Vierundzwanzigstes Capitel. V. Zusammengesetzte Statsformen.
aussetzung Achtung ihrer Persönlichkeit erwerben, dasz sie ihrerseits nicht durch hochmüthige Anmaszung das Gefühl der Rechtsgleichheit verletzen und in gemeinnütziger Hingabe für das gemeine Beste mit den Besten der Demokraten wetteifern.
Anmerkung. Robert v. Mohl hat gegen die obige Behauptung, dasz für die repräsentative Demokratie das Princip der Volkszahl keine absolute Geltung verdiene, eingewendet (Encyclop. S. 346.): "So richtig im Allgemeinen die Ansicht ist, dasz die Befugnisz, an einer statlichen Wahl Antheil zu nehmen, nicht vom Standpunkt des persönlichen Rechtes aufgefaszt, sondern als ein Auftrag oder als ein Amt betrachtet werden musz, so verhält sich diesz doch ganz anders in der Volksherrschaft durch Vertretung. In der Volksherrschaft geht man überhaupt von dem angeborenen Rechte des Einzelnen, an der Regierung Theil zu nehmen, aus." Ich gebe zu, die moderne demokratische Lehre, wie sie von Rous- seau hauptsächlich vertreten wird, sieht das Verhältnisz so an. Gerade deszhalb ist sie aber noch in der Mischung des Privatrechts und des öffentlichen Rechts befangen und ihr Gesellschaftsstat ist nichts an- deres als der auf den Kopf gestellte Patrimonialstat. Indem man sich der Einheit des Volks im Gegensatz zu der Summe der Bürger bewuszt wird, kann sich auch der Irrthum jener Theorie nicht mehr verbergen. Kein Wähler hat von der Natur sein Wahlrecht erworben, sondern Jeder hat es von dem State empfangen. Alle Wahlorganisation ist Statseinrichtung zu öffentlichen Zwecken.
Vierundzwanzigstes Capitel. V. Zusammengesetzte Statsformen.
Die ganze bisherige Darstellung der verschiedenen Stats- formen hatte nur die einfachen Staten vor Augen. Es gibt aber auch zusammengesetzte, d. h. solche Staten, deren Theile in sich wieder als Staten oder wenigstens staten- ähnlich geordnet sind. In ihnen wiederholen sich die Gegen- sätze der geschilderten Grundformen, und insofern haben sie nichts Besonderes. Der Gesammtstat und die Einzelstaten; der Hauptstat und die Nebenstaten können z. B. monarchisch oder repräsentativ-demokratisch organisirt sein.
Vierundzwanzigstes Capitel. V. Zusammengesetzte Statsformen.
aussetzung Achtung ihrer Persönlichkeit erwerben, dasz sie ihrerseits nicht durch hochmüthige Anmaszung das Gefühl der Rechtsgleichheit verletzen und in gemeinnütziger Hingabe für das gemeine Beste mit den Besten der Demokraten wetteifern.
Anmerkung. Robert v. Mohl hat gegen die obige Behauptung, dasz für die repräsentative Demokratie das Princip der Volkszahl keine absolute Geltung verdiene, eingewendet (Encyclop. S. 346.): „So richtig im Allgemeinen die Ansicht ist, dasz die Befugnisz, an einer statlichen Wahl Antheil zu nehmen, nicht vom Standpunkt des persönlichen Rechtes aufgefaszt, sondern als ein Auftrag oder als ein Amt betrachtet werden musz, so verhält sich diesz doch ganz anders in der Volksherrschaft durch Vertretung. In der Volksherrschaft geht man überhaupt von dem angeborenen Rechte des Einzelnen, an der Regierung Theil zu nehmen, aus.“ Ich gebe zu, die moderne demokratische Lehre, wie sie von Rous- seau hauptsächlich vertreten wird, sieht das Verhältnisz so an. Gerade deszhalb ist sie aber noch in der Mischung des Privatrechts und des öffentlichen Rechts befangen und ihr Gesellschaftsstat ist nichts an- deres als der auf den Kopf gestellte Patrimonialstat. Indem man sich der Einheit des Volks im Gegensatz zu der Summe der Bürger bewuszt wird, kann sich auch der Irrthum jener Theorie nicht mehr verbergen. Kein Wähler hat von der Natur sein Wahlrecht erworben, sondern Jeder hat es von dem State empfangen. Alle Wahlorganisation ist Statseinrichtung zu öffentlichen Zwecken.
Vierundzwanzigstes Capitel. V. Zusammengesetzte Statsformen.
Die ganze bisherige Darstellung der verschiedenen Stats- formen hatte nur die einfachen Staten vor Augen. Es gibt aber auch zusammengesetzte, d. h. solche Staten, deren Theile in sich wieder als Staten oder wenigstens staten- ähnlich geordnet sind. In ihnen wiederholen sich die Gegen- sätze der geschilderten Grundformen, und insofern haben sie nichts Besonderes. Der Gesammtstat und die Einzelstaten; der Hauptstat und die Nebenstaten können z. B. monarchisch oder repräsentativ-demokratisch organisirt sein.
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Vierundzwanzigstes Capitel. V. Zusammengesetzte Statsformen.
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ihrerseits nicht durch hochmüthige Anmaszung das Gefühl der
Rechtsgleichheit verletzen und in gemeinnütziger Hingabe für
das gemeine Beste mit den Besten der Demokraten wetteifern.
Anmerkung. Robert v. Mohl hat gegen die obige Behauptung,
dasz für die repräsentative Demokratie das Princip der Volkszahl keine
absolute Geltung verdiene, eingewendet (Encyclop. S. 346.): „So richtig
im Allgemeinen die Ansicht ist, dasz die Befugnisz, an einer statlichen
Wahl Antheil zu nehmen, nicht vom Standpunkt des persönlichen Rechtes
aufgefaszt, sondern als ein Auftrag oder als ein Amt betrachtet werden
musz, so verhält sich diesz doch ganz anders in der Volksherrschaft
durch Vertretung. In der Volksherrschaft geht man überhaupt von dem
angeborenen Rechte des Einzelnen, an der Regierung Theil zu nehmen,
aus.“ Ich gebe zu, die moderne demokratische Lehre, wie sie von Rous-
seau hauptsächlich vertreten wird, sieht das Verhältnisz so an. Gerade
deszhalb ist sie aber noch in der Mischung des Privatrechts und des
öffentlichen Rechts befangen und ihr Gesellschaftsstat ist nichts an-
deres als der auf den Kopf gestellte Patrimonialstat. Indem man
sich der Einheit des Volks im Gegensatz zu der Summe der Bürger
bewuszt wird, kann sich auch der Irrthum jener Theorie nicht mehr
verbergen. Kein Wähler hat von der Natur sein Wahlrecht erworben,
sondern Jeder hat es von dem State empfangen. Alle Wahlorganisation
ist Statseinrichtung zu öffentlichen Zwecken.
Vierundzwanzigstes Capitel.
V. Zusammengesetzte Statsformen.
Die ganze bisherige Darstellung der verschiedenen Stats-
formen hatte nur die einfachen Staten vor Augen. Es gibt
aber auch zusammengesetzte, d. h. solche Staten, deren
Theile in sich wieder als Staten oder wenigstens staten-
ähnlich geordnet sind. In ihnen wiederholen sich die Gegen-
sätze der geschilderten Grundformen, und insofern haben sie
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/573>, abgerufen am 22.11.2024.
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