alten Creditivs als zweifelhaft betrachtet. Uebungsgemäß wird in solchen Fällen ein neues Creditiv erwartet und gegeben.
Wenn aber der Absendestat durch eine bloße Notification das alte Creditiv bestätigt und der Empfangstat sich dabei beruhigt, so besteht kein völkerrechtliches Hemmniß seiner Gültigkeit. Der Grund, weßhalb in diesen Fällen anders gehandelt wird, als in den vorigen Fällen, ist der, daß solche Umwälzungen zugleich eine Wandlung der Politik bedeuten und es daher zweifelhaft erscheint, ob der von der gestürzten Regierung ernannte Gesante auch das Vertrauen der neuen Regierung habe.
231.
Wenn der Souverän des Empfangstates stirbt, bei welchem der Gesante persönlich beglaubigt war, so wird übungsgemäß ein neues Cre- ditiv an den Thronfolger ausgestellt. Aber es gibt kein völkerrechtliches Hinderniß, das alte Creditiv statlich fortwirken zu lassen.
Da der Stat und das Statshaupt dieselben bleiben, wenn gleich die Person des Fürsten geändert wird, so ist auch hier kein nöthigender Rechtsgrund vorhanden, um dem anerkannten Creditiv seine Wirksamkeit zu entziehen. Nur die diplomatische Sitte hat hier die Ausstellung eines neuen Creditivs eingeführt, wohl nur in der Absicht, den Gesanten und ihren Regierungen einen Anlaß zu ver- schaffen, um den Verkehr mit dem neuen Fürsten in feierlicher Weise einzuleiten. Gegenüber dem Regierungswechsel in Republiken besteht diese Uebung nicht, obwohl das Rechtsverhältniß dasselbe ist.
232.
Wird der Souverän des Empfangstates gewaltsam entsetzt, so ist es zweifelhaft geworden, ob der Gesante ferner bei seiner Person oder bei der neuen Regierung beglaubigt sei. Wenn der Absendestat die letztere aner- kennt, so wird eine Bestätigung des alten Creditivs oder selbst die Fort- setzung des Geschäftsverkehrs mit der neuen Regierung als genügend er- achtet, um derselben gegenüber die Fortwirkung des Creditivs zu sichern.
Vgl. zu § 230. In solchen Fällen tritt oft anfangs ein Schwanken und eine Unsicherheit darüber ein, ob der Gesante noch bei dem gestürzten Souverän oder nun bei der neuen Regierung beglaubigt sei. Da beide ein Interesse haben, den Verkehr fortzusetzen, der erstere in der Hoffnung auf Wiederherstellung seiner Autorität, die letztere in der Absicht auf Sicherung ihrer neuen Stellung, so sind beide bereit, die Fortdauer des Creditivs zu gewähren und geneigt, in diesem Sinne das Verhalten der Gesanten auszulegen. Daher fordert keine von beiden Regierungen neue Credi-
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Völkerrechtliche Organe.
alten Creditivs als zweifelhaft betrachtet. Uebungsgemäß wird in ſolchen Fällen ein neues Creditiv erwartet und gegeben.
Wenn aber der Abſendeſtat durch eine bloße Notification das alte Creditiv beſtätigt und der Empfangſtat ſich dabei beruhigt, ſo beſteht kein völkerrechtliches Hemmniß ſeiner Gültigkeit. Der Grund, weßhalb in dieſen Fällen anders gehandelt wird, als in den vorigen Fällen, iſt der, daß ſolche Umwälzungen zugleich eine Wandlung der Politik bedeuten und es daher zweifelhaft erſcheint, ob der von der geſtürzten Regierung ernannte Geſante auch das Vertrauen der neuen Regierung habe.
231.
Wenn der Souverän des Empfangſtates ſtirbt, bei welchem der Geſante perſönlich beglaubigt war, ſo wird übungsgemäß ein neues Cre- ditiv an den Thronfolger ausgeſtellt. Aber es gibt kein völkerrechtliches Hinderniß, das alte Creditiv ſtatlich fortwirken zu laſſen.
Da der Stat und das Statshaupt dieſelben bleiben, wenn gleich die Perſon des Fürſten geändert wird, ſo iſt auch hier kein nöthigender Rechtsgrund vorhanden, um dem anerkannten Creditiv ſeine Wirkſamkeit zu entziehen. Nur die diplomatiſche Sitte hat hier die Ausſtellung eines neuen Creditivs eingeführt, wohl nur in der Abſicht, den Geſanten und ihren Regierungen einen Anlaß zu ver- ſchaffen, um den Verkehr mit dem neuen Fürſten in feierlicher Weiſe einzuleiten. Gegenüber dem Regierungswechſel in Republiken beſteht dieſe Uebung nicht, obwohl das Rechtsverhältniß dasſelbe iſt.
232.
Wird der Souverän des Empfangſtates gewaltſam entſetzt, ſo iſt es zweifelhaft geworden, ob der Geſante ferner bei ſeiner Perſon oder bei der neuen Regierung beglaubigt ſei. Wenn der Abſendeſtat die letztere aner- kennt, ſo wird eine Beſtätigung des alten Creditivs oder ſelbſt die Fort- ſetzung des Geſchäftsverkehrs mit der neuen Regierung als genügend er- achtet, um derſelben gegenüber die Fortwirkung des Creditivs zu ſichern.
Vgl. zu § 230. In ſolchen Fällen tritt oft anfangs ein Schwanken und eine Unſicherheit darüber ein, ob der Geſante noch bei dem geſtürzten Souverän oder nun bei der neuen Regierung beglaubigt ſei. Da beide ein Intereſſe haben, den Verkehr fortzuſetzen, der erſtere in der Hoffnung auf Wiederherſtellung ſeiner Autorität, die letztere in der Abſicht auf Sicherung ihrer neuen Stellung, ſo ſind beide bereit, die Fortdauer des Creditivs zu gewähren und geneigt, in dieſem Sinne das Verhalten der Geſanten auszulegen. Daher fordert keine von beiden Regierungen neue Credi-
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Völkerrechtliche Organe.
alten Creditivs als zweifelhaft betrachtet. Uebungsgemäß wird in ſolchen
Fällen ein neues Creditiv erwartet und gegeben.
Wenn aber der Abſendeſtat durch eine bloße Notification das alte Creditiv
beſtätigt und der Empfangſtat ſich dabei beruhigt, ſo beſteht kein völkerrechtliches
Hemmniß ſeiner Gültigkeit. Der Grund, weßhalb in dieſen Fällen anders gehandelt
wird, als in den vorigen Fällen, iſt der, daß ſolche Umwälzungen zugleich eine
Wandlung der Politik bedeuten und es daher zweifelhaft erſcheint, ob der von der
geſtürzten Regierung ernannte Geſante auch das Vertrauen der neuen Regierung
habe.
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Wenn der Souverän des Empfangſtates ſtirbt, bei welchem der
Geſante perſönlich beglaubigt war, ſo wird übungsgemäß ein neues Cre-
ditiv an den Thronfolger ausgeſtellt. Aber es gibt kein völkerrechtliches
Hinderniß, das alte Creditiv ſtatlich fortwirken zu laſſen.
Da der Stat und das Statshaupt dieſelben bleiben, wenn gleich die Perſon
des Fürſten geändert wird, ſo iſt auch hier kein nöthigender Rechtsgrund
vorhanden, um dem anerkannten Creditiv ſeine Wirkſamkeit zu entziehen. Nur die
diplomatiſche Sitte hat hier die Ausſtellung eines neuen Creditivs eingeführt,
wohl nur in der Abſicht, den Geſanten und ihren Regierungen einen Anlaß zu ver-
ſchaffen, um den Verkehr mit dem neuen Fürſten in feierlicher Weiſe einzuleiten.
Gegenüber dem Regierungswechſel in Republiken beſteht dieſe Uebung nicht, obwohl
das Rechtsverhältniß dasſelbe iſt.
232.
Wird der Souverän des Empfangſtates gewaltſam entſetzt, ſo iſt es
zweifelhaft geworden, ob der Geſante ferner bei ſeiner Perſon oder bei der
neuen Regierung beglaubigt ſei. Wenn der Abſendeſtat die letztere aner-
kennt, ſo wird eine Beſtätigung des alten Creditivs oder ſelbſt die Fort-
ſetzung des Geſchäftsverkehrs mit der neuen Regierung als genügend er-
achtet, um derſelben gegenüber die Fortwirkung des Creditivs zu ſichern.
Vgl. zu § 230. In ſolchen Fällen tritt oft anfangs ein Schwanken und eine
Unſicherheit darüber ein, ob der Geſante noch bei dem geſtürzten Souverän oder nun
bei der neuen Regierung beglaubigt ſei. Da beide ein Intereſſe haben, den Verkehr
fortzuſetzen, der erſtere in der Hoffnung auf Wiederherſtellung ſeiner Autorität, die
letztere in der Abſicht auf Sicherung ihrer neuen Stellung, ſo ſind beide bereit, die
Fortdauer des Creditivs zu gewähren und geneigt, in dieſem Sinne das Verhalten
der Geſanten auszulegen. Daher fordert keine von beiden Regierungen neue Credi-
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/169>, abgerufen am 21.11.2024.
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