[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.Johann Miltons die See-Küste geschwungen ward, und einepechschwartze Wolcke von Heuschrecken zusammen jagte, welche sich nach dem Ostwinde neigete, und wie eine Nacht über dem Königreiche des gottlosen Pharaoh hieng, daß das gantze Land am Nil verfinstert ward. So unzählbar viele böse Engel sah man unter dem Dache der Höl- len auf ihren Flügeln schweben, oben, unten, und auf den Seiten mit Feuer umschlossen; bis daß sie auf das gegebne Zeichen, als ihr grosser Sultan den Spieß schwänckete, in geraden Li- nien auf den festen Bimsstein heruntersteigen, und die gantze Ebene anfüllen; eine Menge, der- gleichen der volckreiche Norden niemahls aus seinen kalten Lenden ausgeschickt hat, damit sie über den Rhein und die Donau setzeten, als sei- ne barbarische Söhne vor Zeiten wie eine Was- serfluth nach dem Süden kamen, und sich bis un- ter Gibraltar gegen den Lybischen Sand zu aus- breiteten. Alsobald eilen die Häupter und Füh- rer von jeglichem Geschwader und Haufen da- hin, wo ihr grosser Gebieter stuhnd; es waren göttliche Gestalten und Bildungen, über die menschlichen erhoben, fürstliche Würden und Hohei- Göttliche Gestalten, und Bildungen, über die mensch-
lichen erhaben) Der Poet konnte ihnen unter denen Ge- stalten, die in das cörperliche Auge fallen, keine würdi- gere zuschreiben, als die menschliche; diese leget er nicht alleine den seligen Engeln, sondern auch den verdammten zu, welche ungeachtet ihrer Verdammniß dennoch Engel, obgleich gefallene Engel, waren, fürstliche Würden und Hoheiten, die unlängst im Himmei auf Thronen sassen. Er Johann Miltons die See-Kuͤſte geſchwungen ward, und einepechſchwartze Wolcke von Heuſchrecken zuſammen jagte, welche ſich nach dem Oſtwinde neigete, und wie eine Nacht uͤber dem Koͤnigreiche des gottloſen Pharaoh hieng, daß das gantze Land am Nil verfinſtert ward. So unzaͤhlbar viele boͤſe Engel ſah man unter dem Dache der Hoͤl- len auf ihren Fluͤgeln ſchweben, oben, unten, und auf den Seiten mit Feuer umſchloſſen; bis daß ſie auf das gegebne Zeichen, als ihr groſſer Sultan den Spieß ſchwaͤnckete, in geraden Li- nien auf den feſten Bimsſtein herunterſteigen, und die gantze Ebene anfuͤllen; eine Menge, der- gleichen der volckreiche Norden niemahls aus ſeinen kalten Lenden ausgeſchickt hat, damit ſie uͤber den Rhein und die Donau ſetzeten, als ſei- ne barbariſche Soͤhne vor Zeiten wie eine Waſ- ſerfluth nach dem Suͤden kamen, und ſich bis un- ter Gibraltar gegen den Lybiſchen Sand zu aus- breiteten. Alſobald eilen die Haͤupter und Fuͤh- rer von jeglichem Geſchwader und Haufen da- hin, wo ihr groſſer Gebieter ſtuhnd; es waren goͤttliche Geſtalten und Bildungen, uͤber die menſchlichen erhoben, fuͤrſtliche Wuͤrden und Hohei- Goͤttliche Geſtalten, und Bildungen, uͤber die menſch-
lichen erhaben) Der Poet konnte ihnen unter denen Ge- ſtalten, die in das coͤrperliche Auge fallen, keine wuͤrdi- gere zuſchreiben, als die menſchliche; dieſe leget er nicht alleine den ſeligen Engeln, ſondern auch den verdammten zu, welche ungeachtet ihrer Verdammniß dennoch Engel, obgleich gefallene Engel, waren, fuͤrſtliche Wuͤrden und Hoheiten, die unlaͤngſt im Himmei auf Thronen ſaſſen. Er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038" n="22"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Johann Miltons</hi></fw><lb/> die See-Kuͤſte geſchwungen ward, und eine<lb/> pechſchwartze Wolcke von Heuſchrecken zuſammen<lb/> jagte, welche ſich nach dem Oſtwinde neigete,<lb/> und wie eine Nacht uͤber dem Koͤnigreiche des<lb/> gottloſen Pharaoh hieng, daß das gantze Land<lb/> am Nil verfinſtert ward. So unzaͤhlbar viele<lb/> boͤſe Engel ſah man unter dem Dache der Hoͤl-<lb/> len auf ihren Fluͤgeln ſchweben, oben, unten,<lb/> und auf den Seiten mit Feuer umſchloſſen; bis<lb/> daß ſie auf das gegebne Zeichen, als ihr groſſer<lb/> Sultan den Spieß ſchwaͤnckete, in geraden Li-<lb/> nien auf den feſten Bimsſtein herunterſteigen,<lb/> und die gantze Ebene anfuͤllen; eine Menge, der-<lb/> gleichen der volckreiche Norden niemahls aus<lb/> ſeinen kalten Lenden ausgeſchickt hat, damit ſie<lb/> uͤber den Rhein und die Donau ſetzeten, als ſei-<lb/> ne barbariſche Soͤhne vor Zeiten wie eine Waſ-<lb/> ſerfluth nach dem Suͤden kamen, und ſich bis un-<lb/> ter Gibraltar gegen den Lybiſchen Sand zu aus-<lb/> breiteten. Alſobald eilen die Haͤupter und Fuͤh-<lb/> rer von jeglichem Geſchwader und Haufen da-<lb/> hin, wo ihr groſſer Gebieter ſtuhnd; es waren<lb/> goͤttliche Geſtalten und Bildungen, uͤber die<lb/> menſchlichen erhoben, fuͤrſtliche Wuͤrden und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Hohei-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_4_1" place="foot" next="#seg2pn_4_2">Goͤttliche Geſtalten, und Bildungen, uͤber die menſch-<lb/> lichen erhaben) Der Poet konnte ihnen unter denen Ge-<lb/> ſtalten, die in das coͤrperliche Auge fallen, keine wuͤrdi-<lb/> gere zuſchreiben, als die menſchliche; dieſe leget er nicht<lb/> alleine den ſeligen Engeln, ſondern auch den verdammten<lb/> zu, welche ungeachtet ihrer Verdammniß dennoch Engel,<lb/> obgleich gefallene Engel, waren, fuͤrſtliche Wuͤrden und<lb/> Hoheiten, die unlaͤngſt im Himmei auf Thronen ſaſſen.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Er</fw></note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0038]
Johann Miltons
die See-Kuͤſte geſchwungen ward, und eine
pechſchwartze Wolcke von Heuſchrecken zuſammen
jagte, welche ſich nach dem Oſtwinde neigete,
und wie eine Nacht uͤber dem Koͤnigreiche des
gottloſen Pharaoh hieng, daß das gantze Land
am Nil verfinſtert ward. So unzaͤhlbar viele
boͤſe Engel ſah man unter dem Dache der Hoͤl-
len auf ihren Fluͤgeln ſchweben, oben, unten,
und auf den Seiten mit Feuer umſchloſſen; bis
daß ſie auf das gegebne Zeichen, als ihr groſſer
Sultan den Spieß ſchwaͤnckete, in geraden Li-
nien auf den feſten Bimsſtein herunterſteigen,
und die gantze Ebene anfuͤllen; eine Menge, der-
gleichen der volckreiche Norden niemahls aus
ſeinen kalten Lenden ausgeſchickt hat, damit ſie
uͤber den Rhein und die Donau ſetzeten, als ſei-
ne barbariſche Soͤhne vor Zeiten wie eine Waſ-
ſerfluth nach dem Suͤden kamen, und ſich bis un-
ter Gibraltar gegen den Lybiſchen Sand zu aus-
breiteten. Alſobald eilen die Haͤupter und Fuͤh-
rer von jeglichem Geſchwader und Haufen da-
hin, wo ihr groſſer Gebieter ſtuhnd; es waren
goͤttliche Geſtalten und Bildungen, uͤber die
menſchlichen erhoben, fuͤrſtliche Wuͤrden und
Hohei-
Goͤttliche Geſtalten, und Bildungen, uͤber die menſch-
lichen erhaben) Der Poet konnte ihnen unter denen Ge-
ſtalten, die in das coͤrperliche Auge fallen, keine wuͤrdi-
gere zuſchreiben, als die menſchliche; dieſe leget er nicht
alleine den ſeligen Engeln, ſondern auch den verdammten
zu, welche ungeachtet ihrer Verdammniß dennoch Engel,
obgleich gefallene Engel, waren, fuͤrſtliche Wuͤrden und
Hoheiten, die unlaͤngſt im Himmei auf Thronen ſaſſen.
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