dazu gehörigen Archive, Documente, Acten u. s. f. zurückzugeben, auch wenn dieselben inzwischen von dem Sieger weggeführt worden sind.
Das Archiv gehört zum Land, gleichsam als Zubehörde, wie die Haus- schriften zum Haus. Die natürliche Beziehung derselben, sowie der einzelnen Ur- kunden und Actenstücke zu den Rechtsverhältnissen des Landes und der Verwaltung der Statshoheit ist hier so enge und so stark, daß das Hoheitsrecht jene Gegenstände anzieht und das Recht auf diese aus jenem Rechte folgt.
723.
Die Rückgabe anderer feindlicher Kriegsbeute, selbst der wissenschaft- lichen und künstlerischen Sammlungen und der Denkmäler, die vor dem Friedensschluß weggebracht worden sind, versteht sich nicht von selber, son- dern ist vertragsmäßig zu bestimmen.
Vgl. oben § 650.
724.
Der Vollzug der Friedensbestimmungen soll sofort, d. h. sobald es nach den Umständen möglich ist, und in guten Treuen geschehn.
1. Erst die Ratification macht den Vertrag perfect. Erst von diesem Tage an kann daher der Vollzug rechtlich gefordert werden. Gewöhnlich haben aber die Feindseligkeiten schon vorher aufgehört, während der Friedensverhandlung, die durch einen Waffenstillstand eingeleitet worden ist.
2. Oft enthält der Friedensvertrag auch genaue Termine für den Voll- zug der Friedensbestimmungen, z. B. für die Räumung eines besetzten Gebietes.
3. In allen Fällen aber gilt die Regel eines möglichst raschen Vollzugs, damit der Nothstand des Kriegs sobald als möglich dem normalen Zustand des Friedens weiche.
725.
Wird der Friedensschluß, bevor er vollzogen ist, wieder gebrochen, sei es durch thatsächliche Erneuerung der Feindseligkeiten, sei es indem der Vollzug verweigert oder verhindert wird, oder dem Vertrag offenbar ent- gegengehandelt wird, so ist die andere Partei berechtigt, sofort den Krieg fortzusetzen und zu handeln, wie wenn kein Friedensvertrag abgeschlossen
Achtes Buch.
dazu gehörigen Archive, Documente, Acten u. ſ. f. zurückzugeben, auch wenn dieſelben inzwiſchen von dem Sieger weggeführt worden ſind.
Das Archiv gehört zum Land, gleichſam als Zubehörde, wie die Haus- ſchriften zum Haus. Die natürliche Beziehung derſelben, ſowie der einzelnen Ur- kunden und Actenſtücke zu den Rechtsverhältniſſen des Landes und der Verwaltung der Statshoheit iſt hier ſo enge und ſo ſtark, daß das Hoheitsrecht jene Gegenſtände anzieht und das Recht auf dieſe aus jenem Rechte folgt.
723.
Die Rückgabe anderer feindlicher Kriegsbeute, ſelbſt der wiſſenſchaft- lichen und künſtleriſchen Sammlungen und der Denkmäler, die vor dem Friedensſchluß weggebracht worden ſind, verſteht ſich nicht von ſelber, ſon- dern iſt vertragsmäßig zu beſtimmen.
Vgl. oben § 650.
724.
Der Vollzug der Friedensbeſtimmungen ſoll ſofort, d. h. ſobald es nach den Umſtänden möglich iſt, und in guten Treuen geſchehn.
1. Erſt die Ratification macht den Vertrag perfect. Erſt von dieſem Tage an kann daher der Vollzug rechtlich gefordert werden. Gewöhnlich haben aber die Feindſeligkeiten ſchon vorher aufgehört, während der Friedensverhandlung, die durch einen Waffenſtillſtand eingeleitet worden iſt.
2. Oft enthält der Friedensvertrag auch genaue Termine für den Voll- zug der Friedensbeſtimmungen, z. B. für die Räumung eines beſetzten Gebietes.
3. In allen Fällen aber gilt die Regel eines möglichſt raſchen Vollzugs, damit der Nothſtand des Kriegs ſobald als möglich dem normalen Zuſtand des Friedens weiche.
725.
Wird der Friedensſchluß, bevor er vollzogen iſt, wieder gebrochen, ſei es durch thatſächliche Erneuerung der Feindſeligkeiten, ſei es indem der Vollzug verweigert oder verhindert wird, oder dem Vertrag offenbar ent- gegengehandelt wird, ſo iſt die andere Partei berechtigt, ſofort den Krieg fortzuſetzen und zu handeln, wie wenn kein Friedensvertrag abgeſchloſſen
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Achtes Buch.
dazu gehörigen Archive, Documente, Acten u. ſ. f. zurückzugeben, auch
wenn dieſelben inzwiſchen von dem Sieger weggeführt worden ſind.
Das Archiv gehört zum Land, gleichſam als Zubehörde, wie die Haus-
ſchriften zum Haus. Die natürliche Beziehung derſelben, ſowie der einzelnen Ur-
kunden und Actenſtücke zu den Rechtsverhältniſſen des Landes und der Verwaltung
der Statshoheit iſt hier ſo enge und ſo ſtark, daß das Hoheitsrecht jene Gegenſtände
anzieht und das Recht auf dieſe aus jenem Rechte folgt.
723.
Die Rückgabe anderer feindlicher Kriegsbeute, ſelbſt der wiſſenſchaft-
lichen und künſtleriſchen Sammlungen und der Denkmäler, die vor dem
Friedensſchluß weggebracht worden ſind, verſteht ſich nicht von ſelber, ſon-
dern iſt vertragsmäßig zu beſtimmen.
Vgl. oben § 650.
724.
Der Vollzug der Friedensbeſtimmungen ſoll ſofort, d. h. ſobald es
nach den Umſtänden möglich iſt, und in guten Treuen geſchehn.
1. Erſt die Ratification macht den Vertrag perfect. Erſt von dieſem
Tage an kann daher der Vollzug rechtlich gefordert werden. Gewöhnlich haben aber
die Feindſeligkeiten ſchon vorher aufgehört, während der Friedensverhandlung, die
durch einen Waffenſtillſtand eingeleitet worden iſt.
2. Oft enthält der Friedensvertrag auch genaue Termine für den Voll-
zug der Friedensbeſtimmungen, z. B. für die Räumung eines beſetzten Gebietes.
3. In allen Fällen aber gilt die Regel eines möglichſt raſchen Vollzugs,
damit der Nothſtand des Kriegs ſobald als möglich dem normalen Zuſtand des
Friedens weiche.
725.
Wird der Friedensſchluß, bevor er vollzogen iſt, wieder gebrochen,
ſei es durch thatſächliche Erneuerung der Feindſeligkeiten, ſei es indem der
Vollzug verweigert oder verhindert wird, oder dem Vertrag offenbar ent-
gegengehandelt wird, ſo iſt die andere Partei berechtigt, ſofort den Krieg
fortzuſetzen und zu handeln, wie wenn kein Friedensvertrag abgeſchloſſen
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/414>, abgerufen am 22.11.2024.
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