der Oesterreichischen Monarchie sollte 26 Zachariä, d. Verf. S. 62 ff.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0497" n="479"/><fw place="top" type="header">Vierz. Cap. II. Mon. Statsformen. G. Const. Monarchie. 1. Entstehung etc.</fw><lb/> der herrschenden Dynastie gefunden, so sollte auch für die<lb/> nächste Zeit die einheitliche Statsmacht über das ganze ge-<lb/> einigte Reich ausschlieszlich der Person des Kaisers anver-<lb/> traut bleiben. Durch das kaiserliche Patent vom 20. August<lb/> 1851 wurde bestimmt, dasz die Minister nur dem Throne ver-<lb/> antwortlich seien, durch das Cabinetsschreiben vom 20. Au-<lb/> gust 1851 der Reichsrath in einen Rath der Krone umge-<lb/> wandelt, und durch das Patent vom 31. December 1851 wurden<lb/> die constitutionelle Verfassung und die Grundrechte von 1849<lb/> aufgehoben. In dem Cabinetsschreiben endlich vom 31. De-<lb/> cember 1851 wurden in den Kronländern berathende Aus-<lb/> schüsse des grundbesitzenden Erbadels, der übrigen Grund-<lb/> besitzer und der Industriellen in Aussicht gestellt, <note place="foot" n="26"><hi rendition="#g">Zachariä</hi>, d. Verf. S. 62 ff.</note> aber in<lb/> Wahrheit das System der absoluten Monarchie wiederhergestellt.<lb/> Mit Hülfe eines maschinenartig zu bewegenden Beamten-<lb/> systems übte dieselbe die Regierungsgewalt aus und stützte<lb/> sich dabei in geistiger Hinsicht auf das Wohlwollen des ka-<lb/> tholischen Klerus und in materieller auf die starke Armee.</p><lb/> <p>Seit dem Jahre 1858 hatte die absolutistische Politik in<lb/> Preuszen, Bayern, Baden, Württemberg, Kurhessen u. s. f.<lb/> eine Reihe von Niederlagen erlitten und Oesterreich erfuhr<lb/> es in dem Italienischen Kriege von 1859, dasz die drei ein-<lb/> zigen Stützen der absoluten Politik, die Bureaukratie, die<lb/> Armee und der Klerus in der Krisis ohnmächtig werden.<lb/> Wiederum sah die kaiserliche Regierung die einzig-mögliche<lb/> Rettung aus ihrer Finanznoth und aus ihrer politischen Ver-<lb/> kommenheit in der Gewährung der Repräsentativverfassung<lb/> und der Umwandlung der absoluten in die constitutionelle<lb/> Monarchie. Das kaiserliche Diplom vom 20. October 1860<lb/> verkündete diesen Entschlusz und das Grundgesetz vom 26. Fe-<lb/> bruar 1861 suchte denselben auszuführen.</p><lb/> <p>Die Machtstellung der Oesterreichischen Monarchie sollte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [479/0497]
Vierz. Cap. II. Mon. Statsformen. G. Const. Monarchie. 1. Entstehung etc.
der herrschenden Dynastie gefunden, so sollte auch für die
nächste Zeit die einheitliche Statsmacht über das ganze ge-
einigte Reich ausschlieszlich der Person des Kaisers anver-
traut bleiben. Durch das kaiserliche Patent vom 20. August
1851 wurde bestimmt, dasz die Minister nur dem Throne ver-
antwortlich seien, durch das Cabinetsschreiben vom 20. Au-
gust 1851 der Reichsrath in einen Rath der Krone umge-
wandelt, und durch das Patent vom 31. December 1851 wurden
die constitutionelle Verfassung und die Grundrechte von 1849
aufgehoben. In dem Cabinetsschreiben endlich vom 31. De-
cember 1851 wurden in den Kronländern berathende Aus-
schüsse des grundbesitzenden Erbadels, der übrigen Grund-
besitzer und der Industriellen in Aussicht gestellt, 26 aber in
Wahrheit das System der absoluten Monarchie wiederhergestellt.
Mit Hülfe eines maschinenartig zu bewegenden Beamten-
systems übte dieselbe die Regierungsgewalt aus und stützte
sich dabei in geistiger Hinsicht auf das Wohlwollen des ka-
tholischen Klerus und in materieller auf die starke Armee.
Seit dem Jahre 1858 hatte die absolutistische Politik in
Preuszen, Bayern, Baden, Württemberg, Kurhessen u. s. f.
eine Reihe von Niederlagen erlitten und Oesterreich erfuhr
es in dem Italienischen Kriege von 1859, dasz die drei ein-
zigen Stützen der absoluten Politik, die Bureaukratie, die
Armee und der Klerus in der Krisis ohnmächtig werden.
Wiederum sah die kaiserliche Regierung die einzig-mögliche
Rettung aus ihrer Finanznoth und aus ihrer politischen Ver-
kommenheit in der Gewährung der Repräsentativverfassung
und der Umwandlung der absoluten in die constitutionelle
Monarchie. Das kaiserliche Diplom vom 20. October 1860
verkündete diesen Entschlusz und das Grundgesetz vom 26. Fe-
bruar 1861 suchte denselben auszuführen.
Die Machtstellung der Oesterreichischen Monarchie sollte
26 Zachariä, d. Verf. S. 62 ff.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |