[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.Auszüge aus Hr. Breitingers fehlbar zur Glükseligkeit gelangen; weil nemlichGott immer gütig bleibt, und eigener Vortheil oder Nuzen ihm nicht im Wege stehet, diese Absicht zu erhalten. So ziehet ein Jrrthum den andern nach sich. Es fehlt, wie unser Hr. Breitinger oben gezeiget, er (*) Es sey denn, der Gegner erweise, daß Gott lieber
gar keine Welt habe erschaffen sollen, als eine solche, darin- nen die pretendirte Glükseligkeit aller Menschen nicht plaz findet, wenn sie die höchstmöglichen Vollkommenheiten in sich fassen, oder ein Werk seynsoll, welches Gott nach dem ganzen Umfang seiner Natur geziemend ist. Es wird aber schwer hergehen. Auszuͤge aus Hr. Breitingers fehlbar zur Gluͤkſeligkeit gelangen; weil nemlichGott immer guͤtig bleibt, und eigener Vortheil oder Nuzen ihm nicht im Wege ſtehet, dieſe Abſicht zu erhalten. So ziehet ein Jrrthum den andern nach ſich. Es fehlt, wie unſer Hr. Breitinger oben gezeiget, er (*) Es ſey denn, der Gegner erweiſe, daß Gott lieber
gar keine Welt habe erſchaffen ſollen, als eine ſolche, darin- nen die pretendirte Gluͤkſeligkeit aller Menſchen nicht plaz findet, wenn ſie die hoͤchſtmoͤglichen Vollkommenheiten in ſich faſſen, oder ein Werk ſeynſoll, welches Gott nach dem ganzen Umfang ſeiner Natur geziemend iſt. Es wird aber ſchwer hergehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0176" n="160"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Auszuͤge aus Hr. Breitingers</hi></fw><lb/> fehlbar zur Gluͤkſeligkeit gelangen; weil nemlich<lb/> Gott immer guͤtig bleibt, und eigener Vortheil oder<lb/> Nuzen ihm nicht im Wege ſtehet, dieſe Abſicht<lb/> zu erhalten.</p><lb/> <cit> <quote>So ziehet ein Jrrthum den andern nach ſich.</quote> </cit><lb/> <p>Es fehlt, wie unſer Hr. Breitinger oben gezeiget,<lb/> nur an den Grundſaͤzen dieſes Schluſſes: Jſt es<lb/> nemlich nicht an dem, daß nur die Guͤte Gottes<lb/> ohne Schaden des Begriffs ſeiner Selbſtgenugſam-<lb/> keit, und des daher entſtehenden unintereſſierten Be-<lb/> tragens, auſſer ihm Plaz habe, ſo fragt es ſich<lb/> dann erſt, ob die andern Eigenſchaften Gottes, wel-<lb/> che er in ſeinen Werken eben ſo wenig, als ſeine<lb/> Guͤte verlaͤugnen kan, in Anſehung aller Men-<lb/> ſchen, ſo wie ſie ſind, und ſich auffuͤhren, die Guͤte<lb/> Gottes dergeſtalt beſtimmen, daß dieſelben noth-<lb/> wendig zur Gluͤckſeligkeit gelangen muͤſſen. Das<lb/> was der oben belobte Hr. Erneſti in ſeiner Diſſer-<lb/> tation <hi rendition="#aq">de neceſſitate Revel. divin.</hi> von dem Ungrund<lb/> dieſes Schluſſes ſchreibet, iſt eben ſo buͤndig <note place="foot" n="(*)">Es ſey denn, der Gegner erweiſe, daß Gott lieber<lb/> gar keine Welt habe erſchaffen ſollen, als eine ſolche, darin-<lb/> nen die pretendirte Gluͤkſeligkeit aller Menſchen nicht plaz<lb/> findet, wenn ſie die hoͤchſtmoͤglichen Vollkommenheiten in<lb/> ſich faſſen, oder ein Werk ſeynſoll, welches Gott nach dem<lb/> ganzen Umfang ſeiner Natur geziemend iſt. Es wird<lb/> aber ſchwer hergehen.</note><lb/> als hertzhaft. Hr. Breitinger laͤſt ihn fuͤr ſich re-<lb/> den, und die Sache kommt dahinaus: Die Men-<lb/> ſchen ſeyn viel zu ſchwach, zeigen zu koͤnnen, wie<lb/> Gott ſeine Macht, Guͤte ꝛc. in beſondern Faͤllen<lb/> erweiſen muͤſte. Es ſchiene ihnen oft, Gott habe das<lb/> oder jenes thun ſollen oder muͤſſe es thun, welches<lb/> <fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0176]
Auszuͤge aus Hr. Breitingers
fehlbar zur Gluͤkſeligkeit gelangen; weil nemlich
Gott immer guͤtig bleibt, und eigener Vortheil oder
Nuzen ihm nicht im Wege ſtehet, dieſe Abſicht
zu erhalten.
So ziehet ein Jrrthum den andern nach ſich.
Es fehlt, wie unſer Hr. Breitinger oben gezeiget,
nur an den Grundſaͤzen dieſes Schluſſes: Jſt es
nemlich nicht an dem, daß nur die Guͤte Gottes
ohne Schaden des Begriffs ſeiner Selbſtgenugſam-
keit, und des daher entſtehenden unintereſſierten Be-
tragens, auſſer ihm Plaz habe, ſo fragt es ſich
dann erſt, ob die andern Eigenſchaften Gottes, wel-
che er in ſeinen Werken eben ſo wenig, als ſeine
Guͤte verlaͤugnen kan, in Anſehung aller Men-
ſchen, ſo wie ſie ſind, und ſich auffuͤhren, die Guͤte
Gottes dergeſtalt beſtimmen, daß dieſelben noth-
wendig zur Gluͤckſeligkeit gelangen muͤſſen. Das
was der oben belobte Hr. Erneſti in ſeiner Diſſer-
tation de neceſſitate Revel. divin. von dem Ungrund
dieſes Schluſſes ſchreibet, iſt eben ſo buͤndig (*)
als hertzhaft. Hr. Breitinger laͤſt ihn fuͤr ſich re-
den, und die Sache kommt dahinaus: Die Men-
ſchen ſeyn viel zu ſchwach, zeigen zu koͤnnen, wie
Gott ſeine Macht, Guͤte ꝛc. in beſondern Faͤllen
erweiſen muͤſte. Es ſchiene ihnen oft, Gott habe das
oder jenes thun ſollen oder muͤſſe es thun, welches
er
(*) Es ſey denn, der Gegner erweiſe, daß Gott lieber
gar keine Welt habe erſchaffen ſollen, als eine ſolche, darin-
nen die pretendirte Gluͤkſeligkeit aller Menſchen nicht plaz
findet, wenn ſie die hoͤchſtmoͤglichen Vollkommenheiten in
ſich faſſen, oder ein Werk ſeynſoll, welches Gott nach dem
ganzen Umfang ſeiner Natur geziemend iſt. Es wird
aber ſchwer hergehen.
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