Der militärische Befehl, dem Feinde kein Quartier (keinen Pardon) zu geben, darf nur aus Gründen der Wiedervergeltung (Repressalie) oder in äußersten Nothfällen insbesondere dann gegeben werden, wenn es der eigenen Sicherheit wegen unmöglich ist, sich mit Kriegsgefangenen zu be- lasten, niemals aber aus Haß und Rache.
Am. 60. Kein Truppenkörper ist berechtigt, zu erklären, daß er überhaupt Quartier weder gebe noch annehme. Das wäre nicht mehr Kriegsführung, sondern mörderische Barbarei.
581.
Feindliche Truppen, welche ihrerseits kein Quartier geben, haben auch den Anspruch verwirkt, daß ihnen Quartier gewährt werde.
Am. 62.
582.
Auch wenn das Quartier mit Recht verweigert wird, so dürfen doch Feinde, welche unfähig geworden sind, Widerstand zu leisten oder bereits in der Kriegsgefangenschaft sich befinden, nicht getödtet werden.
Am. 61. Vgl. oben § 501.
583.
Truppen, welche in der Uniform oder mit den Fahnen oder Flaggen ihrer Feinde fechten ohne ehrliche und offenbare Kennzeichen ihrer Partei- stellung dürfen kein Quartier erwarten.
Am. 63. 65. Zuweilen werden erbeutete Uniformen und Waffen vom Feinde zur eigenen Bekleidung und Ausrüstung benutzt. Darin liegt kein Unrecht. Es kann das sogar zur Nothwendigkeit werden. Aber es dürfen diese Uniformen doch nicht zur Täuschung im Kampfe selbst mißbraucht werden; daher sind in sol- chem Falle die eigenen Feldzeichen (z. B. besondere Armbinden) anzulegen, damit die Feinde sich wechselseitig erkennen. (Vgl. oben § 565.)
584.
Die eigene noch so lebhafte Ueberzeugung, daß der Feind für eine
Achtes Buch.
580.
Der militäriſche Befehl, dem Feinde kein Quartier (keinen Pardon) zu geben, darf nur aus Gründen der Wiedervergeltung (Repreſſalie) oder in äußerſten Nothfällen insbeſondere dann gegeben werden, wenn es der eigenen Sicherheit wegen unmöglich iſt, ſich mit Kriegsgefangenen zu be- laſten, niemals aber aus Haß und Rache.
Am. 60. Kein Truppenkörper iſt berechtigt, zu erklären, daß er überhaupt Quartier weder gebe noch annehme. Das wäre nicht mehr Kriegsführung, ſondern mörderiſche Barbarei.
581.
Feindliche Truppen, welche ihrerſeits kein Quartier geben, haben auch den Anſpruch verwirkt, daß ihnen Quartier gewährt werde.
Am. 62.
582.
Auch wenn das Quartier mit Recht verweigert wird, ſo dürfen doch Feinde, welche unfähig geworden ſind, Widerſtand zu leiſten oder bereits in der Kriegsgefangenſchaft ſich befinden, nicht getödtet werden.
Am. 61. Vgl. oben § 501.
583.
Truppen, welche in der Uniform oder mit den Fahnen oder Flaggen ihrer Feinde fechten ohne ehrliche und offenbare Kennzeichen ihrer Partei- ſtellung dürfen kein Quartier erwarten.
Am. 63. 65. Zuweilen werden erbeutete Uniformen und Waffen vom Feinde zur eigenen Bekleidung und Ausrüſtung benutzt. Darin liegt kein Unrecht. Es kann das ſogar zur Nothwendigkeit werden. Aber es dürfen dieſe Uniformen doch nicht zur Täuſchung im Kampfe ſelbſt mißbraucht werden; daher ſind in ſol- chem Falle die eigenen Feldzeichen (z. B. beſondere Armbinden) anzulegen, damit die Feinde ſich wechſelſeitig erkennen. (Vgl. oben § 565.)
584.
Die eigene noch ſo lebhafte Ueberzeugung, daß der Feind für eine
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Achtes Buch.
580.
Der militäriſche Befehl, dem Feinde kein Quartier (keinen Pardon)
zu geben, darf nur aus Gründen der Wiedervergeltung (Repreſſalie) oder
in äußerſten Nothfällen insbeſondere dann gegeben werden, wenn es der
eigenen Sicherheit wegen unmöglich iſt, ſich mit Kriegsgefangenen zu be-
laſten, niemals aber aus Haß und Rache.
Am. 60. Kein Truppenkörper iſt berechtigt, zu erklären, daß er überhaupt
Quartier weder gebe noch annehme. Das wäre nicht mehr Kriegsführung, ſondern
mörderiſche Barbarei.
581.
Feindliche Truppen, welche ihrerſeits kein Quartier geben, haben auch
den Anſpruch verwirkt, daß ihnen Quartier gewährt werde.
Am. 62.
582.
Auch wenn das Quartier mit Recht verweigert wird, ſo dürfen doch
Feinde, welche unfähig geworden ſind, Widerſtand zu leiſten oder bereits
in der Kriegsgefangenſchaft ſich befinden, nicht getödtet werden.
Am. 61. Vgl. oben § 501.
583.
Truppen, welche in der Uniform oder mit den Fahnen oder Flaggen
ihrer Feinde fechten ohne ehrliche und offenbare Kennzeichen ihrer Partei-
ſtellung dürfen kein Quartier erwarten.
Am. 63. 65. Zuweilen werden erbeutete Uniformen und Waffen vom Feinde
zur eigenen Bekleidung und Ausrüſtung benutzt. Darin liegt kein Unrecht. Es
kann das ſogar zur Nothwendigkeit werden. Aber es dürfen dieſe Uniformen doch
nicht zur Täuſchung im Kampfe ſelbſt mißbraucht werden; daher ſind in ſol-
chem Falle die eigenen Feldzeichen (z. B. beſondere Armbinden) anzulegen, damit die
Feinde ſich wechſelſeitig erkennen. (Vgl. oben § 565.)
584.
Die eigene noch ſo lebhafte Ueberzeugung, daß der Feind für eine
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/346>, abgerufen am 23.11.2024.
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