Die Auslieferung geschieht in der Regel auf Kosten des States, welcher dieselbe begehrt. Die Gestattung des Asyls dagegen fällt dem Schutzstate allein zur Last.
Selbstverständlich ist nur von den nöthigen Kosten hier die Rede, welchen sich die Staten nicht entziehen können. Soweit die Flüchtlinge für sich selber zu sorgen im Stande sind, ist von keiner Statspflicht die Rede.
401.
Die Auslieferung eines flüchtigen Verbrechers kann auch in bedingter Weise gewährt werden.
Z. B. der ausliefernde Stat verlangt, daß der Ausgelieferte nur wegen eines gemeinen, nicht auch wegen eines politischen Verbrechens gestraft werde, oder er liefert nur aus, wenn ihm die Zusicherung ertheilt wird, daß keine Todes- strafe verhängt werde. Der Stat, welcher auf solche Bedingungen hin den Aus- gelieferten empfängt, ist dann dem Auslieferungsstat gegenüber verpflichtet, demgemäß zu verfahren.
In der Regel wird die Auslieferung von dem verfolgenden State begehrt, von dem Zufluchtsstat gewährt. Es ist aber auch möglich, daß dieselbe von diesem ange- boten wird, ja sogar, daß der Stat, dem dieß Anerbieten gemacht wird, die Ueber- nahme des Flüchtlings als eine Verlegenheit zu vermeiden wünscht. In solchen Fällen kann sich der Heimatstat zwar nicht der Aufnahme seines Statsgenossen in seinem Lande entziehen (oben § 368), aber wenn er dieselben nicht weiter verfolgt, so geht das den ausliefernden Stat nichts an.
Die Statshoheit im Verhältniß zu den Perſonen.
400.
Die Auslieferung geſchieht in der Regel auf Koſten des States, welcher dieſelbe begehrt. Die Geſtattung des Aſyls dagegen fällt dem Schutzſtate allein zur Laſt.
Selbſtverſtändlich iſt nur von den nöthigen Koſten hier die Rede, welchen ſich die Staten nicht entziehen können. Soweit die Flüchtlinge für ſich ſelber zu ſorgen im Stande ſind, iſt von keiner Statspflicht die Rede.
401.
Die Auslieferung eines flüchtigen Verbrechers kann auch in bedingter Weiſe gewährt werden.
Z. B. der ausliefernde Stat verlangt, daß der Ausgelieferte nur wegen eines gemeinen, nicht auch wegen eines politiſchen Verbrechens geſtraft werde, oder er liefert nur aus, wenn ihm die Zuſicherung ertheilt wird, daß keine Todes- ſtrafe verhängt werde. Der Stat, welcher auf ſolche Bedingungen hin den Aus- gelieferten empfängt, iſt dann dem Auslieferungsſtat gegenüber verpflichtet, demgemäß zu verfahren.
In der Regel wird die Auslieferung von dem verfolgenden State begehrt, von dem Zufluchtsſtat gewährt. Es iſt aber auch möglich, daß dieſelbe von dieſem ange- boten wird, ja ſogar, daß der Stat, dem dieß Anerbieten gemacht wird, die Ueber- nahme des Flüchtlings als eine Verlegenheit zu vermeiden wünſcht. In ſolchen Fällen kann ſich der Heimatſtat zwar nicht der Aufnahme ſeines Statsgenoſſen in ſeinem Lande entziehen (oben § 368), aber wenn er dieſelben nicht weiter verfolgt, ſo geht das den ausliefernden Stat nichts an.
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Die Statshoheit im Verhältniß zu den Perſonen.
400.
Die Auslieferung geſchieht in der Regel auf Koſten des States,
welcher dieſelbe begehrt. Die Geſtattung des Aſyls dagegen fällt dem
Schutzſtate allein zur Laſt.
Selbſtverſtändlich iſt nur von den nöthigen Koſten hier die Rede, welchen
ſich die Staten nicht entziehen können. Soweit die Flüchtlinge für ſich ſelber zu
ſorgen im Stande ſind, iſt von keiner Statspflicht die Rede.
401.
Die Auslieferung eines flüchtigen Verbrechers kann auch in bedingter
Weiſe gewährt werden.
Z. B. der ausliefernde Stat verlangt, daß der Ausgelieferte nur wegen
eines gemeinen, nicht auch wegen eines politiſchen Verbrechens geſtraft werde,
oder er liefert nur aus, wenn ihm die Zuſicherung ertheilt wird, daß keine Todes-
ſtrafe verhängt werde. Der Stat, welcher auf ſolche Bedingungen hin den Aus-
gelieferten empfängt, iſt dann dem Auslieferungsſtat gegenüber verpflichtet, demgemäß
zu verfahren.
In der Regel wird die Auslieferung von dem verfolgenden State begehrt,
von dem Zufluchtsſtat gewährt. Es iſt aber auch möglich, daß dieſelbe von dieſem ange-
boten wird, ja ſogar, daß der Stat, dem dieß Anerbieten gemacht wird, die Ueber-
nahme des Flüchtlings als eine Verlegenheit zu vermeiden wünſcht. In ſolchen
Fällen kann ſich der Heimatſtat zwar nicht der Aufnahme ſeines Statsgenoſſen in
ſeinem Lande entziehen (oben § 368), aber wenn er dieſelben nicht weiter verfolgt, ſo
geht das den ausliefernden Stat nichts an.
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/251>, abgerufen am 28.11.2024.
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