[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.Verl. Paradies. I. B. und süsser Stimmen, wie ein Tempel gebauet,wo Pfeiler und dorische Saulen in die Run- de gesetzet, und güldene Hauptbalcken darüber geleget waren; auch waren daran Karnissen, und Friesen, mit erhobener Bilder-Arbeit, nicht vergessen; und die gewölbete Decke war mit Gold-Blech überzogen. Mit dergleichen Pracht hatte weder Babylon noch das grosse Alcairo in ihrem grösten Flor gebauet, dem Belus oder dem Serapis ihren Göttern, oder ihren Königen zu Wohnungen, als Egypten und Assyrien mit Reichthum und Gepränge auf einander eiferten. Die Saulen stuhnden jezo fest, in einer stattlichen Höhe emporstei- gend, und alsobald öffnen die Thüren ihre eher- nen Flügel, und entdecken inwendig einen wei-L ten Raum auf einem glatten und polirten E- strich. Von der gewelbten Decke hangen mit- telst einer magischen Kunst viele Reihen bren- nender Lampen und schimmernder Leuchter, mit Naphta und Asphalt unterhalten, und gaben das Licht wie von einem gestirnten Himmel von sich. Die gantze Menge eilete voll Verwunde- etli- Wo Pfeiler und dorische Saulen in die Runde gesetzet
waren) Die vollständige Beschreibung dieses Gebäudes, dienete dem Poeten an diesem Orte unter andern, die Leidenschaften, wodurch das Gemüthe in der Betrachtung der satanischen Gedancken und Anschläge angestränget wor- den, durch eine geschickte Veränderung der Eindrücke zu mässigen. Verl. Paradies. I. B. und ſuͤſſer Stimmen, wie ein Tempel gebauet,wo Pfeiler und doriſche Saulen in die Run- de geſetzet, und guͤldene Hauptbalcken daruͤber geleget waren; auch waren daran Karniſſen, und Frieſen, mit erhobener Bilder-Arbeit, nicht vergeſſen; und die gewoͤlbete Decke war mit Gold-Blech uͤberzogen. Mit dergleichen Pracht hatte weder Babylon noch das groſſe Alcairo in ihrem groͤſten Flor gebauet, dem Belus oder dem Serapis ihren Goͤttern, oder ihren Koͤnigen zu Wohnungen, als Egypten und Aſſyrien mit Reichthum und Gepraͤnge auf einander eiferten. Die Saulen ſtuhnden jezo feſt, in einer ſtattlichen Hoͤhe emporſtei- gend, und alſobald oͤffnen die Thuͤren ihre eher- nen Fluͤgel, und entdecken inwendig einen wei-L ten Raum auf einem glatten und polirten E- ſtrich. Von der gewelbten Decke hangen mit- telſt einer magiſchen Kunſt viele Reihen bren- nender Lampen und ſchimmernder Leuchter, mit Naphta und Aſphalt unterhalten, und gaben das Licht wie von einem geſtirnten Himmel von ſich. Die gantze Menge eilete voll Verwunde- etli- Wo Pfeiler und doriſche Saulen in die Runde geſetzet
waren) Die vollſtaͤndige Beſchreibung dieſes Gebaͤudes, dienete dem Poeten an dieſem Orte unter andern, die Leidenſchaften, wodurch das Gemuͤthe in der Betrachtung der ſataniſchen Gedancken und Anſchlaͤge angeſtraͤnget wor- den, durch eine geſchickte Veraͤnderung der Eindruͤcke zu maͤſſigen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0061" n="45"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Verl. Paradies. <hi rendition="#aq">I.</hi> B.</hi></fw><lb/> und ſuͤſſer Stimmen, wie ein Tempel gebauet,<lb/> wo Pfeiler und doriſche Saulen in die Run-<lb/> de geſetzet, und guͤldene Hauptbalcken daruͤber<lb/> geleget waren; auch waren daran Karniſſen,<lb/> und Frieſen, mit erhobener Bilder-Arbeit,<lb/> nicht vergeſſen; und die gewoͤlbete Decke war<lb/> mit Gold-Blech uͤberzogen. Mit dergleichen<lb/> Pracht hatte weder Babylon noch das groſſe<lb/> Alcairo in ihrem groͤſten Flor gebauet, dem<lb/> Belus oder dem Serapis ihren Goͤttern, oder<lb/> ihren Koͤnigen zu Wohnungen, als Egypten<lb/> und Aſſyrien mit Reichthum und Gepraͤnge<lb/> auf einander eiferten. Die Saulen ſtuhnden<lb/> jezo feſt, in einer ſtattlichen Hoͤhe emporſtei-<lb/> gend, und alſobald oͤffnen die Thuͤren ihre eher-<lb/> nen Fluͤgel, und entdecken inwendig einen wei-L<lb/> ten Raum auf einem glatten und polirten E-<lb/> ſtrich. Von der gewelbten Decke hangen mit-<lb/> telſt einer magiſchen Kunſt viele Reihen bren-<lb/> nender Lampen und ſchimmernder Leuchter, mit<lb/> Naphta und Aſphalt unterhalten, und gaben<lb/> das Licht wie von einem geſtirnten Himmel<lb/> von ſich.</p><lb/> <p>Die gantze Menge eilete voll Verwunde-<lb/> rung hinein, etliche lobeten das Werck, und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">etli-</fw><lb/><note place="foot">Wo Pfeiler und doriſche Saulen in die Runde geſetzet<lb/> waren) Die vollſtaͤndige Beſchreibung dieſes Gebaͤudes,<lb/> dienete dem Poeten an dieſem Orte unter andern, die<lb/> Leidenſchaften, wodurch das Gemuͤthe in der Betrachtung<lb/> der ſataniſchen Gedancken und Anſchlaͤge angeſtraͤnget wor-<lb/> den, durch eine geſchickte Veraͤnderung der Eindruͤcke zu<lb/> maͤſſigen.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0061]
Verl. Paradies. I. B.
und ſuͤſſer Stimmen, wie ein Tempel gebauet,
wo Pfeiler und doriſche Saulen in die Run-
de geſetzet, und guͤldene Hauptbalcken daruͤber
geleget waren; auch waren daran Karniſſen,
und Frieſen, mit erhobener Bilder-Arbeit,
nicht vergeſſen; und die gewoͤlbete Decke war
mit Gold-Blech uͤberzogen. Mit dergleichen
Pracht hatte weder Babylon noch das groſſe
Alcairo in ihrem groͤſten Flor gebauet, dem
Belus oder dem Serapis ihren Goͤttern, oder
ihren Koͤnigen zu Wohnungen, als Egypten
und Aſſyrien mit Reichthum und Gepraͤnge
auf einander eiferten. Die Saulen ſtuhnden
jezo feſt, in einer ſtattlichen Hoͤhe emporſtei-
gend, und alſobald oͤffnen die Thuͤren ihre eher-
nen Fluͤgel, und entdecken inwendig einen wei-L
ten Raum auf einem glatten und polirten E-
ſtrich. Von der gewelbten Decke hangen mit-
telſt einer magiſchen Kunſt viele Reihen bren-
nender Lampen und ſchimmernder Leuchter, mit
Naphta und Aſphalt unterhalten, und gaben
das Licht wie von einem geſtirnten Himmel
von ſich.
Die gantze Menge eilete voll Verwunde-
rung hinein, etliche lobeten das Werck, und
etli-
Wo Pfeiler und doriſche Saulen in die Runde geſetzet
waren) Die vollſtaͤndige Beſchreibung dieſes Gebaͤudes,
dienete dem Poeten an dieſem Orte unter andern, die
Leidenſchaften, wodurch das Gemuͤthe in der Betrachtung
der ſataniſchen Gedancken und Anſchlaͤge angeſtraͤnget wor-
den, durch eine geſchickte Veraͤnderung der Eindruͤcke zu
maͤſſigen.
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