[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.Johann Miltons müthiges Hertz durch den Reitz seiner schönenAbgötterinnen zu schändlichen Götzen übergieng. Thammuz gieng gleich hinter ihr her, dessen jährliche Verwundung die Syrischen Frauens- personen auf den Libanon versammelte, damit sie allda sein unglückseliges Schicksal einen gan- zen Sommer-Tag lang in verliebten Liedern beweineten, da der sanftfliessende Adonis inzwi- schen von seiner Geburts-Klippe purpurfarbe in die See floß, wie sie sich einbildeten, von des Thammuz Blut gefärbet, welcher jedes Jahr verwundet ward. Diese Liebesfabel sezte die Töchter Sions in eine gleiche Hitze; Ezechiel sah ihre schäumenden Lüste in dem heiligen Vor- hofe, als sein Auge im Gesicht die schnöde Ab- götterey des abtrünnigen Juda gesehen. Her- nach kam einer, der im Ernst weinete, als die gefangene Bundslade seine thierische Statue zerstümmelte, und ihm in seinem eigenen Tem- pel Haupt und Hände an dem Fuß-Gesimse von dem Rumpf hinwegschlug, an welchem er den Kopf anstieß, und seine Anbeter zu Schanden machete: Dagon war sein Nahme, ein Meer- Wunder, oberhalb ein Mensch, und untenher ein Fisch. Doch hatte er in der Stadt Azot ei- nen hochaufgebauten Tempel, und ward auf der gantzen Küste von Palestina, zu Gad und Ascalon, und Accaron, und an den Gräntzen der Stadt Gaza gefürchtet. Jhm folgete Rim- mon, der seinen anmuthigen Sitz in dem schö- nen Damascus hatte, an den fruchtbaren Ufern des Abbana, und Pharphars, zweyer heller Flüsse.
Johann Miltons muͤthiges Hertz durch den Reitz ſeiner ſchoͤnenAbgoͤtterinnen zu ſchaͤndlichen Goͤtzen uͤbergieng. Thammuz gieng gleich hinter ihr her, deſſen jaͤhrliche Verwundung die Syriſchen Frauens- perſonen auf den Libanon verſammelte, damit ſie allda ſein ungluͤckſeliges Schickſal einen gan- zen Sommer-Tag lang in verliebten Liedern beweineten, da der ſanftflieſſende Adonis inzwi- ſchen von ſeiner Geburts-Klippe purpurfarbe in die See floß, wie ſie ſich einbildeten, von des Thammuz Blut gefaͤrbet, welcher jedes Jahr verwundet ward. Dieſe Liebesfabel ſezte die Toͤchter Sions in eine gleiche Hitze; Ezechiel ſah ihre ſchaͤumenden Luͤſte in dem heiligen Vor- hofe, als ſein Auge im Geſicht die ſchnoͤde Ab- goͤtterey des abtruͤnnigen Juda geſehen. Her- nach kam einer, der im Ernſt weinete, als die gefangene Bundslade ſeine thieriſche Statue zerſtuͤmmelte, und ihm in ſeinem eigenen Tem- pel Haupt und Haͤnde an dem Fuß-Geſimſe von dem Rumpf hinwegſchlug, an welchem er den Kopf anſtieß, und ſeine Anbeter zu Schanden machete: Dagon war ſein Nahme, ein Meer- Wunder, oberhalb ein Menſch, und untenher ein Fiſch. Doch hatte er in der Stadt Azot ei- nen hochaufgebauten Tempel, und ward auf der gantzen Kuͤſte von Paleſtina, zu Gad und Aſcalon, und Accaron, und an den Graͤntzen der Stadt Gaza gefuͤrchtet. Jhm folgete Rim- mon, der ſeinen anmuthigen Sitz in dem ſchoͤ- nen Damaſcus hatte, an den fruchtbaren Ufern des Abbana, und Pharphars, zweyer heller Fluͤſſe.
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Johann Miltons
muͤthiges Hertz durch den Reitz ſeiner ſchoͤnen
Abgoͤtterinnen zu ſchaͤndlichen Goͤtzen uͤbergieng.
Thammuz gieng gleich hinter ihr her, deſſen
jaͤhrliche Verwundung die Syriſchen Frauens-
perſonen auf den Libanon verſammelte, damit
ſie allda ſein ungluͤckſeliges Schickſal einen gan-
zen Sommer-Tag lang in verliebten Liedern
beweineten, da der ſanftflieſſende Adonis inzwi-
ſchen von ſeiner Geburts-Klippe purpurfarbe
in die See floß, wie ſie ſich einbildeten, von des
Thammuz Blut gefaͤrbet, welcher jedes Jahr
verwundet ward. Dieſe Liebesfabel ſezte die
Toͤchter Sions in eine gleiche Hitze; Ezechiel
ſah ihre ſchaͤumenden Luͤſte in dem heiligen Vor-
hofe, als ſein Auge im Geſicht die ſchnoͤde Ab-
goͤtterey des abtruͤnnigen Juda geſehen. Her-
nach kam einer, der im Ernſt weinete, als die
gefangene Bundslade ſeine thieriſche Statue
zerſtuͤmmelte, und ihm in ſeinem eigenen Tem-
pel Haupt und Haͤnde an dem Fuß-Geſimſe von
dem Rumpf hinwegſchlug, an welchem er den
Kopf anſtieß, und ſeine Anbeter zu Schanden
machete: Dagon war ſein Nahme, ein Meer-
Wunder, oberhalb ein Menſch, und untenher
ein Fiſch. Doch hatte er in der Stadt Azot ei-
nen hochaufgebauten Tempel, und ward auf
der gantzen Kuͤſte von Paleſtina, zu Gad und
Aſcalon, und Accaron, und an den Graͤntzen
der Stadt Gaza gefuͤrchtet. Jhm folgete Rim-
mon, der ſeinen anmuthigen Sitz in dem ſchoͤ-
nen Damaſcus hatte, an den fruchtbaren Ufern
des Abbana, und Pharphars, zweyer heller
Fluͤſſe.
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