stellung solcher Pässe, die freilich in Folge des allgemeinen und leichter gewordenen Verkehrs glücklicher Weise großentheils entbehrlich geworden sind. Indessen hängt es von dem beauftragenden State ab, diese Vollmacht der Consuln zur Paßausstel- lung oder selbst zum Paßvisa zu verweigern oder zu beschränken. Die englischen Consuln z. B. sind darin beschränkt. Verordnung von 1846 § 29.
252.
Die Consuln haben keine Gerichtsbarkeit zu üben, wenn nicht aus- nahmsweise ihnen eine solche übertragen und in dem Lande ihrer Wirk- samkeit anerkannt worden ist.
Vom Mittelalter her haben die europäischen (fränkischen) Consuln in der Levante und in den Mohammedanischen Staten, vorzüglich an den Küsten des Mit- telländischen Meeres eine derartige Ausnahmsstellung. Auch in den Ostasiatischen Sta- ten hat dieselbe eine neue Anwendung erhalten. Vgl. unten § 269.
253.
In Streitigkeiten ihrer Landsleute können sie zu Schiedsrichtern er- wählt werden.
In diesem Falle haben sie dafür zu sorgen, daß auf die Berufung gegen ihren Spruch an die Ortsgerichte verzichtet werde. Ohne diese Clausel ist Gefahr vorhanden, daß der Spruch des Consuls, der vielleicht dem Landesrecht der Parteien entspricht, von den Ortsgerichten, die ein anderes Recht befolgen, verworfen und da- durch auch die Stellung des Consuls und das von ihm beachtete Recht seines States compromittirt werden.
254.
Sie sind berechtigt und verpflichtet, die Rechte abwesender und nicht gehörig vertretener Statsgenossen in dem fremden Gebiete zu schützen, in- dem sie zu diesem Behuf die erforderlichen Maßregeln ergreifen und ein- leiten.
Sie haben weder imperium noch jurisdictio, aber eine Art von Patronat und Procuratur in Nothfällen im Interesse ihrer Landsleute. Es ist durchaus grund- los und unpassend, diese internationale Rechtshülfe auf die Kaufleute und die Schiffs- mannschaft zu beschränken. Die andern Reisenden haben ganz denselben Anspruch auf Schutz im Auslande, wie die Handelsleute.
255.
Sie können daher Verlassenschaften ihrer Landsleute unter Siegel
Völkerrechtliche Organe.
ſtellung ſolcher Päſſe, die freilich in Folge des allgemeinen und leichter gewordenen Verkehrs glücklicher Weiſe großentheils entbehrlich geworden ſind. Indeſſen hängt es von dem beauftragenden State ab, dieſe Vollmacht der Conſuln zur Paßausſtel- lung oder ſelbſt zum Paßviſa zu verweigern oder zu beſchränken. Die engliſchen Conſuln z. B. ſind darin beſchränkt. Verordnung von 1846 § 29.
252.
Die Conſuln haben keine Gerichtsbarkeit zu üben, wenn nicht aus- nahmsweiſe ihnen eine ſolche übertragen und in dem Lande ihrer Wirk- ſamkeit anerkannt worden iſt.
Vom Mittelalter her haben die europäiſchen (fränkiſchen) Conſuln in der Levante und in den Mohammedaniſchen Staten, vorzüglich an den Küſten des Mit- telländiſchen Meeres eine derartige Ausnahmsſtellung. Auch in den Oſtaſiatiſchen Sta- ten hat dieſelbe eine neue Anwendung erhalten. Vgl. unten § 269.
253.
In Streitigkeiten ihrer Landsleute können ſie zu Schiedsrichtern er- wählt werden.
In dieſem Falle haben ſie dafür zu ſorgen, daß auf die Berufung gegen ihren Spruch an die Ortsgerichte verzichtet werde. Ohne dieſe Clauſel iſt Gefahr vorhanden, daß der Spruch des Conſuls, der vielleicht dem Landesrecht der Parteien entſpricht, von den Ortsgerichten, die ein anderes Recht befolgen, verworfen und da- durch auch die Stellung des Conſuls und das von ihm beachtete Recht ſeines States compromittirt werden.
254.
Sie ſind berechtigt und verpflichtet, die Rechte abweſender und nicht gehörig vertretener Statsgenoſſen in dem fremden Gebiete zu ſchützen, in- dem ſie zu dieſem Behuf die erforderlichen Maßregeln ergreifen und ein- leiten.
Sie haben weder imperium noch jurisdictio, aber eine Art von Patronat und Procuratur in Nothfällen im Intereſſe ihrer Landsleute. Es iſt durchaus grund- los und unpaſſend, dieſe internationale Rechtshülfe auf die Kaufleute und die Schiffs- mannſchaft zu beſchränken. Die andern Reiſenden haben ganz denſelben Anſpruch auf Schutz im Auslande, wie die Handelsleute.
255.
Sie können daher Verlaſſenſchaften ihrer Landsleute unter Siegel
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Völkerrechtliche Organe.
ſtellung ſolcher Päſſe, die freilich in Folge des allgemeinen und leichter gewordenen
Verkehrs glücklicher Weiſe großentheils entbehrlich geworden ſind. Indeſſen hängt
es von dem beauftragenden State ab, dieſe Vollmacht der Conſuln zur Paßausſtel-
lung oder ſelbſt zum Paßviſa zu verweigern oder zu beſchränken. Die engliſchen
Conſuln z. B. ſind darin beſchränkt. Verordnung von 1846 § 29.
252.
Die Conſuln haben keine Gerichtsbarkeit zu üben, wenn nicht aus-
nahmsweiſe ihnen eine ſolche übertragen und in dem Lande ihrer Wirk-
ſamkeit anerkannt worden iſt.
Vom Mittelalter her haben die europäiſchen (fränkiſchen) Conſuln in der
Levante und in den Mohammedaniſchen Staten, vorzüglich an den Küſten des Mit-
telländiſchen Meeres eine derartige Ausnahmsſtellung. Auch in den Oſtaſiatiſchen Sta-
ten hat dieſelbe eine neue Anwendung erhalten. Vgl. unten § 269.
253.
In Streitigkeiten ihrer Landsleute können ſie zu Schiedsrichtern er-
wählt werden.
In dieſem Falle haben ſie dafür zu ſorgen, daß auf die Berufung gegen
ihren Spruch an die Ortsgerichte verzichtet werde. Ohne dieſe Clauſel iſt Gefahr
vorhanden, daß der Spruch des Conſuls, der vielleicht dem Landesrecht der Parteien
entſpricht, von den Ortsgerichten, die ein anderes Recht befolgen, verworfen und da-
durch auch die Stellung des Conſuls und das von ihm beachtete Recht ſeines States
compromittirt werden.
254.
Sie ſind berechtigt und verpflichtet, die Rechte abweſender und nicht
gehörig vertretener Statsgenoſſen in dem fremden Gebiete zu ſchützen, in-
dem ſie zu dieſem Behuf die erforderlichen Maßregeln ergreifen und ein-
leiten.
Sie haben weder imperium noch jurisdictio, aber eine Art von Patronat
und Procuratur in Nothfällen im Intereſſe ihrer Landsleute. Es iſt durchaus grund-
los und unpaſſend, dieſe internationale Rechtshülfe auf die Kaufleute und die Schiffs-
mannſchaft zu beſchränken. Die andern Reiſenden haben ganz denſelben Anſpruch
auf Schutz im Auslande, wie die Handelsleute.
255.
Sie können daher Verlaſſenſchaften ihrer Landsleute unter Siegel
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/177>, abgerufen am 16.02.2025.
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